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Rede an die Bekenner des Griechentums (BKV)
18.
(1) Die Arzneikunde und alles, was dazu gehört, kommt aus der gleichen Schwindlerwerkstatt. Denn wenn jemand schon durch die Materie geheilt wird, sobald er ihr vertraut, um wie viel eher wird er Heilung finden, wenn er sich auf die Kraft Gottes verläßt1! (2) Wie nämlich die Giftarten materielle Mischungen sind, genau so stammen auch die Heilmittel aus dem gleichen Urstoff2. Wenn wir also die Materie von mehr oder weniger schlechter Beschaffenheit verwerfen, so werden wohl nicht wenige in der Art Heilversuche unternehmen wollen, daß sie mit dem Guten doch auch ein bißchen Schlechtes verquicken: das wäre aber trotz des guten Zweckes nur ein Unfug, den man mit dem Schlechten triebe3. (3) Denn wie einer, der sich mit einem Räuber an den gleichen Tisch setzt, auch wenn er selbst kein Räuber ist, doch schon um der Tischgemeinschaft willen der Strafe verfällt, ebenso wird auch der Nichtböse, wenn er sich mit Bösem einläßt, um es zu vermeintlich Gutem zu gebrauchen, von Gott, seinem Richter, um dieser Gemeinschaft willen gestraft werden4. (5) Weshalb wollen die Leute, die ihr Vertrauen auf die Wirksamkeit der Materie S. 224 setzen, nicht auf Gott vertrauen? Warum gehst du nicht zu dem mächtigeren Herrn und ziehst vor, dich wie der Hund durch Kräuter, der Hirsch durch Schlangen, das Schwein durch Flußkrebse, der Löwe durch Affen zu heilen5? (5) Warum vergöttlichst du das Irdische? Warum läßt du dich einen Wohltäter nennen, wenn du deinen Nächsten heilst? (6) Folge der Macht des Logos! Heilen können die Dämonen nicht, sondern durch betrügerische Kunst nehmen sie die Menschen gefangen und der bewunderungswürdige Justinus hat mit Recht gesagt, daß sie Räubern gleichen. (7) Wie nämlich Räuber Menschen einzufangen und dann um Lösegeld den Ihrigen wieder auszuliefern pflegen, so schleichen sich die vermeintlichen Götter in die Gliedmassen mancher Menschen ein, schaffen sich hierauf durch Träume ein Ansehen und nötigen die Besessenen, an die Öffentlichkeit zu gehen und sich vor aller Augen zu zeigen: haben sie sich endlich an Lobpreisungen gesättigt, dann fliegen sie von den Kranken fort, gebieten der von ihnen bewirkten Krankheit Einhalt und versetzen die Menschen wieder in den früheren Zustand zurück6.
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D.i. den Logos, s. Kap. V 1. ↩
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*S. Anm. zu V 1 (ὑπόστασις). ↩
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Tatian meint, die Heilung eines Menschen sei gewiß etwas Gutes, aber sie dürfe nur durch Anrufung Gottes bewirkt werden: Gott anrufen und zugleich Heilmittel anwenden, sei schon sündhaft und strafbar. In dieser völligen Ablehnung der Heilkunst (vgl. übrigens Kap XX 1) tritt, wie Puech z.d. St. (vgl. auch Recherches S. 46) treffend bemerkt, der heutige Christian Scientist an die Seite des alten Apologeten. ↩
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*S. TsgA. S. 28 ff. ↩
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Vgl. Plin. h. n. XXV 8; Aelian, h. ver. I 9; Plut. sympos. II 7. ↩
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Das Lösegeld, das der Räuber fordert, entspricht der Anbetung, die der Dämon verlangt: beide lassen sich für die Freilassung ihrer Opfer bezahlen. ↩
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Address of Tatian to the Greeks
Chapter XVIII.--They Deceive, Instead of Healing.
But medicine and everything included in it is an invention of the same kind. If any one is healed by matter, through trusting to it, much more will he be healed by having recourse to the power of God. As noxious preparations are material compounds, so are curatives of the same nature. If, however, we reject the baser matter, some persons often endeavour to heal by a union of one of these bad things with some other, and will make use of the bad to attain the good. But, just as he who dines with a robber, though he may not be a robber himself, partakes of the punishment on account of his intimacy with him, so he who is not bad but associates with the bad, having dealings with them for some supposed good, will be punished by God the Judge for partnership in the same object. Why is he who trusts in the system of matter 1 not willing to trust in God? For what reason do you not approach the more powerful Lord, but rather seek to cure yourself, like the dog with grass, or the stag with a viper, or the hog with river-crabs, or the lion with apes? Why you deify the objects of nature? And why, when you cure your neighbour, are you called a benefactor? Yield to the power of the Logos! The demons do not cure, but by their art make men their captives. And the most admirable Justin 2 has rightly denounced them as robbers. For, as it is the practice of some to capture persons and then to restore them to their friends for a ransom, so those who are esteemed gods, invading the bodies of certain persons, and producing a sense of their presence by dreams, command them to come forth into public, and in the sight of all, when they have taken their fill of the things of this world, fly away from the sick, and, destroying the disease which they had produced, restore men to their former state.