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Works John Chrysostom (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
ZWEIUNDZWANZIGSTE HOMILIE: Kap. XII, V. 4—13.

5.

Hasse darum auch du nicht den, der dir nachstellt, sondern beweine, bemitleide ihn; denn ein solcher Mensch ist in der Tat bemitleidens- und beweinenswert. Wir sind ja Angehörige dessen, der seinen Verräter geküßt hat — ich kann nicht aufhören, dies zu wiederholen — und dessen Worte dabei noch sanfter waren als der Kuß. Er spricht nämlich nicht zu ihm: „Du Elender, du Schuft, du Verräter! So vergiltst du uns die so großen Wohltaten?“ Sondern wie (redet er ihn an)? „Judas!“ Er gibt ihm seinen ehrlichen Namen, so wie einer zu ihm sprechen würde, der ihn bemitleidet und ihm gütlich zuredet, nicht wie einer, der zürnt. Auch sagt er nicht: „Deinen Lehrer, deinen Herrn, deinen Wohltäter (verrätst du)“, sondern: „den Sohn des Menschen“. Wäre er auch nicht dein Lehrer, dein Herr, kannst du denn den verraten, der so herzlich, so aufrichtig zu dir ist, daß er dir zur selben Zeit, da du ihn verrätst, einen Kuß gibt, einen Kuß, wie ein solcher als Zeichen des Verrates dienen soll. — Gepriesen seist du, S. d148 o Herr! Welches Beispiel der Demut, welches Beispiel der Geduld hast du uns gegeben! — So benahm er sich gegen Judas; und benahm er sich nicht ebenso gegen die, welche mit Prügeln und Fackeln an ihn herankamen? Was gibt es Sanfteres als die Worte, mit denen er sie anredete? Er konnte sie alle in einem Nu vernichten, aber er tat es nicht, sondern redete sie nur mahnend an: „Was seid ihr ausgezogen wie gegen einen Räuber mit Schwertern und Knütteln?“ 1 Und als sie rücklings zu Boden gestürzt besinnungslos dalagen, übergab er sich ihnen wiederum freiwillig und sah zu, wie sie Fesseln um seine heiligen Hände legten, obzwar er jeden (der sich ihm nahte) hätte in die Flucht schlagen und zu Boden schmettern können.

Und nach einem solchen Beispiel (von Sanftmut) bist du noch grob gegen den Armen. Wäre er auch ungezählter Verbrechen schuldig, so muß doch seine Not und sein Hunger ein Herz rühren, das nicht ganz verhärtet ist. Du aber stehst da in tierischer Roheit und bist den Löwen ähnlich an Wut. Übrigens machen sich auch die Löwen nicht an Leichname. Du aber siehst diesen armen, vom Unglück zermürbten Menschen vor dir, du gibst dem Daliegenden noch einen Fußtritt, du zerfleischest seinen Leib noch durch Schmähreden, du machst ihm ein Wetter, schlimmer als das ärgste Wetter draußen, du läßt ihn, da er sich in den Hafen flüchten will, an einer Klippe zerschellen und bereitest ihm einen Schiffbruch, der ärger ist als ein solcher auf dem Meere. Wie kannst du noch zu Gott sprechen: „Erbarme dich meiner!“ Wie kannst du noch um Sündenvergebung beten, der du einen Menschen, der nicht (gegen dich) gesündigt hat, schmähst, ihn für seinen Hunger und seine so große Not strafst und alle Raubtiere in Schatten stellst durch deine Roheit? Denn diese erfassen die ihnen (von der Natur) als Nahrung bestimmte Beute nur durch Hunger gezwungen. Du aber zehrst deinen Bruder auf, ohne dazu getrieben oder gezwungen zu sein; du beißest und zerfleischest ihn, zwar nicht mit den Zähnen, aber mit Reden, die mehr schmerzen als Bisse. Wie S. d149 kannst du nur das heilige Opferbrot empfangen mit einer von Menschenblut geröteten Zunge? Wie kannst du nur den Friedenskuß geben mit einem von Haß geschwollenen Munde? Wie kannst du auch nur leibliche Speise genießen mit so viel aufgespeichertem Gift? Du richtest die Armut nicht auf; warum drückst du sie auch noch nieder? Du hebst den am Boden Liegenden nicht empor; warum gibst du ihm noch einen Fußtritt? Du nimmst das Leid nicht weg; warum fügst du noch neues dazu? Du gibst kein Geld; was schmähst du noch mit Worten? Hast du nicht gehört, was für eine Strafe die treffen wird, welche die Armen nicht speisen? Welches Verdammungsurteil über sie ausgesprochen ist? „Weichet in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist“ 2. Wenn nun die schon ein solches Verdammungsurteil trifft, welche die Armen nicht speisen, welcher Strafe müssen die gewärtig sein, welche sie außerdem noch beschimpfen? Was für eine Züchtigung werden sie zu erleiden haben, was für eine Hölle?

Damit wir uns nun nicht so schweres Unheil zuziehen, wollen wir, so lange wir es in der Hand haben, diese schlimme Krankheit (an uns) heilen und der Zunge einen Zügel anlegen. Wir wollen (die Armen) nicht bloß nicht beschimpfen, sondern sie vielmehr aufmuntern durch Wort und Tat, damit wir uns (Gottes) Erbarmen in reichem Maße verdienen und der uns verheißenen Güter teilhaftig werden. Dies möge uns allen beschert sein durch die Gnade und Liebe unseres Herrn Jesus Christus, durch den und mit dem Ehre sei dem Vater zugleich mit dem Hl. Geiste in Ewigkeit. Amen. S. d150


  1. Matth. 25, 55. ↩

  2. Matth. 25, 41. ↩

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