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Works John Chrysostom (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
SECHSTE HOMILIE: Kap. 1, V. 28—31 und Kap. II, V. 1—16.

4.

Daß er aber in dieser Absicht seine Gedankenfolge so formt, ist aus der ganzen Stelle ersichtlich. Wenn ihm nicht daran gelegen gewesen wäre, dies zu erweisen, hätte er nach den Worten: „Mit deiner Verstocktheit und deinem unbußfertigen Herzen häufst du dir nur Gottes Zorn am Tage des Zornes“, mit diesem Punkte Schluß machen können. Der Gegenstand war zum Abschluß gebracht. Weil es aber nicht des Apostels Absicht war, bloß von dem zukünftigen Gericht zu sprechen, sondern auch zu zeigen, daß der Jude nichts vor dem Heiden voraus habe, damit jener sich nichts einbilde, darum geht er noch weiter, und zwar in dieser Gedankenfolge: — merk auf! Er hat den Leser in Furcht gesetzt; er hat ihm den Tag des Schreckens angekündigt; er hat ausgesprochen, wie schlimm es sei, in der Sünde zu leben; er hat gezeigt, daß niemand aus Unkenntnis (des Gesetzes) sündige und darum nicht straflos ausgehen werde, sondern daß er, wenn nicht gleich, so doch ganz gewiß einmal seine Strafe erfahren werde. Daraus will er nun die Folgerung ableiten, daß die Kenntnis des jüdischen Gesetzes nicht unbedingt notwendig sei; denn nach den Werken richtet sich Strafe und Lohn, nicht nach Beschnitten- oder Nichtbeschnittensein. Nachdem der Apostel gesagt hat, daß der Heide ganz gewiß seine Strafe erfahren werde, und, dies angenommen, gefolgert hat, daß er auch seine Belohnung bekommen werde, hat er damit dargetan, daß Gesetz und Beschneidung eigentlich nebensächlich seien. Damit will er hauptsächlich die Juden, treffen; denn diese waren ungemein eingebildet. Erstens einmal hielten sie es unter ihrer Würde, mit den andern Völkern auf eine Stufe gestellt zu werden, und zweitens fanden sie es lächerlich, daß der Glaube alle Sünden tilgen solle. Darum hat der Apostel zuerst an die Heiden, von denen die Rede ist, eine Strafpredigt gehalten, damit er dann unauffällig und mit Freimut den Juden die Wahrheit sagen könne. Im weiteren Verlauf der Rede, wo er auf die Bemessung der Strafe zu sprechen kommt, zeigt er, daß der Jude von seinem Gesetze nicht nur keinen Nutzen habe, sondern daß es sogar seine Lage noch erschwere. Diese Folge zieht er aus dem oben Gesagten. S. b72 Denn wenn der Heide deswegen unentschuldbar ist, weil er trotz Schöpfung und Vernunft, die ihm Wegweiser zu Gott waren, nicht besser geworden ist, um wieviel unentschuldbarer wird der Jude sein, der nebst allem dem noch durch das Gesetz Belehrung empfangen hat. Nachdem nun der Apostel den Juden dazu gebracht hat, diese Schlußfolgerung in bezug auf die Sünden der Heiden gelten zu lassen, nötigt er ihn wider seinen Willen dazu, dies auch in bezug auf sich selbst zu tun. — Um übrigens dieser seiner Erörterung gute Aufnahme zu verschaffen, lenkt der Apostel jetzt die Rede auf erfreulichere Dinge, indem er sagt: „Herrlichkeit und Ehre und Friede jedem, der das Gute betreibt, dem Juden in erster Linie und dem Heiden.“ Hienieden mag jemand besitzen, soviel er will, er besitzt es immer nur unter vielerlei Kämpfen, ob er auch reich ist oder eine Standesperson oder gar ein König. Wenn schon nicht mit einem Nebenmenschen, so gerät er doch öfter mit sich selbst in Zwiespalt und hat vielfach zu kämpfen in seinem Innern. Nicht so ist es dort im Jenseits, sondern dort ist alles Ruhe ohne Störung und wahrer Friede.

Nachdem der Apostel aus dem oben Gesagten gefolgert hat, daß auch die, welche das jüdische Gesetz nicht haben, zu demselben Genuß der ewigen Seligkeit gelangen können, führt er als weiteren Grund dafür an:

V. 11: „Denn bei Gott gilt kein Ansehen der Person.“

Wenn er sagte, daß der Jude wie der Heide gestraft wird, wenn sie sündigen, bedarf dies keiner weiteren Begründung. Wenn er aber die Behauptung aufstellt, daß auch der Heide belohnt werde, so erfordert dies eine nähere Begründung; denn es müßte verwunderlich und widerspruchsvoll erscheinen, daß einer, der weder von Gesetz noch Propheten gehört hat, für gute Werke belohnt werden soll. Darum bereitete der Apostel, wie ich schon sagte, seine Leser darauf vor, wo er von den Zeiten sprach, die der Gnade vorausgehen, damit sie ihm später, wenn er von der Zeit der Gnade sprechen wird, um so leichter Beifall zollen. Denn da ist er ganz unverdächtig, da er ja nicht etwas behauptet, was in seinem Interesse liegt. Nach den Worten: „Herr- S. b73 lichkeit und Ehre und Friede jedem, der das Gute betreibt, dem Juden in erster Linie und dem Heiden“, fährt er fort: „Denn bei Gott gilt kein Ansehen der Person.“ Wahrhaftig, diese Begründung ist schlagend! Paulus führt nämlich aus, daß es widersinnig wäre und Gott gar nicht entspräche, wenn es nicht so wäre; denn dann gäbe es ja ein Ansehen der Person. Das gibt es aber bei Gott nicht. Er sagt indes nicht: „Wenn dem nicht so wäre, so gäbe es bei Gott ein Ansehen der Person“, sondern etwas zarter: „Denn bei Gott gilt kein Ansehen der Person.“ D. h. Gott schaut nicht auf die Beschaffenheit der Person, sondern das Unterscheidende für ihn liegt im Werke. Damit bringt er zum Ausdruck, daß den Juden vom Heiden nur die Person, nicht die Werke unterscheiden. Dem entsprechend war zu sagen: Nicht weil der eine ein Jude, der andere ein Heide ist, wird der eine belohnt, der andere bestraft, sondern das eine wie das andere geschieht mit Rücksicht auf die Werke. Doch der Apostel sagt nicht so — er hätte nämlich dadurch den Zorn der Juden erregt —, sondern er bringt noch etwas anderes, wodurch er ihren Hochmut niederdrückt und sie für die Annahme (seiner oben vorgetragenen Lehre von der Gleichheit der Juden und Heiden) empfänglicher macht. Was ist das? Das, was folgt:

V. 12: „Die ohne das Gesetz gesündigt haben, werden auch verloren gehen ohne das Gesetz, und die in dem Gesetze gesündigt haben, werden durch das Gesetz gerichtet werden.“

Hier zeigt der Apostel, daß Jude und Heide nicht bloß gleichartig seien, wie ich schon sagte, sondern daß der Jude durch das Geschenk des Gesetzes sogar noch eine Belastung erfahre; denn der Heide wird ohne Gesetz gerichtet. Das „ohne Gesetz“ will aber hier nicht einen Nachteil besagen, sondern einen Vorteil, nämlich den, daß er das Gesetz nicht zum Ankläger hat. Denn dieses „ohne das Gesetz“ ist dasselbe, wie wenn er sagte: Er wird, abgesehen von dem Maßstab des Gesetzes, einzig und allein aus Gründen der natürlichen Vernunft verurteilt werden. Der Jude aber „in dem Ge- S. b74 setze“ d h. nach der Anklage, die Natur und Gesetz gegen ihn vorbringen; denn je größerer Fürsorge er sich erfreut hat, desto größer wird auch die Strafe für ihn sein.

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