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Works John Chrysostom (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
ACHTUNDZWANZIGSTE HOMILIE: Kap. XIV, V. 25—27 und Kap. XV, V. 1—7.

2.

Siehst du, wie der Apostel seine Zuhörer durch Lob erhebt, indem er sie nicht bloß „die Starken“ nennt, sondern auch mit sich selbst auf dieselbe Stufe stellt? Aber nicht allein dadurch, sondern auch durch den Hinweis auf den eigenen Vorteil sucht er sie dafür zu gewinnen und ihnen die Sache annehmbar erscheinen zu lassen. Du bist ja, will er sagen, der Starke, und es bringt dir keinen Schaden, wenn du dich herabläßt; der andere aber kommt in die äußerste Gefahr, wenn er nicht mit Geduld ertragen wird. Der Apostel sagt auch nicht: „die Schwachen“, sondern: „die Schwächen der Schwachen“. Damit will er den Starken zum Mitleid stimmen und dasselbe in ihm wachrufen. So sagt er anderswo: „Ihr, die ihr Geistesmenschen seid, bringt einen solchen wieder zurecht“ 1. Du bist ein Starker geworden? Nun, so vergilt Gott, der dich dazu gemacht hat! Denn auch wir waren Schwache, aber unter der Einwirkung der Gnade sind wir Starke geworden. Das sollen wir übrigens nicht bloß hier tun, sondern auch gegenüber solchen, die in anderer Beziehung schwach sind. Wenn z. B. einer jähzornig ist oder ein loses Maul hat oder an irgendeinem andern Fehler leidet, ertrage ihn mit Geduld! Wie kann das geschehen? Höre, was folgt! Nach den Worten: „Wir sind schuldig, mit Geduld zu ertragen“, fährt er fort: S. d227 V. 2: „ … und nicht selbstgefällig zu sein. Jeder von euch sei seinem Nächsten gefällig zum (allgemeinen) Guten, zur Erbauung.“

Der Sinn dieser Worte ist folgender: Du bist ein Starker? Dann erhalte eine Probe deiner Stärke der Schwache! Er soll deine Stärke kennen lernen; ihm sei gefällig! Es heißt auch nicht einfach: „sei gefällig“, sondern: „zum (allgemeinen) Guten“; ja, auch nicht einfach: „zum Guten“, damit nicht etwa der Fortgeschrittene sage: „Sieh’, ich ziehe ja zum Guten“, sondern der Apostel fügt bei: „zur Erbauung“. Bist du daher auch ein Reicher, bist du auch in einer obrigkeitlichen Stellung, so sei nicht dir selbst gefällig, sondern trachte, dem Armen, dem Notleidenden gefällig zu sein! Auf diese Weise wirst du wahren Ruhm erlangen und vielen Nutzen stiften. Der weltliche Ruhm schwindet bald dahin; dagegen bleibt der, den du dir durch geistliche Werke erworben hast, wenn du handelst zur Erbauung. Darum verlangt dies der Apostel von allen; es heißt darum nicht: „einer oder der andere“, sondern: „jeder von euch“. — Nachdem der Apostel etwas so Großes anbefohlen und geboten hat, sogar mit Darangabe der eigenen Vollkommenheit des andern Schwäche aufzurichten, führt er wieder Christus als Beispiel an, indem er spricht:

V. 3: „Denn auch Christus war nicht selbstgefällig.“

Das macht der Apostel immer so. Auch da, wo er vom Almosen spricht, führt er Christus als Beispiel an, indem er spricht: „Ihr kennt ja die Gnade des Herrn, daß er, der so reich ist, unseretwegen arm geworden ist.“ 2 Und wenn er zur Liebe ermahnt, treibt er durch denselben Hinweis dazu an, indem er spricht: „Wie auch Christus uns geliebt hat“ 3 Und wenn er den Rat gibt, Schmach und Gefahren zu ertragen, nimmt er wieder zu Christus seine Zuflucht, indem er sagt: „Welcher statt der Freude, die ihm zu Gebote stand, das Kreuz ertrug, S. d228 der Schmach ungeachtet“ 4. So zeigt der Apostel auch hier, daß Christus dasselbe getan habe und der Prophet es schon vorausgesagt habe. Er fährt nämlich fort:

„Die Schmähungen deiner Schmäher sind auf mich gefallen.“

— Was heißt es: „Er war nicht selbstgefällig? — Es war ihm möglich, nicht geschmäht zu werden, es war ihm möglich, nicht zu leiden, was er litt, wenn er nur hätte auf sich selbst schauen wollen. Aber das wollte er nicht. Er schaute vielmehr auf unser Wohl und nahm nicht Rücksicht auf sein eigenes. — Und warum sagt der Apostel nicht: „Er entäußerte sich selbst“? Weil er nicht allein zum Ausdruck bringen wollte, daß er Mensch geworden sei, sondern auch, daß er Schmach erlitten habe und daß er bei vielen in gar keinem hohen Ansehen gestanden sei, da er von ihnen für einen schwachen Menschen gehalten wurde. „Bist du Gottes Sohn, so steige herab vom Kreuze!“ und: „Andern hat er geholfen, sich selbst kann er nicht helfen“ 5. Der Apostel erwähnt gerade das, was ihm zu dem vorliegenden Gegenstand paßt, und beweist noch viel mehr als er versprochen hat. Er beweist nämlich nicht nur, daß Christus Schmähungen erfahren habe, sondern auch der Vater. „Die Schmähungen der Schmäher sind auf mich gefallen.“ Der Sinn dieser Stelle ist der: Es ist damit nichts Neues, nichts Unerhörtes geschehen. Die, welche im Alten Bunde sich vermaßen, den Vater zu schmähen, die ließen auch am Sohn ihre Wut aus. Das ist aber deswegen geschrieben, damit wir uns ein Beispiel nehmen. Hier will der Apostel seine Zuhörer zur geduldigen Ertragung von Trübsalen stärken, indem er spricht:

V. 4: „Was früher geschrieben worden ist, das ist zu unserer Belehrung geschrieben worden, damit wir durch die Standhaftigkeit und den Trost der Hl. Schrift die Hoffnung haben.“

Das heißt: damit wir nicht verloren gehen — denn man- S. d229 nigfach sind die Kämpfe innen und außen —, damit wir, gestärkt und aufgemuntert durch die Hl. Schrift, Geduld an den Tag legen, damit wir in Geduld leben und in der Hoffnung verharren. Denn diese beiden stehen in einem Wechselverhältnis zueinander: die Geduld kommt von der Hoffnung, und die Hoffnung von der Geduld; beide aber leiten ihren Ursprung aus der Hl. Schrift her.

Hierauf läßt der Apostel seine Rede wieder in ein Gebet übergehen, indem er spricht:

V. 5: „Der Gott der Geduld und des Trostes aber gebe euch Einmütigkeit untereinander im Sinne des Messias Jesus.“ — Nachdem der Apostel diesen Wunsch seinerseits ausgesprochen und das Beispiel Christi angezogen hat, fügt er noch das Zeugnis der Hl. Schrift bei, indem er zeigt, daß neben der Schrift auch Christus selbst wieder die Geduld gibt. Darum sagt er: „Der Gott der Geduld und des Trostes aber gebe euch Einmütigkeit untereinander Christus Jesus entsprechend.“ Der Liebe ist es eigen, das, was man für sich wünscht, auch dem andern zu wünschen.


  1. Gal. 6, 1. ↩

  2. 2 Kor. 8, 9. ↩

  3. Eph. 5, 25. ↩

  4. Hebr. 12, 2. ↩

  5. Matth. 27, 40. 42. ↩

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Commentaire sur l'épître aux Romains Compare
Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
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