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Works John Chrysostom (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
VIERZEHNTE HOMILIE: Kap. VII, V. 14—25 u. Kap. VIII, V. 1—11.

9.

So wollen denn auch wir es halten! Wir wollen den Leib beständig abtöten in bezug auf seine Werke! Nicht sein Wesen meine ich, das sei ferne, sondern seine zu sündhaften Handlungen hinziehenden Triebe. Denn das ist Leben, ja das allein ist Leben, nichts Menschlichem zu unterliegen, nicht den Lüsten zu dienen. Denn wer sich diesen ergibt, der wird nicht mehr (eigentlich) leben können wegen der gedrückten Stimmungen, der Befürchtungen und Gefahren, die davon herkommen, und der zahllosen Schwärme von Leidenschaften. Steht einem solchen der Tod in Erwartung, so stirbt er aus Angst schon vor seinem eigentlichen Tode. Ahnt er Krankheit oder Schmach oder Armut oder sonst etwas Unerwünschtes, so vergeht er und ist hin. Was gibt es Elenderes als ein solches Leben? — Nicht so geht es dem, der ein Leben im Geiste führt. Er ist erhaben über Befürchtungen, Trauer, Gefahren und jeden Wechsel des Schicksals, nicht weil ihn nichts dergleichen trifft, sondern, was weit mehr ist, weil er alles, was über ihn kommt, geringschätzt. — Wie ist das aber möglich? — Wenn der Geist beständig in euch wohnt. Denn der Apostel spricht nicht bloß von einem Innewohnen des Geistes für kurze Zeit, sondern von einem beständigen Innewohnen. Er sagt darum auch nicht von dem Geiste, daß er wohnte, sondern daß er wohnt, und deutet damit ein beständiges Verbleiben an. Derjenige lebt also im eigentlichen Sinne des Wortes, welcher diesem Leben abgestorben ist. Darum sagt auch der Apostel: „Der Geist ist Leben in Anbetracht der Gerechtigkeit.“ — Um das Gesagte noch deutlicher zu machen, S. b266 nehmen wir zwei Menschen, von denen der eine Schwelgereien und Wollüsten und dem Trug des Lebens ganz hingegeben, der andere allen diesen Dingen abgestorben ist. Und nun wollen wir sehen, welcher von ihnen im eigentlicheren Sinne lebt. Angenommen, der eine von diesen beiden ist sehr reich und angesehen; er hält sich Schmarotzer und Schmeichler und vergeudet den ganzen Tag mit Prassen und Zechen. Der andere dagegen führt in Armut und Fasten ein auch sonst strenges und enthaltsames Leben, er nimmt nur am Abend die notwendige Nahrung zu sich, ja er bleibt, wenn du willst, auch zwei bis drei Tage ganz ohne Speise. Welcher von diesen beiden lebt im eigentlicheren Sinne des Wortes? Ich weiß wohl, viele werden meinen, der, welcher sich es wohl sein läßt und sein Hab und Gut verpraßt; wir aber sind der Ansicht, daß der es ist, welcher mit Maß genießt. Nun, da wir da zweierlei Meinung sind, wollen wir einmal einen Besuch in ihren Häusern machen, und zwar gerade zu einer Zeit, wo der Reiche am eigentlichsten zu leben scheint, gerade zur Essenszeit; wir wollen eintreten und sehen, in welchem Zustande sich der eine und der andere von ihnen befindet. Da werden wir denn den einen bei seinen Büchern, bei Gebet und Fasten oder einer andern notwendigen Beschäftigung antreffen, wach und nüchtern und im Gespräche mit Gott; den andern werden wir im Rausche förmlich untergegangen, nicht viel besser als einen Toten daliegen sehen. Wollen wir erst gar bis zum Abend warten, dann werden wir sehen, wie der Tod in einem noch eigentlicheren Sinne ihn übermannt, wenn er nämlich dann in Schlaf versinkt. Den andern dagegen sehen wir auch in der Nacht nüchtern und wach. Von welchem von beiden können wir nun sagen, daß er in eigentlicherem Sinne lebt, von dem, der ohnmächtig daliegt, allen zum Gelächter, oder von dem andern, der wach ist und mit Gott spricht? Wenn du zu jenem hintrittst und ihm von etwas Ernstem sprichst, wirst du von ihm ebensowenig einen Laut hören wie von einem Toten. Willst du dagegen mit dem andern beisammen sein, sei es bei Tag oder bei Nacht; so wirst du mehr den Anblick eines Engels als eines Menschen haben und wirst ihn über himmlische Dinge S. b267 mit Weisheit reden hören. Siehst du, daß der eine in einem höheren Sinne lebt als alle, die leben, der andere dagegen elender daran ist als die Toten? Und wenn er scheinbar etwas macht, so sieht er das eine für das andere an und gleicht den Wahnsinnigen, ja ist noch viel unglücklicher als diese. Denn wenn jemand Wahnsinnigen Schimpf antut, so haben wir alle Mitleid mit dem Beschimpften und schelten den aus, der ihm den Schimpf antut. Sehen wir dagegen, daß einer diesem (Betrunkenen) einen Fußtritt versetzt, so werden wir nicht nur nicht zum Mitleid gestimmt, sondern geben noch dem (betrunken) Daliegenden unrecht. Ist das, sag mir, ein Leben, oder ist es nicht schlimmer als tausendfacher Tod? Siehst du ein, daß der Schwelger nicht bloß ein Toter ist, sondern daß er schlimmer daran ist als ein Toter, unglücklicher als ein Besessener? Denn dieser wird bemitleidet, jener gehaßt; diesem verzeiht man, jener wird für seine Krankheit noch bestraft. Und wenn er schon von außen so lächerlich aussieht, wie er ekligen Geifer vor dem Munde hat und nach sauer gewordenem Wein stinkt, dann stelle dir vor, wie erst seine arme Seele, die in diesem Körper wie in einer Gruft begraben liegt, wie erst die ausschauen mag! Es ist so ein Anblick, wie wenn einer eine schmucke, feingebildete, freigeborene, adelige, schöne Dame von einer groben, häßlichen, schmutzigen Magd in der gröblichsten Weise beschimpfen ließe. So ist es mit der Trunkenheit.

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