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Works Gregory of Nyssa (335-394) Orationes VIII de beatitudinibus Acht Homilien über die acht Seligkeiten (BKV)
Achte Rede: "Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen Verfolgung leiden; denn ihrer ist das Himmelreich."

II

Doch könnte die Seligpreisung nach zwei Seiten eine gewisse Verlegenheit bereiten; erstens: Warum stellt der S. 233 Herr der Armut im Geiste und der Verfolgung um seinetwillen den gleichen Lohn in Aussicht, indem er beiden das Himmelreich verheißt? Setzt der gleiche Siegespreis denn nicht nach allgemeiner Erwartung die gleichen Kämpfe voraus? Zweitens: Warum gibt er beim Weltgericht, wenn er die Rechtsstehenden von den Linksstehenden trennt und zum Himmelreich zuläßt, etwas anderes als Verdienst an, das diese Auszeichnung ihnen einträgt? Denn dort gibt er als solches Barmherzigkeit, Freigebigkeit und Liebe zum Mitmenschen an, erwähnt dabei aber in keiner Weise weder die Armut noch die Verfolgung um seinetwillen. Und doch muß man die Verfolgung ihrem ganzen Begriffe nach von den anderen genannten Tugendübungen wohl unterscheiden! Denn was hat sie mit der Armut gemeinsam? Und worin berührt sie sich mit den Werken der Barmherzigkeit und der Nächstenliebe? Wenn nämlich jemand einen Dürftigen speist oder einen Nackten kleidet oder einen Fremden beherbergt oder einem Kranken oder Gefangenen nach Möglichkeit beisteht, wird bei Verrichtung dieser guten Werke wirklich etwas Ähnliches geleistet wie beim Ertragen von Armut und Verfolgung? Der Barmherzige kommt ja fremder Not zu Hilfe, die beiden anderen aber, der Arme sowohl wie der Verfolgte, bedürfen selbst der Hilfe, und doch ist das Endlos und der Lohn für alle drei gleich. Der Herr öffnet in gleicher Weise den Himmel sowohl den Armen im Geiste als auch den um seinetwillen Verfolgten und ebenso den Barmherzigen. Wie stellen wir uns hiezu? Wir meinen: alle diese Tugendübungen hängen auf das innigste zusammen und streben einmütig ein und demselben Ziele zu. Denn die Armut ist zur Ertragung von Verfolgung bereit, und die Liebe zur Armut ist gerüstet zur Ertragung von Gütereinziehung1. Doch dürfte es passend sein, zuerst den S. 234 vorliegenden Ausspruch zu untersuchen und dann erst wollen wir unsere Aufmerksamkeit wieder auf den eben berührten Zusammenhang und dessen richtige Auffassung lenken.

„Selig, die um der Gerechtigkeit wegen verfolgt werden.“ Welches ist der Beweggrund zur Verfolgung und von wem geht sie aus? Der Gang der Untersuchung führt uns also hinab in die Arena der Märtyrer und auf den Kampfplatz des Glaubens. Denn Verfolgung ruft die Vorstellung vom Wettläufer hervor, der sich bemüht, möglichst schnell zu laufen, oder richtiger, der den Sieg im Wettlauf erringt; denn man kann im Wettrennen nur siegen, wenn man den Nebenbuhler überholt. Die Gläubigen, welche um den Siegespreis der Seligkeit laufen, haben die anderen Mitkämpfer, welche erlahmen, im Rücken, diejenigen aber, welche um den Siegespreis in der vom Feinde betriebenen Verfolgung laufen, den Verfolger ― letzteres gilt von den Märtyrern, welche in den Glaubenskämpfen verfolgt, aber nicht eingeholt wurden und so die Laufbahn der Blutzeugenschaft glücklich vollendeten. Demnach ist im letzten Ausspruch das hohe Gut, das uns die Seligpreisung hoffen läßt, als Siegeskranz uns vorgelegt. Denn beseligend ist es, um des Herrn willen verfolgt zu werden. Warum? Weil die Verfolgung durch den Schlechten das Mittel wird zur Erlangung des Guten; denn mit der Feindschaft des Schlechten beginnt die Freundschaft mit dem Guten. Das Gute aber und zwar das höchste, das es gibt, ist der Herr, und dieser ist das Ziel, dem der Wettlauf des Verfolgten gilt. Selig ist wahrhaftig, dem sogar der Feind zum Guten verhelfen muß. Denn da das menschliche Leben auf der Grenzscheide zwischen Schlecht und Gut liegt, so wird einerseits, wer sich von der schönen und erhabenen Hoffnung abbringen läßt, in den Abgrund geraten, andererseits wird, wer von der Sünde sich zurückgezogen und vom Verderben sich entfernt hat, teilnehmen an der Gerechtigkeit und Unveränderlichkeit. Die Verfolgung, welche die Tyrannen gegen den Märtyrer bewerkstelligen, bringt daher fürs erste und äußerlich betrachtet nur Schmerz, zum Schlusse jedoch eine Seligkeit, die alle Begriffe übersteigt.


  1. Den Text ἣ τε γὰρ πτωχεία πρὸς μετανάστασιν εὔκολος, καὶ ἡ φιλοπτωχεία τῆς πτωχείας οὐκ ἠχλοτρίωται [hē te gar ptōcheia pros metanastasin eukolos, kai hē philoptōcheia tēs ptōcheias ouk ēchlotriōtai] übersetzt Öhler also: „Denn die Armut ist leicht umzusiedeln, und die Liebe zur Armut ist der Armut nicht fremd.“ Fisch hat folgende Übersetzung: „Die Armut ist leicht vom Platze bewegt, und die Liebe zur Armut steht der Armut nicht ferne.“ ↩

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Translations of this Work
Acht Homilien über die acht Seligkeiten (BKV)
Commentaries for this Work
Einleitung zur Schrift: „Über die Seligpreisungen."

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