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Works John Chrysostom (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
SIEBZEHNTE HOMILIE: Kap. IX, V. 1—33.

3.

Nein, nein; so ist es ganz gewiß nicht. Ihm so S. d26 etwas zuzumuten, bringen nur Würmer, die im Staube kriechen, zustande. Wenn er den leiblichen Tod gemeint hätte, wieso hätte er gewünscht, anathema, verbannt aus der Nähe Christi zu sein? Denn gerade der Tod hatte ihn ja zu Christus geführt und ihn in den Genuß der ewigen Herrlichkeit gesetzt. — Andere wagen eine Auslegung, welche noch lächerlicher ist. Nicht den Tod, sagen sie, wünsche sich der Apostel, sondern eine Morgengabe, ein Weihgeschenk Christi zu sein. Aber wo fände sich ein so armseliger, niedrig denkender Christ, der sich das nicht wünschte? Und was hätte es für einen Sinn, daß er sich dies für seine Volksgenossen wünscht? — Lassen wir also solche Hirngespinste und solche Schwätzereien beiseite — sie verdienen so wenig eine Widerlegung wie das Geschwätz kleiner Kinder — und kehren wir wieder zum Texte zurück. Schwelgen wir in diesem Meere der Liebe, schwimmen wir darin nach Herzenslust herum, blicken wir in die Flamme dieser unfaßbaren Liebe! Ja, man kann gar keinen Vergleich finden, der entsprechend wäre. Denn es gibt kein Meer, das so unermeßlich, keine Flamme, die so hellglühend wäre wie diese Liebe. Kein menschliches Wort vermag sie vollkommen auszudrücken; nur der allein kennt sie richtig, der sie in vollkommenstem Maße besitzt.

Wohlan, laßt mich die Worte des Textes noch einmal anführen: „Ich selbst wünschte anathema — verkannt — zu sein.“ Was heißt das: „Ich selbst“? Ich, der ich allein Lehrer gewesen bin, der ich unzählige gute Taten vollbracht, der ich Hoffnung habe auf überreichen Lohn, der ich meinen Heiland so sehr liebe, daß ich diese Liebe zu ihm allem vorziehe, der ich in einem fort von Liebe zu ihm brenne, der ich dieser Liebe alles andere hintansetze. Es war ihm ja nicht bloß darum zu tun, von Christus geliebt zu werden, sondern ihn auch seinerseits innig zu lieben. Ja, gerade das war sein Hauptstreben; das allein hatte er im Auge, dafür ertrug er alles gerne; dieser hehren Liebe genugzutun, war sein einziges Ziel bei allem. In dieser Liebesgesinnung wünscht er sich auch, anathema zu sein. Doch das sollte ihm in dieser Weise nicht widerfahren. Darum geht er S. d27 im folgenden ein auf die Widerlegung der Beschuldigungen; er bringt landläufige falsche Meinungen vor und widerlegt sie. Bevor er aber zu der eigentlichen Widerlegung schreitet, wirft er einige vorbereitende Gedanken hin. Wenn er nämlich sagt: „Denen die Kindschaft, die Herrlichkeit, der Bund, die Gesetzgebung, der Gottesdienst und die Verheißungen gehören“, so will er damit nichts anderes sagen, als daß Gott den Willen gehabt hat, sie zu retten. Diesen Willen hat Gott zum Ausdruck gebracht durch das, was er ihnen im Alten Bunde tat, dadurch, daß er Christus von ihnen abstammen ließ und daß er ihren Vätern Verheißungen gab. Die Juden aber haben in undankbarer Weise dieses ganze Wohlwollen unbeachtet gelassen. Der Apostel erwähnt jene Wohltaten Gottes als ebensoviele Beweise seiner Gnade, nicht aber um die Juden zu erheben. Denn die Gotteskindschaft ist eine Gnade, ebenso die Herrlichkeit und die Verheißungen und das Gesetz. Bei Betrachtung alles dessen und bei dem Gedanken, welche Mühe sich Gott im Verein mit seinem Sohne gegeben hat, um sie zu retten, ruft der Apostel laut aus: „Der da hochgelobt sei in Ewigkeit; Amen.“ Damit spricht er dem eingeborenen Sohne für alles den Juden erwiesene Gute seinen Dank aus. Was besagt es, meint er, wenn andere Gott lästern? Wir, die wir seine Geheimnisse kennen, seine unaussprechlich große Weisheit und seine übergroße Vorsehung, wir wissen es sehr wohl, daß er keine Lästerung verdient, sondern des höchsten Lobpreises würdig ist. Aber bloß selbst dieses Bewußtsein zu haben, genügt ihm nicht; er unternimmt es, im folgenden auch die Gründe dafür ins Licht zu setzen und den Juden scharf an den Leib zu rücken. Aber nicht früher unternimmt er den Angriff auf sie, als bis er das Mißtrauen, das sie gegen ihn hegen konnten, zerstreut hat. Damit es nicht den Anschein habe, als halte er die Juden, zu denen er spricht, für seine Feinde, sagt er weiter unten: "Brüder, meines Herzens Wunsch und mein Flehen zu Gott ist für sie (die Juden), daß sie das Heil erlangen möchten“ 1. Auch hier sucht er bei allem, was er sagt, den S. d28 Schein zu vermeiden, als spreche er aus Feindschaft, mag er was immer gegen sie vorbringen. Darum steht er nicht an, sie seine „Stammverwandten“ und seine „Brüder“ zu nennen. Wenn er auch alles, was er spricht, aus Liebe zu Christus spricht, so sucht er doch auch ihre Zuneigung zu gewinnen und seiner folgenden Rede gute Aufnahme zu sichern. Er reinigt sich zunächst von jedem Verdacht in bezug auf das, was er gegen sie vorzubringen hat, und geht dann erst zu dem Gegenstand über, der (wie er voraussieht) den Widerspruch vieler herausfordern wird. Der Apostel mußte nämlich, wie ich schon sagte, die Frage vieler gewärtigen, warum denn die Juden, die doch die Verheißung bekommen hatten, leer ausgegangen, die Heiden dagegen, die niemals von einer solchen auch nur gehört, ihnen vorgezogen und zum Heil berufen worden seien. Um nun dieses Bedenken zu beheben, gibt der Apostel die Aufklärung darüber, bevor er sich noch den Einwand macht. Es könnte nämlich jemand einwenden: Wie? Du bist für Gottes Ehre mehr besorgt als Gott selbst? Braucht er denn deine Hilfe, damit sein Wort nicht unerfüllt bleibe? Gegen einen solchen Einwand nimmt Paulus im vornhinein Stellung, indem er bemerkt: Das habe ich gesagt, „nicht weil etwa Gottes Wort unerfüllt geblieben ist“, sondern um einen Beweis meiner Liebe zu Christus zu geben. Auch wenn es so gekommen ist, sind wir nicht in Verlegenheit, will er sagen, wegen Gottes Wort und nicht um den Beweis, daß seine Verheißung eingetroffen ist. Gewiß, Gott hat dem Abraham verheißen: „Dir und deiner Nachkommenschaft will ich dieses Land geben“ 2, und: „Gesegnet sollen werden in deiner Nachkommenschaft alle Völker“ 3. Laßt uns aber einmal sehen, was unter dieser Nachkommenschaft zu verstehen ist, sagt er. Denn nicht alle, die von Abraham abstammen, sind seine wahre Nachkommenschaft. Darum heißt es weiter:

„Nicht alle, die von Israel abstammen, sind echte Israeliten.“ S. d29 V. 7: „noch auch alle Kinder, deswegen weil sie Abrahams Nachkommen sind.“


  1. Röm. 10, 1. ↩

  2. 1 Mos. 12, 7. ↩

  3. Ebd. 12, 3. ↩

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Commentaire sur l'épître aux Romains Compare
Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
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