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Works John Chrysostom (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
FÜNFUNDZWANZIGSTE HOMILIE: Kap. XIII, V. 11—14.

3.

Scheint es uns nicht gegenwärtig heller Tag zu sein? Glauben wir denn nicht, alle wach und munter zu sein? Und doch — ihr mögt lachen, wenn ich es S. d183 sage, ich sage es doch: Wir gleichen alle Leuten, die in tiefer Nacht schlafen und schnarchen. Ja, wenn wir nur in die Geisterwelt blicken könnten, da möchte ich euch zeigen, wie die meisten schnarchen, der Teufel aber Mauern durchbricht und die Daliegenden mordet, was drinnen ist, zusammenrafft, und wie in tiefer Finsternis das alles ganz ungestört vollbringt. Nun aber, wenn wir es schon nicht mit Augen sehen können, so wollen wir es doch mit Worten beschreiben und betrachten, wie viele daliegen, bedrückt vom Alp ihrer bösen Begierden, wie viele befangen sind von dem argen Schlummer der Wollust und das Licht des Geistes ausgelöscht haben. Darum verwechseln sie beim Sehen wie beim Hören ein Ding mit dem andern und behalten nichts von dem, was hier gesagt wird. Wenn ich das aber zu unrecht sage und du ganz wach hier stehst, dann sag’ mir, was hier eigentlich vorgegangen ist, wenn du es nicht wie im Traume gehört hast! Ich weiß ja, daß manche es zu sagen wissen werden; meine Rede bezieht sich denn auch nicht auf alle. Aber du, auf den sie abzielt, der du umsonst daher gekommen bist, sag’ mir, welcher Prophet, welcher Apostel hat mit uns Zwiesprache gehalten und worüber? Du weißt keine Antwort darauf. Für dich war vieles hier wie im Traum gesprochen, und du hast nicht gehört, um was es sich dabei eigentlich gehandelt hat. Dasselbe gilt auch von den Frauen. Auch sie sind stark vom Schlaf eingenommen; ja, wenn es nur Schlaf wäre! Denn wer schläft, der spricht weder etwas Schlechtes noch etwas Gutes. Wer aber so wach ist wie ihr, der läßt sich gar manches Wort entfahren zu seinem eigenen Nachteil. Er zählt seine Einkünfte zusammen, stellt Berechnungen über Zinsen an, denkt an schmutzige Wuchergeschäfte und pflanzt auf diese Weise so dichtes Dornengestrüpp in seine Seele, daß er dem hineingestreuten Samen nicht die geringste Möglichkeit läßt, je aufzugehen. Aber so wach doch auf! Reiß dieses Dornengestrüpp mit der Wurzel aus und schüttle die Trunkenheit ab! Denn davon kommt der Schlaf.

Wenn ich von Trunkenheit spreche, so meine ich nicht bloß die, welche vom Weine kommt, sondern auch die von den irdischen Sorgen, aber daneben auch S. d184 die vom Weine. Meine Ermahnung gilt nicht bloß Reichen, sondern auch Armen, und besonders denen, die die Freundschaftsmahle veranstalten. Dabei handelt es sich nicht um ein Essen und eine Erholung, sondern um eine Veranstaltung, die (Gottes) rächende Strafe nach sich zieht. Denn ein Essen ist es, wenn man dabei nicht häßliche Reden führt, sondern nur ehrbare Dinge zur Sprache kommen läßt, wenn man sich wohl satt ißt, aber nicht bis zum Zerspringen. Wenn du ein Gelage als eine Vergnügung ansiehst, so zeig’ mir nur diese Vergnügung am Abend, aber das kannst du nicht. Ich will nichts sagen von den Schäden, die daraus hervorgehen, sondern ich will dich vorläufig nur darauf hinweisen, wie rasch vergangen dieses Vergnügen ist. Kaum ist das Mahl vorüber, so ist es auch schon vorbei mit der Fröhlichkeit. Wenn ich dich noch hinweise auf das Erbrechen, das ihm folgt, auf die Kopfschmerzen und die vielerlei andern Unpäßlichkeiten, dazu noch auf den Verlust der seelischen Freiheit, was kannst du mir dagegen vorbringen? Müssen wir denn deswegen, weil wir arm sind, schändliche Dinge treiben? Das sage ich aber nicht, um es etwa zu verbieten, Zusammenkünfte zu haben und dabei gemeinsam Mahl zu halten, sondern nur, um das Unziemliche dabei zu verbieten und weil ich will, daß ein Essen auch ein Essen sei, nicht aber eine Veranstaltung, die (Gottes) rächende Strafe nach sich zieht, Trunkenheit und Fresserei. Die Heiden sollen sehen, daß die Christen gar wohl verstehen, ein Essen zu veranstalten und dazu ein Essen mit Anstand. „Jubelt dem Herrn“, heißt es, „in Zittern!“ 1 Was heißt jubeln? Es heißt, Hymnen singen, Gebete sprechen, Psalmen hersagen anstatt jener gemeinsamen Sangstücke. Auf diese Weise wird auch Christus bei Tische zugegen sein und das ganze Mahl segnen, wenn du dabei betest, wenn du geistliche Lieder singst, wenn du die Armen zur Teilnahme an dem, was vorgesetzt ist, rufst, wenn du darauf siehst, daß rechte Ordnung und Mäßigkeit beim Gastmahle herrsche. Auf diese Weise wirst du den Speisesaal zur Kirche machen, wenn du statt des zwecklosen S. d185 Schreiens und Heilwünschens den Herrn aller Dinge preisest.

Sag’ mir nicht, daß ein anderes Gesetz Geltung erlangt hat, sondern verbessere das Schlechte, wo es sich findet. „Ob ihr esset oder trinket“, heißt es, „oder sonst etwas tuet, tuet alles zur Ehre Gottes!“ 2 Von solchen Gelagen kommen auch die schlimmen Begierden, von dorther stammen die Lüsternheiten, von dort schreibt es sich her, daß die Ehefrauen in Mißachtung, die Huren dagegen in Ehre stehen. Von dorther kommen der Verfall der Familien und unzählige Übel, kurz, daß alles drunter und drüber geht. Ihr verlaßt die reine Quelle und lauft den Kotlacken zu. Denn eine Kotlacke ist der Leib der Hure, nichts anderes. Ich frage dich selbst, der du dich in dieser Kotlacke gewälzt hast, ob du nicht über dich selbst errötest und dich nicht für verunreinigt hältst nach der Sünde. Darum beschwöre ich euch, fliehet die Hurerei und die Mutter derselben, die Trunkenheit! Warum säest du da, wo du nicht ernten darfst, oder vielmehr, wenn du erntest, dir die Frucht große Schande bringt? Denn wenn (aus der Hurerei) ein Kind geboren wird, so gereicht es dir zur Schande und sich selbst zum Schaden, da es durch dich unehelich und unebenbürtig geworden ist. Wenn du ihm auch noch so vieles Geld hinterläßt, das Kind einer Hure und einer Sklavin ist und bleibt ehrlos in der Familie, ehrlos im Staate, ehrlos vor Gericht. Ehrlos bist ferner auch du im Leben und nach dem Tode; denn wenn du auch von hinnen gegangen bist, so bleibt die Erinnerung an deine Schande. Warum befleckst du alles mit Schande?


  1. Ps. 2, 11. ↩

  2. 1 Kor. 10, 31. ↩

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