• Home
  • Works
  • Introduction Guide Collaboration Sponsors / Collaborators Copyrights Contact Imprint
Bibliothek der Kirchenväter
Search
DE EN FR
Works John Chrysostom (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
DRITTE HOMILIE: Kap. I, V. 8—17.

4.

Sieh da die Weisheit des Lehrers! Er sagt: Zu eurer Stärkung; er weiß, daß dieses Wort von den Schülern hart und lästig empfunden wird und sagt: „um euch zu ermuntern“. Aber auch das klingt noch etwas hart, wenn auch nicht so hart wie das frühere. Er schleift darum nochmals die Härte davon ab und mildert den Ausdruck nach jeder Richtung, um ihn annehmbar zu machen. Er sagt nicht einfach: „zu ermuntern“, sondern: „uns zusammen zu ermuntern“; aber auch damit begnügt er sich noch nicht, sondern er macht noch einen andern mildernden Zusatz, indem er sagt: „durch unsern wechselseitigen Glauben, den euren und den meinen“. O, welche Demut! Er tut so, als ob er selbst ihrer bedürfe und nicht nur sie seiner; er erhebt die Schüler in den Rang von Lehrern und beansprucht für sich gar keinen Vorrang, sondern stellt sich auf den Standpunkt völliger Gleichheit. Der Gewinn liegt auf beiden Seiten, sagt er; ich bedarf der Ermunterung durch euch und ihr durch mich. Und wie soll sie uns werden? „Durch unsern wechselseitigen Glauben, den euren und den meinen.“ Es ist wie mit dem Feuer: Wenn jemand viele Lampen zusammen anzündet, bringt er eine starke Beleuchtung hervor; so geht es gewöhnlich auch bei den Gläubigen. Wenn wir jeder für sich und voneinander getrennt sind, so sind wir etwas kleinmütig; wenn wir uns aber mit Gleichgesinnten vereint sehen, so schöpfen wir daraus große Ermunterung, Du darfst nämlich nicht die jetzige Zeit zum Vergleich heranziehen, wo mit Gottes Gnade in Stadt und Land, ja selbst in der Einöde, sich zahlreiche Gemeinden von Gläubigen finden, und wo der Unglaube selten geworden ist, sondern du mußt an die damalige Zeit denken, wo es ein Glück war, wenn ein Lehrer seine Schüler zu sehen bekam oder wenn Brüder aus der einen Stadt solche aus einer andern zu sich kommen sahen. Um aber das Gesagte deutlicher zu machen, wollen wir uns eines Beispiels bedienen: Wenn es einmal geschehen sollte, was Gott ver- S. b28 hüte, daß wir in das Land der Perser oder der Skythen oder anderer Barbaren abgeführt würden und in den dortigen Städten zu zweit oder dritt zerstreut lebten, und wir würden auf einmal jemanden von hier kommen sehen, stelle dir vor, was das für uns für ein Trost wäre! Seht ist nicht, wie Eingekerkerte vor Freude aufspringen wenn sie einen ihrer Bekannten sehen? Wundere dich nicht, wenn ich jene Zeiten mit Kriegsgefangenschaft und Kerkerhaft vergleiche. Denn noch viel schwereres Ungemach erlitten jene: Zerstreut und verbannt, in Hungersnot und Krieg, in täglicher Todesfurcht, nicht sicher vor ihren eigenen Freunden, Hausgenossen und Verwandten, lebten sie auf der ganzen Erde wie in einem fremden Lande und hatten es viel schlechter als die, welche in der Fremde leben müssen. Darum sagt der Apostel: „Zu eurer Stärkung und um uns mitsammen zu ermuntern durch unsern wechselseitigen Glauben.“ Das sagte er, nicht als ob er ihre Hilfe nötig hätte; das sei ferne! Denn wie sollte diese Säule der Kirche, stärker als Eisen und Stein, dieser geistige Diamant, der für unzählige Städte ausreichte, Hilfe nötig haben? Nein, sondern nur, damit sein Wort nicht lästig empfunden werde und seine Zurechtweisung nicht zu scharf ausfalle, sagte er, daß er ihrer Ermunterung bedürfe. Wenn übrigens jemand die Stelle so erklären wollte, daß Paulus den Trost und die Freude über das Wachstum des Glaubens meine, so dürfte diese Deutung auch nicht unrichtig sein. Wenn du nun, hätten sie sagen können, das Verlangen, den Wunsch und die Absicht hast, Ermunterung zu empfangen und Ermunterung zu spenden, was hält dich dann ab, zu kommen? Um diesem Einwurf zu begegnen, fährt er fort:

V. 13: „Ich will aber nicht, daß euch unbekannt bleibe, meine Brüder, daß ich mir oft vorgenommen habe, zu euch zu kommen, bis jetzt jedoch ward ich verhindert.“

Sieh da, ein hohes Maß von Knechtsgehorsam und einen Beweis großer Dankbarkeit! Daß er verhindert wurde, sagt er; warum, sagt er aber nicht. Er untersucht nicht das Gebot des Herrn, sondern folgt ihm nur, obgleich es nahe lag, sich Gedanken darüber zu machen, S. b29 warum wohl Gott einer so glänzenden und großen Stadt, auf welche der ganze Erdkreis seine Blicke richtete, so lange den Genuß vorenthielt, einen so großen Lehrer zu hören. Denn wer es über die Hauptstadt gewinnt, dem fallen die unter ihr stehenden Städte leicht zu; wer dagegen an der Residenzstadt vorbeigeht und sich auf die untergeordneten Städte wirft, der läßt die Hauptsache außer acht. Aber Paulus zerbricht sich darüber nicht den Kopf, sondern unterwirft sich dem Ratschlüsse der Vorsehung. Er bekundet dadurch seine eigene seelische Zucht und lehrt uns alle, niemals von Gott Rechenschaft zu fordern über das, was geschieht, wenn auch seine Fügungen vielen unbegreiflich vorkommen. Sache des Herrn allein ist es, anzubefehlen, Sache der Knechte, zu gehorchen. Darum sagt er zwar, daß er folgt, nicht aber, warum. Auch ich weiß es nicht, will er sagen. Frag’ mich darum nicht nach dem Willen und der Absicht Gottes. Spricht ja auch nicht das Werk zum Meister: „Warum hast du mich so gemacht?“ 1 Warum, sage mir, willst du das ergründen? Weißt du nicht, daß er Sorge trägt um alles, daß er weise ist, daß er nicht grundlos handelt und blindlings? Daß er dich mehr liebt als deine Eltern, daß er an Fürsorglichkeit einen Vater übertrifft und an Zärtlichkeit eine Mutter? Frage also nicht mehr, dringe nicht weiter ein; laß dir das zum Trost genügen; auch die Sache der Römer war damals weise geführt. Ist dir das Wie unbekannt, so laß dich das nicht verdrießen. Das ist ja dem Glauben eigen, das Wie nicht zu kennen und doch das Daß der Vorsehung gelten zu lassen.


  1. Röm, 9, 20. ↩

pattern
  Print   Report an error
  • Show the text
  • Bibliographic Reference
  • Scans for this version
Download
  • docxDOCX (477.49 kB)
  • epubEPUB (446.80 kB)
  • pdfPDF (1.69 MB)
  • rtfRTF (1.43 MB)
Translations of this Work
Commentaire sur l'épître aux Romains Compare
Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
Commentaries for this Work
Einleitung

Contents

Faculty of Theology, Patristics and History of the Early Church
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Imprint
Privacy policy