228. Brief — An den Lizentiaten Kaspar de Villanueva in Malagón
Ávila, am 17. April 1578
Uneinigkeiten und Bedenken der Nonnen des Klosters zu Malagón.
Jesus sei mit Ihnen, mein Vater!
Es wäre mein innigster Wunsch, Ihnen recht ausführlich schreiben zu können; allein ich versichere Sie, mein Kopfleiden nötigt mich zur Kürze. Durch Ihren Brief haben Sie mir eine große Freude bereitet.
Was die Angelegenheit Ihrer Schwester betrifft, die meine Tochter geworden ist, so freue ich mich, daß ihr ebensowenig wie Ihnen eine Schuld zufällt. Ich weiß nicht, was dieser Wirrwarr bedeutet, noch auch, worauf die Mutter Vorsteherin sich stützt. Die Mutter Priorin, Brianda vom heiligen Joseph, hat mir darüber geschrieben, und ich habe ihr geantwortet. Nach meiner Ansicht soll man in der Weise vorgehen, wie sie schreibt, wenn Sie es für gut halten; wenn nicht, so mag geschehen, was Sie befehlen; denn ich will in dieser Angelegenheit kein Wort mehr verlieren.
Betreffs der Schwester Marianna wünsche ich, daß sie, sobald ihre Zeit kommt, Profeß ablegt. Wenn sie nur die Psalmen lesen kann und auf das übrige aufmerkt, dann reicht es nach meiner Überzeugung aus; wir haben schon mehrere solche Schwestern zur Profeß zugelassen, und zwar nach dem Gutachten gelehrter Männer. Wenn Sie auch diese Ansicht haben, so werde ich in diesem Sinne der Mutter Vorsteherin schreiben; wenn nicht, dann füge ich mich in das, was Sie bestimmen werden.
Der Schwester Johanna Baptista und der Beatrix bitte ich meine Empfehlungen zu übermitteln. Warum wenden sich denn diese, da doch Sie bei ihnen sind, in ihren Seelenangelegenheiten an die Mutter Vorsteherin, wenn sie bei ihr, wie es scheint, keinen Trost finden? Sie sollten doch einmal mit ihren Klagen ein Ende machen! Denn diese Vorsteherin wird sie gewiß nicht bis zum Sterben plagen und auch das Kloster nicht in Unordnung bringen; sie gibt auch den Schwestern, was sie notwendig haben, und ist überaus liebevoll. Ich habe die Klagen dieser Schwestern gar wohl begriffen, allein es läßt sich nichts machen, bis der Pater Visitator dorthin kommt.
O mein Vater, was ist es doch für ein Kreuz für mich, wenn ich die Nonnen dieses Klosters so unbeständig sehe! Wie vieles schien ihnen unerträglich an derselben Person, die sie jetzt anbeten! Bei ihnen ist die Vollkommenheit des Gehorsams mit großer Eigenliebe vermischt; darum straft sie Gott gerade in dem, wodurch sie fehlen. Möge Seine Majestät uns in allem vervollkommnen! Diese Nonnen stehen noch immer auf den Anfangsstufen der Tugend; ich würde mich nicht wundern, wenn sie nicht unter Ihrer Leitung stünden. Unser Herr erhalte Sie mir! Unterlassen Sie nicht, mir zu schreiben; denn Ihre Briefe gereichen mir zum Troste, der mir sonst im geringen Maße zuteil wird.
[Heute ist] der 17. April.
Ich hatte mir vorgenommen, an die Schwester Marianna zu schreiben; allein ich vermag es nicht, da mein Kopf jetzt so angestrengt ist. Wollen Sie ihr sagen, daß wir mit ihrer Unbeholfenheit im Lesen Nachsicht haben, wenn sie handelt, wie sie schreibt. Ihr Brief hat mich sehr gefreut, und als Antwort sende ich ihr die Erlaubnis zur Ablegung der Profeß. Kann sie auch ihre Gelübde nicht in die Hände unseres Vaters ablegen, der vielleicht länger ausbleibt, so soll man doch nicht zuwarten, vorausgesetzt, daß Sie es für gut erachten. Ihre Hände sind wohl würdig, ihr den Schleier zu reichen. In dieser Beziehung braucht sie keine Sorge zu haben; denn im Grunde genommen legt sie ihre Gelübde ja doch in die Hände Gottes ab.
Ihre unwürdige Dienerin und Tochter
Theresia von Jesu