9.
Um nun wieder auf die gegenseitige Liebe zu kommen, so scheint es mir unbescheiden zu sein, sie euch zu empfehlen. Denn wo gibt es so rohe Menschen, die einander nicht liebten, wenn sie immer miteinander umgehen, beisammen leben, keinen anderen Verkehr und Umgang, keine Unterhaltungen mit Auswärtigen haben und des Glaubens sind, daß Gott sie liebe und sie Gott lieben, da sie alles um Seiner Majestät willen verlassen haben? Denn die Tugend ladet ja immer in besonderer Weise zur Liebe ein; ich hoffe zu Seiner Majestät, daß diese mit der Hilfe Gottes allezeit in diesem Hause Wohnung haben wird. Ich glaube darum keine Ursache zu haben, euch zur Liebe besonders zu ermahnen. Soweit es meine Ungeschicklichkeit zuläßt, möchte ich setzt nur etwas Weniges darüber sagen, wie ihr einander lieben sollt, wie die tugendhafte Liebe, die ich in diesem Hause heimisch wünsche, beschaffen ist, und woraus wir abnehmen können, ob wir diese Tugend besitzen. Sie muß wohl eine große sein, da unser Herr sie uns so sehr empfohlen und seinen Aposteln so nachdrücklich ans Herz gelegt hat. Solltet ihr diese Darlegung in anderen Büchern ebenso ausführlich finden, so braucht ihr von dem Meinigen nichts anzunehmen; denn vielleicht verstehe ich selbst nicht, was ich sage.