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Works Gregory of Nyssa (335-394) De oratione dominica orationes v. Das Gebet des Herrn (BKV)
Dritte Rede: "Geheiligt werde dein Name! Zu uns komme dein Reich."

III

Oder gibt uns vielleicht das göttliche Wort in der Form dieser Bitte die Lehre, daß die menschliche Natur aus sich ohnmächtig ist, Gutes zu erreichen, und daß all unser Streben nicht ans Ziel kommt, wenn Gottes Hilfe nicht mit uns ist? Das höchste und notwendigste Gut besteht nun darin, daß der Name Gottes durch mein Leben verherrlicht werde. Was aber hiermit gemeint ist, dürfte uns klar werden, wenn wir das Gegenteil in Betracht S. 117 ziehen. Irgendwo in der Heiligen Schrift habe ich gelesen, daß sie jene verdammt, welche sich einer Lästerung Gottes schuldig machen. So sagt sie: „Wehe denen, durch die mein Name unter den Völkern gelästert wird!“ (Is. 52, 5; Röm. 2, 21). Dies Wort ist also zu verstehen: alle, welche noch nicht an die Verkündigung der Wahrheit glauben, schauen begierig auf das Leben derer, welche sich zu dem Glauben an die hochheilige Lehre bekennen. Wenn nun manche zwar den Namen eines Gläubigen angenommen haben, ihr Leben aber diesem Namen widerspricht, weil sie entweder durch Habsucht Götzendienst treiben oder in Trunkenheit und Ausgelassenheit den Anstand verletzen oder sich im Schlamme der Liederlichkeit wie Schweine wälzen: so kann man von Seiten der Ungläubigen gar leicht Reden hören, die ihre Anklage nicht gegen die Gesinnung derer richten, die ein schlechtes Leben führen, sondern sich dahin äußern, die heilige Lehre gestatte ein solches. Hiebei lassen sie sich von der Ansicht leiten: der oder jener Gläubige würde nicht so schmähsüchtig, habgierig, räuberisch oder sonst so schlecht sein, wenn es nicht von seiner Religion irgendwie erlaubt wäre. Deshalb richtet die Heilige Schrift gegen solche Gläubige eine schwere Drohung, indem sie ihnen zuruft: „Wehe denen, durch welche mein Name unter den Völkern gelästert wird.“

Dieser Schriftstelle entgegengesetzt ist unser Gebetswort; es dürfte an der Zeit sein, es reiflich zu erwägen. So muß ich denn, glaube ich, vor allem darum beten und das zur Hauptangelegenheit meines Gebetes machen, daß der Name Gottes durch mein Leben nicht gelästert, sondern verherrlicht und geheiligt werde. Durch dich demnach, will der Herr sagen, soll mein herrlicher Name, den du anrufst, geheiligt werden, „auf daß die Menschen die guten Werke sehen und den Vater preisen, der im Himmel ist“ (Matth. 5, 46). Wer ist so tierisch und unvernünftig, um, wenn er an den Gottesgläubigen ein Leben sieht, ganz lauter, von Tugend getragen, rein sich haltend von allen Befleckungen der Sünde, selbst jedem geheimen bösen Gedanken abgeneigt, leuchtend durch seine Keuschheit, ehrwürdig durch seine Klugheit, voll männlicher Kraft gegen die Anstürme der Leidenschaft S. 118 streitend, nach keiner Seite sinnlicher Verweichlichung nachgebend, von Üppigkeit, Schlaffheit und Stolz ganz entfernt, an der Welt nur soweit teilhabend, als es durchaus notwendig ist, gleichsam nur mit der Fußspitze die Erde berührend, nicht durch Sinnengenuß in dieses Leben sich vergrabend, sondern über jeder Täuschung, welche durch das Sinnenleben entsteht, hoch stehend, obgleich mit dem Fleische belastet, eifrig nach einem gleichsam körperlosen Leben strebend, nur einen Reichtum kennend, den Besitz der Tugend, nur einen Adel, die Verwandtschaft mit Gott, nur eine Würde und nur eine Macht schätzend, die der Selbstbeherrschung und der Zügelung der Leidenschaften, die lange Dauer des Erdenlebens als Beschwerde fühlend, voll Sehnsucht wie bedrängte Seefahrer, nach dem Hafen der Ruhe zu gelangen ― wer, sage ich, könnte solche Gläubige sehen, ohne den Namen zu preisen, der zu einem derartigen Leben angerufen wird. Wer also betet: „Geheiligt werde dein Name durch mich“, spricht dem Sinne nach zu Gott etwa also: „Möchte ich mit dem Beistand deiner Gnade untadelig, gerecht, gottesfürchtig werden, ein Mensch, der sich jeder schlechten Tat enthält, die Wahrheit redet, Gerechtigkeit übt, in Geradheit wandelt, durch Keuschheit leuchtet, mit Unverdorbenheit sich schmückt, mit Weisheit und Mäßigkeit sich ziert, nach dem trachtet, was oben ist, das Irdische geringschätzt, durch engelgleiches Betragen glänzt!“ Dies und Ähnliches umfaßt die kurze Bitte: „Geheiligt werde dein Name!“ Denn unmöglich kann Gott durch uns anders verherrlicht werden als dadurch, daß die Tugend, die wir betätigen, auf die göttliche Macht, als auf die Ursache und Quelle des Guten hinweist.

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Translations of this Work
Das Gebet des Herrn (BKV)
Commentaries for this Work
Einleitung zur Schrift: „Über das Gebet (des Herrn)"

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