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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ii ad Corinthios argumentum et homiliae 1-30 Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)
Sechzehnte Homilie.

IV.

Denn ein großes Gut und Geschenk Gottes ist die Mildthätigkeit, und wenn wir sie recht üben, so macht sie uns mit Gott selbst, soweit es möglich ist, ähnlich; denn sie zeigt den Menschen von der edelsten Seite. Darum hat auch Einer von den Alten diese Tugend als Merkmal eines edlen Menschen bezeichnet. „Etwas Großes und Kostbares,“ sagt er, „ist es um den mildthätigen Mann.“1 Das ist größere Gnade, als wenn man Todte erweckt. Denn größer als im Namen Jesu die Gestorbenen wieder in’s Leben zu rufen, weit größer ist es, den hungernden Christus zu speisen. Hier nämlich erweisest du Christus eine Wohlthat, dort Christus dir. Der Lohn aber beruht darauf, daß man Wohlthaten erweist, nicht Wohlthaten empfängt. Bei den Wunderzeichen nun bist du Gottes Schuldner, beim Almosen dagegen ist Gott dein Schuldner. Almosen aber ist es nur dann, wenn du mit Bereitwilligkeit, mit Reichlichkeit gibst, wenn du nicht zu geben, sondern zu empfangen glaubst, wenn du dich selbst S. 281 beschenkt betrachtest, als Einen, der gewinnt, nicht der verliert; denn sonst wäre es nicht mehr Gnade. Denn wer dem Nebenmenschen Milde erweist, muß fröhlich, nicht mürrisch sein. Wie wäre es denn nicht ungereimt, wenn die Betrübniß, von der du den Mitmenschen befreist, auf dich selbst überginge? Dann wäre deine Gabe kein Almosen mehr. Denn wenn es dir den Frohsinn raubt, daß du den Mitmenschen von Kümmerniß befreit hast, so verräthst du den höchsten Grad von Grausamkeit und Unmenschlichkeit; besser nicht befreien, als so befreien. Und was ist es denn überhaupt, o Mensch, das dich mißgestimmt macht? Etwa die Furcht, es möchte sich dein Gold vermindern? Wenn du so gesinnt bist, so laß überhaupt das Geben! Wenn du nicht vertraust, daß deine Gabe sich dir vervielfältigt im Himmel, so behalte sie lieber! —

Oder verlangst du schon hier die Vergeltung? Warum denn, frage ich? Laß das Almosen Almosen sein, nicht Handel! Viele haben freilich schon hier den Lohn empfangen; aber sie haben ihn nicht so empfangen, daß sie dadurch vor Denen, die ihn hier nicht empfingen, Etwas vorausgehabt hätten; es geschah Das vielmehr in Anbetracht ihrer Schwäche, weil sie sich von den dortigen Gütern zu wenige angezogen fühlten. Und gleichwie leckerhafte Menschen, die keinen Sinn für das Geziemende und keine Herrschaft über den Gaumen haben, zu königlichem Mahle geladen die gehörige Zeit nicht abwarten, sondern nach Art kleiner Kinder sich die Lust verderben, indem sie vorher zu gemeineren Speisen greifen und mit diesen sich füllen, so vermindern eben auch Jene, welche den Lohn hier suchen und bekommen, den dortigen Lohn. Ferner wenn du auf Zinsen leihst, so wünschest du erst nach längerer Zeit dein Geld wieder zu bekommen oder es auch nicht zu bekommen, damit es durch langes Ausliegen um so mehr Zinsen trage; hier aber verlangst du das Deinige sogleich; und doch sollst du nicht hier, sondern dort immerdar sein, sollst nicht hier gerichtet wer- S. 282 den, sondern dort Rechenschaft geben. Und würde man dir Wohnungen da bereiten, wo du nicht bleiben solltest, so würdest du es für verlorene Mühe erachten; so aber willst du hier reich sein, wo du oft noch vor dem Abende mußt ausziehen. Weißt du nicht, daß wir hier in der Fremde weilen, ohne Heimath und Vaterland? Weißt du nicht, daß Fremdlinge oft hinausgestoßen werden, wo sie es am wenigsten erwarten? Gerade so geht es auch uns. Darum müssen wir Alles, was wir immer hier schaffen, auch hier zurücklassen. Denn es gestattet der Herr nicht, Etwas mitzunehmen, mögen wir nun Häuser bauen oder Güter kaufen oder Sklaven, Geräthe und was sonst immer erwerben. Und er läßt uns nicht bloß Nichts mitnehmen, sondern er rechnet dir auch keinen Lohn dafür an; denn er hat dir ausdrücklich gesagt: Baue nicht und mache nicht Aufwand für ein Haus auf fremdem, sondern aus dem eigenen Grunde! Warum lässest du nun dein eigenes Feld unbebaut und verschwendest Arbeit und Kosten auf das fremde, um so Mühe und Lohn zu verlieren und der äussersten Strafe anheimzufallen? Nein doch! bitte ich; sondern nachdem wir einmal von Natur Fremdlinge sind, so wollen wir es auch mit Willen sein, damit wir nicht dort einmal als fremd und ehrlos hinausgestoßen werden. Denn wollten wir hier Bürger sein, so sind wir es weder hier noch dort. Bleiben wir aber Fremdlinge und leben so, wie es sich für Fremdlinge geziemt, so werden wir hier wie dort Recht und Freiheit der Bürger erlangen. Denn der Gerechte, wenn er auch Nichts hat, wird hier schon in den Gütern Aller wie in den eigenen weilen und nach dem Weggange von hier im Himmel seine ewigen Gezelte schauen; und weder hier wird er Leides erfahren; denn Niemand kann den zum Fremdlinge machen, dem die ganze Welt Vaterstadt ist; und hat er erst sein eigentliches Vaterland erreicht, so wird er den wahren Reichthum empfangen.

S. 283 Damit wir nun Beides gewinnen, die Güter hier und die Güter dort, so laßt uns von der Habe den rechten Gebrauch machen! So werden wir dann einst Bürger des Himmels sein und der vollen Freiheit uns erfreuen. Möge diese uns allen zu Theil werden durch die Gnade und Güte u. s. w. Amen.

S. 284


  1. Sprüchw. 20, 6. ↩

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Commentaire sur la deuxième épitre aux Corinthiens Compare
Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)

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