Einleitung zur Vertheidigung der Lehre des heiligen Dionysius von Alexandrien.
S. 249 Als solche diene eine kurze Lebensbeschreibung des großen Bischofes, aus dessen Werke die Arianer zur Rechtfertigung ihrer Irrthümer Zeugnisse anführten, und welchen hier Athanasius vertheidiget. Dionysius, dem der heil. Basilius und die andern Griechen gewöhnlich den ehrenvollen Beinamen der Große geben, und welchen der heil. Athanasius einen Lehrer der katholischen Kirche nennt, ein Sohn reicher und angesehener Eltern, wurde wahrscheinlich zu Alexandrien, dem damaligen Mittelpunkte wissenschaftlicher Bildung, geboren. Er durchging mit glücklichem Erfolge die verschiedenen Fächer menschlicher Gelehrsamkeit, und seine Forschbegierde führte ihn nach und nach zur Erkenntniß der Ungereimtheit und Gottlosigkeit des Götzendienstes, in welchem er erzogen worden war. Die Briefe des heil. Paulus, welche er zu lesen begann, gewährten ihm Genüsse, die er in keinem Buche der Weltweisen fand, und so wie sein Geist erleuchtet wurde, fühlte er auch sein Herz innig gerührt. Er entsagte daher dem Heidenthume, und wendete sich zur beseligenden Lehre des Evangeliums. Von ihm selbst erfahren wir, daß er seine Bekehrung einer bei einer Erscheinung gehörten Stimme verdankte, so wie seiner Liebe zum bedächtigen Lesen, und der Unparteilichkeit, womit er die verschiedenen Meinungen prüfte. Nach seiner Bekehrung wollte er ferner nur für Gott leben; alle Herrlichkeit der Welt mit Füßen tretend, verachtete er die Vortheile, welche ihm seine Geburt und seine Vorzüge versprachen. Er ließ sich unter die Schüler des berühmten Origenes zu Alexandrien aufnehmen; wegen seiner Fortschritte in S. 250 der Kenntniß der Religion und in der Gottseligkeit wurde er zum Priester geweiht. Im Jahre 231 übertrug man ihm das Lehramt in der so ausgezeichneten Schule von Alexandrien, und im Jahre 246 folgte er dem Heraklas auf dem bischöflichen Stuhle dieser Stadt nach.
Als im Anfange des Jahres 250 die blutigen Verfolgungsgesetze des Decius in Alexandrien erschienen, versäumte der heilige Oberhirt nichts, um die Kämpfer Christi vorzubereiten. Sabinus, Statthalter von Aegypten, sandte einen Schergen ab, welcher des Bischofes sich bemächtigen sollte; allein dieser entging der Verhaftung, indem er sich vier Tage lang in seinem Hause verborgen hielt, wohin der Scherge nicht kam, wahrscheinlich deßwegen, weil er nicht hoffte, ihn da noch anzutreffen. Nach dem Verlaufe dieser vier Tage entfernte sich der heil. Dionysius, wie wir von ihm selbst erfahren, um einen sichern Aufenthaltsort zu suchen. Gott ließ jedoch zu, daß er mit seiner Begleitung in die Hände der Verfolger fiel, die ihn sammt den Uebrigen in die kleine Stadt Taposiris, das jetzige Abusir, führten. Eine beträchtliche Anzahl Landleute, welche von dem Vorfalle Kenntniß erhielten, ergriffen die Waffen, und eilten ihrem Bischofe zu Hülfe, worauf die Soldaten entflohen, und ihre Gefangenen zurückließen. Die guten Leute, von wohlmeinendem aber unbesonnenem Eifer hingerissen, zogen den Bischof, welcher mit jedem Augenblicke den Tod erwartete, seiner Widersetzlichkeit ungeachtet, mit sich fort, und nöthigten ihn, für seine Sicherheit zu sorgen. Dionysius blieb nun in einer öden Gegend Libyens mit seinen Begleitern bis zum Ende der Verfolgung im Jahre 251 verborgen. Während dieser Zwischenzeit sorgte er unausgesetzt für seine Heerde, und besonders für jene, die des Glaubens wegen Verfolgung litten. Er sandte ihnen Priester zu, welche sie trösten sollten, und gab ihnen durch Briefe die für ihre Lage nöthigen Belehrungen.
S. 251 Als der heil. Dionysius nach Alexandrien zurückgekehrt war, erhielt er Kunde von der durch Novatianus gegen den Pabst Cornelius erregten Spaltung. Dieser Gegenpabst stellte ihm seine Wahl als vorschriftsmäßig geschehen dar; Dionysius gab ihm aber folgende beherzigenswerthe Antwort: „Du hättest eher Alles erdulden sollen, als eine Spaltung in der Kirche erregen. Die Einheit der Kirche vertheidigen, ist eben so ruhmvoll, und nach meinem Dafürhalten noch ruhmvoller, als mit dem Verluste seines Lebens die Götzenopfer verweigern, weil es sich dann um das allgemeine Wohl der Heerde Jesu handelt. Nur dann, wenn du deine Brüder zur Einheit zurückführest, wirst du deine Fehler wieder gut machen, in Vergessenheit begraben und sogar Lobeserhebungen verdienen. Und kannst du die Andern nicht gewinnen, so wirst du doch wenigstens deine Seele retten.“ Mit Kraft und Deutlichkeit widerlegte Dionysius auch die Ansicht des Nepos, eines frommen und gelehrten Bischofes von Arsinoe über das tausendjährige Reich.
Als Valerianus im Jahre 257 die Verfolgung gegen die Christen erneuerte, ließ Aemilianus, Präfekt von Aegypten, den heil. Dionysius mit dem Priester Maximus, den Diakonen Faustus, Eusebius und Chäremon, und einen gewissen Römer Marcellus gefänglich einziehen. Sie wurden vor ihn gebracht, und sollten den Göttern des Reiches opfern. Dionysius aber antwortete: „Nicht alle Menschen verehren alle Götter, sondern jeder denjenigen, an den er glaubt. Wir verehren und beten an den einigen Gott, der alle Dinge gemacht, der auch den Kaisern Valerianus und Gallienus die Herrschaft übergeben hat. Zu ihm stehen wir ohne Unterlaß, daß ihre Regierung unerschüttert bleiben möge.“ Aemilianus verurtheilte sie, weil sie seinen Forderungen nicht Genüge leisten wollten, zur Verbannung nach Kephro in Libyen. Der heil. Dionysius war für den Ort seiner Verbannung wie ein Engel des Himmels, indem er alle dort wohnenden Heiden zum Christenthume bekehrte.
S. 252 Nun ließ der Präfekt ihn mit seinen Gefährten in die Gegend von Mareotis bringen. Durch diese Veränderung kam der Bischof der Stadt Alexandrien näher, und hatte also mehr Gelegenheit, seinen Pflegempfohlenen durch Briefe die nöthigen Belehrungen zu ertheilen. Während seiner zweijährigen Verbannung schrieb er zwei Osterbriefe.
Die Irrlehren, welche damals die Kirche verwirrten, erfüllten den heiligen Oberhirten, der indeß wieder zu seiner Heerde zurückgekehrt war, mit neuer Besorgniß, und nahmen seine eifervolle Thätigkeit in Anspruch. Sabellius von Ptolomais in Libyen, ein Schüler des Noetius von Smyrna, erneuerte die Gotteslästerung des Praxeas, indem er die Verschiedenheit der göttlichen Personen läugnete. Der heil. Dionysius, dem auch die Obsorge über die Kirchen von Pentpolis oblag, warnte die Urheber dieser Ketzerei, stellte ihnen das Frevelhafte ihres Unternehmens vor Augen, und mahnte sie dringend, zur Kircheneinheit zurückzukehren. Allein sie behaupteten hartnäckig ihre gottlose Lehre, weßwegen sie auch auf einem 261 zu Alexandrien gehaltenen Concilium verdammt wurden. Der Pabst Sixtus II, welcher vom Jahre 257 bis 259 auf dem apostolischen Stuhle saß, war zuerst durch einen Brief des heil. Dionysius, wovon uns Eusebius ein Bruchstück aufbewahrt hat, von dieser Ketzerei in Kenntniß gesetzt worden. In dem Briefe, welchen eben dieser Heilige an Euphanor und Ammonius in derselben Angelegenheit schrieb, hebt er vorzüglich die Menschheit Jesu Christi hervor, um zu zeigen, daß der Vater nicht Sohn sey. Hievon nahmen aber Einige, welche den heiligen Bischof von Alexandrien mißverstanden, Anlaß, ihm eine Lehre zuzueignen, die er nie bekannte, und suchten ihn bei dem heiligen Pabste Dionysius, dem Nachfolger des heiligen Sixtus, in ein schlimmes Licht zu stellen. Dieser Oberhirt schrieb daher an unsern Heiligen, der sich aber rechtfertigte, indem er zeigte, daß, wenn er gesagt habe, S. 253 Jesus Christus sey ein Geschöpf, und von dem Vater in der Wesenheit unterschieden, er nur von dessen menschlicher Natur gesprochen habe. Dieses war der Gegenstand seiner Vertheidigungsschrift an den Dionysius, Bischof von Rom. Er zeigte darin zugleich auch, daß der Sohn, in Bezug auf die göttliche Natur, eines und desselben Wesens mit dem Vater ist, wie der heilige Athanasius deutlich in seiner Vertheidigung der Lehre des heiligen Dionysius, oder seiner Abhandlung über die Meinung des Dionysius, welche folgt, nachweist. Unser Heiliger beweist auch in demselben Werke die Gottheit des heiligen Geistes, und die von dem heiligen Basilius angeführten Stellen lassen hierin keinen Zweifel übrig.
Der heilige Dionysius starb zu Alexandrien gegen das Ende des Jahres 265, nachdem er seiner Kirche gegen siebzehn Jahre als ein weiser und heiliger Mann vorgestanden war. Sein Andenken, sagt der heilige Epiphanius, erhielt sich zu Alexandrien durch eine seinem Namen geweihte Kirche, noch vielmehr aber durch seine unvergleichlichen Tugenden und vortrefflichen Schriften, die leider nicht auf uns gekommen sind. Alles, was wir von ihm haben, beschränkt sich auf einige Bruchstücke, und auf seinen kanonischen Brief an Basilides. Dieser Brief nimmt eine ausgezeichnete Stelle unter den alten Kirchencanonen ein. Der Heilige erwähnt darin einer damals erhobenen Schwierigkeit über die Frage, zu welcher Stunde des Morgens man das Fasten am Ostertage brechen dürfe. Um Mitternacht, sagt er, hält man die Fastenzeit für geschlossen, (was hinsichtlich des Kirchengebotes schon längst entschieden ist;) doch da es weder natürlich, noch gebräuchlich ist, um diese Zeit Speise zu sich zu nehmen, würde derjenige sich nicht leicht gegen den Vorwurf der Unmäßigkeit vertheidigen können, welcher, ohne den Morgen zu erwarten, das Fasten brechen wollte. Auch spricht er von dem strengern und aus eigenem Antriebe aufgelegten Fasten, welches in der Chorwoche beobachtet wurde. Ferner S. 254 dringt er in seinem canonischen Briefe auf die Reinigkeit der Seele und des Leibes bei denjenigen, die dem heiligen Tische sich nahen, und den Leib und das Blut des Herrn empfangen.
Von den auf uns gekommenen Bruchstücken finden sich:
Epistula ad Fabium Antiochenum (über des Decius Verfolgung und den Greis Serapion) in Eusebii H. E. VI, 41, 42, 44. Nicephori H. E. V, 28, sq. ― Epistola ad Domitium et Didymum (über die Verfolgung zu Alexandria und über die Osterfeier) in Eusebii H. E. VII, 11, 20. — Epistola ad Germanum (zur eigenen Vertheidigung über sein Benehmen in der Verfolgung) in Eusebii H. E. VI, 40. VII, 11. — EpistoIa ad Hieracem (über die Osterfeier, den Aufruhr, und die Sterblichkeit in Alexandria) in Eusebii H. E. VII, 21. — Epistola paschalis (über das edle Betragen der alexandrinischen Christen während der Pest) in Eusebii Historia EccIesiastica VII, 22. — Epistola ad CorneIium Papam (über den Novatianus) in Eusebii H. E. VI, 46. — Epistola ad Novatum sive Novatianum (Ermahnung zur Widervereinigung mit der Kirche) in Eusebii H. E. VI, 45. — Hieronymi Catal. c. 69. — EpistoIa ad Philemonem (über die Ketzertaufe und das Lesen irrgläubiger Bücher) in Eusebii H. E. VII, 7. — Epistola ad Stephanum Papam (über die Einigkeit der Kirche und über die Ketzertaufe) in Eusebii H. E. VII, 5. — Epistola ad Sixtum Papam ( über die Ketzertaufe und den Sabellius) in Eusebii H. E. VII, 5, 6, 9. — Adversus Nepotem (gegen den Chiliasmus) in Eusebii H. E. VII, 24, 25. — EpistoIa ad Dionysium Papam (als dieser noch des Pabstes Sixtus II Diakon war, über den Novatianus) in Eusebii H. E. VII, 7, 8. — Adversus Sabellium ad Dionysium Papam in Eusebii Praeparat. evangel. VII, 19. Athanasii EpistoIa de Sententia Dionysii Alexandrini. Basilii de spiritu sancto c. 29. — Epistola ad Dionysium Papam (zur eigenen Vertheidigung S. 255 gegen die Beschuldigung des Irrglaubens) in Athanasii Epistola de synodis Arimin. et SeIeuciens. — Epistola ad Hermamonem (über die Verfolgung der Kaiser Decius, Gallus und Balerianus) in Eusebii H. E. VII, 1, 10, 22. — Epistola ad Paulum Samosatensem, ed. gr. et lat. Fr. Turrianus. Rom. 1608. 8. — Epistola ad Basilidem, episc. Pentapolitanum, in Beveregerii Pandect. Canon. T. II. — Commentarius in Ecclesiast. c. 1 — 3, in Gallandii BibI. T. XIV. Adpend. — Commentarius in Luc. C. 22. ed. GalIand. l. c. — De natura (über die göttliche Vorsehung gegen Epikurus) in Eusebii Praepar. evangeI. XIV, 23, 27.