117.
1. Von allen Opfern nun, welche im Namen Jesu dargebracht werden, und welche nach der Vorschrift Jesu Christi geschehen, das ist von dem eucharistischen Opfer von Brot und Kelch, das an jedem Orte der Erde von den Christen gefeiert wird, hat Gott im voraus bezeugt, daß er sein Wohlgefallen daran habe. Dagegen verwirft er die Opfer, welche von euch durch eure Priester dargebracht werden; denn er sagt1 : ‚Eure Opfer werde ich nicht annehmen aus eurer Hand; denn vom Aufgange der Sonne bis zum Untergange ist mein Name verherrlicht - spricht er - unter den Heiden, ihr aber entehrt ihn.’ 2. Rechthaberisch, wie ihr immer noch seid, behauptet ihr, Gott nehme nicht die Opfer an, welche in Jerusalem die einst dort wohnenden sogenannten Israeliten darbrachten, Gott habe S. 190 vielmehr erklärt, er nähme die Gebete an, welche von denen aus eurem Volke verrichtet würden, die damals bereits in der Zerstreuung lebten; deren Gebete solle Gott als Opfer bezeichnen. Daß nun Gebete und Danksagungen2, wenn sie von würdigen Personen dargebracht werden, allein vollkommene und Gott angenehme Opfer sind, behaupte auch ich. 3. Gemäß ihrer Tradition haben auch die Christen nur diese Opfer; sie bringen dieselben dar, wenn sie bei Brot und Kelch das Gedächtnis feiern3, wobei sie gerade die Erinnerung an das Leiden begehen, welches der Sohn Gottes ihretwegen erduldet hat4.
Daß nun dessen Name auf der ganzen Erde entweiht und gelästert wird, das war das Werk der Hohenpriester und Lehrer eures Volkes5. Diese Lästerungen sind wiederum ‚schmutzige Gewänder’6. Ihr legt sie allen denen um, welche durch den Namen Jesu Christen geworden sind; Gott nimmt sie aber, wie er zeigen wird, von uns weg, wenn er alle zum Leben erweckt, den einen im ewigen und unzerstörbaren Reiche Unvergänglichkeit, Unsterblichkeit und Leidensunfähigkeit verleiht, die anderen aber zur ewigen Strafe ins Feuer schickt.
4. Ihr und eure Lehrer täuscht euch, wenn ihr erkläret, der Logos habe von eurem in der Diaspora lebenden Volke gesprochen und dessen Gebete so wohl als reine, wie als wohlgefällige Opfer bezeichnet, die an jedem Orte dargebracht würden. Erkennet es, daß ihr lüget und euch in allem zu täuschen suchet!
Denn zunächst erstreckt sich euer Volk auch jetzt S. 191 nicht vom Aufgang der Sonne bis zum Untergange; im Gegenteil, es gibt Volksstämme, unter denen noch nie einer aus eurem Volke gewohnt hat7. 5. Es gibt aber gar keinen einzigen Volksstamm - seien es Barbaren oder Griechen, oder heißen sie so oder so, möge man sie Wagenbewohner oder hüttenlose Wilde nennen, oder mögen sie als Hirten in Zelten wohnen -, wo nicht im Namen des gekreuzigten Jesus Bitten und Danksagungen8 dem Vater und Schöpfer des Weltalls dargebracht werden9.
Sodann aber wart ihr damals, als der Prophet Malachias die erwähnten Worte sprach, noch nicht so weit wie jetzt auf der ganzen Erde zerstreut, was euch auch die Schrift beweist.
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Vgl. Mal. 1, 10-12. ↩
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εὐχαριστίαι, dies Wort auch auf S. 191,192) ↩
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ὲπ᾿ἀναμνήσει δὲ τῆς τροφῆς αὐτῶν ξηρᾶς τε καὶ ὑγρᾶς. –Vgl. den ersten Satz dieses Kapitels. ↩
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Über die aktuelle Frage, ob die Christen in den ersten Jahrhunderten nur Gebete, besonders das konsekratorische Eucharistiegebet, aber kein reales Opfer hatten, vgl. G. Rauschen „Eucharistie und Buß-Sakrament“ 2. Aufl. 1910 S. 71 ff. ↩
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Vgl. 17, 1. ↩
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Vgl. Zach. 3, 3. - In II. Apol 13 werden die falschen Lehren als ein Gewand bezeichnet, das die Dämonen den christlichen Lehren umhängen. ↩
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König Agrippa dagegen hatte seinerzeit in der Rede, in welcher er die Juden vom Kriege gegen die Römer abzuhalten gesucht hatte, erklärt: „Es gibt kein Volk auf Erden, unter dem nicht einige von euch leben“ (Josephus, Der jüdische Krieg II. 16,4).. ↩
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εὐχαριστίαι. ↩
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Vgl. Karte I in Harnacks „Mission und Ausbreitung des Christentums in den drei ersten Jahrhunderten“ 2. Aufl. 1906. ↩