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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ii ad Corinthios argumentum et homiliae 1-30 Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)
Neunundzwanzigste Homilie.

V.

Das ist ächt väterliche Liebe, wenn man die Wohlfahrt der Schüler über das eigene Ansehen setzt; daraus erkennt man das selbstlose Herz; Das ist es, was am meisten von den irdischen Banden löst und von der Erde zum Himmel erhebt, daß die Seele frei von Ehrsucht ist; gerade wie das Gegentheil zu einer Menge von Sünden führt. Denn unmöglich kann man hochherzig, groß und edel sein, wenn man nicht frei von Ehrsucht ist; ja nothwendig muß Derjenige gemein und niedrig bleiben und viel Verderben stiften, der dieser abscheulichen Herrin dient, einer Herrin, die an Herzlosigkeit jeden Barbaren übertrifft. Denn was kann man sich Wilderes denken als die Ehrsucht, die desto unbändiger wird, je mehr man ihr den Willen thut? Das findet sich nicht einmal bei wilden Thieren; denn selbst diese werden durch sorgsame Pflege zahm. Bei der Ehrsucht dagegen ganz das Gegentheil; wenn sie Verachtung findet, dann wird sie zahm; wenn sie geehrt wird, so wird sie wild und waffnet sich gegen Den, der da ehrt. Diese schätzten einst die Juden hoch und wurden so furchtbar dafür gestraft; diese verachteten die Jünger und gewannen Ehre und Ruhm. Und was rede ich von Strafe und S. 468 Ehre? Denn wer mit Ehren dastehen will, der erreicht Dieses selbst gerade dadurch am meisten, daß er die Ehrsucht verabscheut. Und du wirst schon hier finden, daß Die, welche auf die Ehre großes Gewicht legen, ihrer verlustig gehen, während sie Denen, die sie geringschätzen, zu Theil wird. So sehen wir es bei den Jüngern; — denn Nichts hindert dasselbe Beispiel noch einmal zu gebrauchen, sie verachteten die Ehre und gaben Dem, was Gottes ist, den Vorzug und glänzen jetzt mehr als die Sonne und haben auch nach dem Tode ein unsterbliches Andenken; und die Juden, die sich vor diesem Götzen beugten, sind ohne Stadt und Heimath, sind ehrlos, flüchtig und unstät, ohne Ansehen und Achtung.

Willst demnach auch du Ehre gewinnen, so verachte die Ehre; jagst du aber der Ehre nach, so flieht sie vor dir. Und wenn es beliebt, so wollen wir diese Wahrheit von der täglichen Erfahrung bestätigen lassen. Welche sind es denn, frage ich, gegen die unser Spott sich richtet? nicht die Ehrsüchtigen? So gehen demnach diese am meisten ihrer Absicht verlustig, auf sie sind tausend Augen gerichtet, sie finden Geringschätzung von allen Seiten. Und welche sind es, die wir bewundern? nicht Die, welche den Ruhm verachten? Demnach sind es Diese, denen die Ehre folgt. Wie nämlich nicht Der reich ist, welcher Vieles bedarf, sondern wer Nichts bedarf, so ist auch nicht Der ruhmvoll, welcher den Ruhm liebt, sondern wer ihn verachtet; denn ein Schatten von Ruhm ist dieser Ruhm. Niemand, der Brod in Farben dargestellt sieht, wird, selbst wenn er noch so hungrig ist, die Hand nach dem Gemälde ausstrecken. So jage denn auch du nicht dem Schatten nach; denn Schatten von Ruhm ist Das, nicht Ruhm. Und damit du siehst, daß Dem wirklich so ist, so denke nur an den üblen Ruf, in welchem die Sache bei den Menschen steht, wie sie Allen, sogar die Ehrsüchtigen selbst nicht ausgenommen, als ein Übel erscheint, das man fliehen müsse, wie der glückliche Besitzer S. 469 der begierige Streber gleichmäßig sich schämt, wenn Wort auf diesen Gegenstand fällt!

Woher nun diese Leidenschaft, frägst du, und wie entsteht die Krankheit? Sie stammt aus kleinlicher Seele, — denn man muß nicht bloß anklagen, sondern auch besser machen, — sie kommt von niedriger Gesinnung und kindischer Vorstellung. So hören wir denn eineinmal auf, Kinder zu sein, und werden wir Männer, und streben wir überall der Wirklichkeit nach, nicht dem Schatten, so bei Reichthum, bei Freude und Genuß, bei Ehre und Macht; dann ist es aus mit dieser Krankheit und mit anderen vielen. Denn Schattenbildern nachzulaufen ist Wahnsinn. Darum ermahnt auch Paulus: „Seid nüchtern, wie sich’s gebührt, und sündiget nicht!“1 Denn es gibt auch eine andere Art Wahnsinn, die noch schlimmer ist als der Wahnsinn, welcher von Dämonen oder von Fieberglut kommt. Diesem kann man verzeihen, aber dem ersteren ist alle Entschuldigung benommen, wenn nämlich die Seele selbst zerrüttet ist, wenn ihr Urtheil nicht mehr gerade, sondern verkehrt ist. Und was den Wahnsinn des Fiebers erzeugt, das ist leibliche Krankheit; dieser Wahnsinn aber hat zum Urheber den Geist. Gleichwie nun von den Fiebern diejenigen die schlimmsten und unheilbarsten sind, welche die kräftigsten Theile des Leibes erfassen, welche ihren Sitz in den Nerven haben und sich in den Winkeln der Adern bergen, so ist eben auch dieser Wahnsinn um so gefährlicher, weil er seinen Sitz im Innern der Seele hat und diese zerrüttet und verwüstet.

Wie wäre es denn, frage ich, nicht heller und offenbarer Wahnsinn, ja schlimmer als jeglicher Wahnsinn, wenn man das Bleibende verachtet und das Ver- S. 470 gängliche mit aller Kraft umfaßt? Sage mir nur, wenn Einer dem Winde nachjagte und ihn festzuhalten suchte, würden wir da nicht sagen, er sei von Sinnen? Und würde Einer unbekümmert um die Wirklichkeit nach den Schatten greifen, würde er die Gattin selbst hassen und ihren Schatten umarmen, oder würde er den Sohn verabscheuen und wiederum dessen Schatten lieben, suchtest du da, frage ich, noch nach einem anderen Kennzeichen des Wahnsinns? Ganz ähnlich machen es auch Die, welche Aug’ und Herz an das Irdische heften. Denn Alles ist Schatten, du magst nun Ruhm nennen oder Macht und Namen oder Reichthum und Wohlleben oder was immer für ein Gut des Lebens. Darum sagt denn auch der Prophet: „Fürwahr, wie ein Schattenbild geht der Mensch vorüber, und umsonst regt er sich auf;“2 und wiederum: „Unsere Tage haben sich wie Schatten geneigt.“3 Und anderswo nennt er alles Irdische Rauch und Blume des Grases. Und nicht bloß das Erfreuliche ist Schatten, sondern auch das Betrübende, du magst nun Tod nennen oder Armuth und Krankheit oder sonst ein Übel. Was ist nun das Bleibende, mag es erfreulich sein oder betrübend? Es ist der ewige Himmel und die immerwährende Hölle. Denn der Wurm wird nicht sterben und das Feuer nicht erlöschen; und auferstehen werden Diese zum ewigen Leben und Diese zur ewigen Pein. Damit wir nun der Pein entgehen und das Leben genießen, so wollen wir vom Schatten ablassen und uns mit allem Eifer an die wirklichen Dinge halten; denn so werden wir des Reiches der Himmel theilhaftig werden. Möge dieses uns allen zu Theil werden durch die Gnade und Güte u. s. w. Amen.

S. 471


  1. I. Kor. 15, 34. ↩

  2. Ps. 38, 7. ↩

  3. Ps. 101, 12. ↩

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Commentaire sur la deuxième épitre aux Corinthiens Compare
Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)

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