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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ad Galatas commentarius Kommentar zu den Briefen des hl. Paulus an die Galater (BKV)
III. Kapitel

3.

Unsere Stelle hat noch nach einer anderen Seite hin große Bedeutung. Da es sie nämlich beunruhigte, daß das Gesetz älter sei, der Glaube aber nach dem Gesetze komme, benimmt er ihnen auch dieses Bedenken, indem er zeigt, daß der Glaube älter ist als das Gesetz. Und zwar ergibt sich dies aus dem Beispiele Abrahams; denn dieser wurde gerechtfertigt, bevor noch das Gesetz erschien. — Auch was die Ereignisse der Gegenwart betrifft, legt er dar, daß sie der Voraussage gemäß eingetreten sind. „Da aber“, so lauten seine Worte, „die Schrift voraussah, daß Gott die Heiden S. 91 aus Glauben rechtfertigt, nicht aus dem Gesetze, hat sie dem Abraham die frohe Botschaft vorausverkündigt.“ Was heißt das? Er selber, der Gesetzgeber, meint Paulus, hat, bevor er noch dieses Gesetz gab, bestimmt, daß die Völker aus dem Glauben gerechtfertigt werden sollten. — Er sagt nicht einfach: sie hat geoffenbart, sondern: sie hat die frohe Botschaft vorausverkündet, damit du wissest, daß auch der Patriarch sich über diese Art der Rechtfertigung freute und gar große Sehnsucht nach ihrer Betätigung empfand. — Sie hatten noch aus einem anderen Grunde Schrecken. Es steht nämlich geschrieben: „Verflucht sei, wer nicht ausharret bei den Worten dieses Gesetzbuches und sie nicht in der Tat erfüllt.“1 Auch diese Befürchtung zerstreut er, indem er sie wieder kluger- und geschickterweise ins Gegenteil verkehrt und nachweist, daß der Abfall vom Gesetze nicht nur keinen Fluch, sondern im Gegenteil Segen bringe, das Festhalten am Gesetz aber nicht nur keinen Segen, sondern im Gegenteile Fluch. Jene behaupteten nämlich, wer das Gesetz nicht halte, sei verflucht; dieser aber beweist, verflucht sei, wer es halte, und gesegnet, wer es nicht halte. Jene behaupteten ferner, wer auf den Glauben allein höre, sei verflucht; er aber, wer auf den Glauben allein höre, sei gesegnet. Wie beweist er nun dies alles? Denn unsere Behauptung ist nicht alltäglich; darum ist es notwendig, genau auf das Folgende zu merken. Er hat den Beweis hierfür wohl schon im Vorausgehenden geführt, als er das Wort der Schrift an den Patriarchen zitierte: „in dir sollen gesegnet werden alle Völker“. Damals2 nämlich herrschte nicht das Gesetz, sondern der Glaube. Und deshalb zog er die Folgerung:

V. 9: „Also werden, die aus dem Glauben sind, gesegnet mit dem gläubigen Abraham.“

S. 92 Damit man aber dies nicht als Einwand benütze und sage: Natürlich wurde er durch den Glauben gerechtferdigt, denn es gab ja noch kein Gesetz; du aber beweise mir, daß auch nach Verkündigung des Gesetzes der Glaube rechtfertige, deshalb geht er darauf ein und beweist noch mehr, als sie verlangen: nicht allein, daß der Glaube (wirklich) rechtfertige, sondern auch, daß das Gesetz seine Anhänger sogar unter den Fluch bringe. Damit du das verstehst, höre des Apostels Worte! Wie lauten sie?

*V. 10: „Denn alle, welche von Gesetzeswerken her sind, sind unter dem Fluche.“

Aber dies ist nur Behauptung, noch kein Beweis. Wo findet sich nun der Beweis? Im Gesetze selber:

„Verflucht sei jeglicher, welcher nicht beharrt bei allem, was geschrieben steht in dem Buche dieses Gesetzes, daß er es tue. V. 11: Daß aber niemand durch das Gesetz gerechtfertigt wird, ist wohl jedem offenbar.“

Denn alle haben gesündigt und sind unter dem Fluche. Aber er spricht dieses nicht so nackt aus, damit es nicht scheine, als rede er rein aus sich heraus, sondern beruft sich abermals auf eine Beweisstelle, welche in Kürze die beiden Tatsachen enthält, einmal daß niemand das Gesetz erfüllt habe und darum alle verflucht seien, sodann daß der Glaube die Rechtfertigung bewirke. Welche ist nun diese Beweisstelle? Sie ist dem Propheten Habakuk entnommen und lautet folgendermaßen: „Der Gerechte aber wird leben aus dem Glauben.“3 Diese Stelle nämlich beweist nicht nur die Rechtfertigungskraft des Glaubens, sondern auch das Unvermögen des Gesetzes, Rettung zu verschaffen. Weil eben niemand, meint der Prophet, das Gesetz hielt, vielmehr alle infolge der Übertretung unter dem Fluche waren, deshalb wurde ein S. 93 leichterer Weg ausfindig gemacht, der Weg des Glaubens. Und das ist der größte Beweis dafür, daß aus dem Gesetze niemand gerechtfertigt werden konnte. Denn der Prophet sagt nicht: Der Gerechte aber wird leben aus dem Gesetze, sondern: „aus dem Glauben“.

V. 12: „Das Gesetz aber stammt nicht aus dem Glauben, sondern wer sie 4 tun wird, wird leben durch sie.“

Also nicht bloß Glauben verlangt das Gesetz, sondern auch Werke; die Gnade aber bringt Rettung und Gerechtigkeit durch den Glauben allein. Siehst du, wie er den Nachweis erbringt, daß die Anhänger des Gesetzes infolge der Unmöglichkeit, dasselbe zu erfüllen, unter den Fluch gerieten? — Wie denn aber besitzt der Glaube diese Rechtfertigungskraft? Das hat er oben zu beweisen versprochen, und er hat auch den Beweis ganz bündig geliefert. Da nämlich das Gesetz sich als unvermögend erwies, den Menschen zur Gerechtigkeit zu führen, wurde der Glaube als tüchtiges Heilskraut erfunden, indem er das dem Gesetze Unmögliche durch seine Kraft möglich machte. Wenn also die Schrift sagt: „Der Gerechte wird aber aus dem Glauben leben“, und damit an der Erlösungskraft des Gesetzes zweifelt, und (wenn) anderseits Abraham aus dem Glauben gerechtfertigt wurde, so ist die gewaltige Macht des Glaubens dargetan. — Aber, wendest du ein, daß man durch Untreue gegen das Gesetz verflucht und daß man durch Treue im Glauben gerecht wird, das ist ja wohl sicher: womit aber kannst du uns beweisen, daß jener Fluch nicht auch jetzt noch gilt? Denn Abraham lebte vor dem Gesetze, wir aber haben, einmal unter das Joch der Knechtschaft geraten, uns selbst dem Fluche unterstellt. Wer also war es, der jenen Fluch löste? Sieh, wie er diesem Einwand auf der Stelle begegnet! Es hätte zwar auch das Gesagte hingereicht; denn wer einmal gerechtfertigt, dem S. 94 Gesetze abgestorben und eines neuen Lebens teilhaftig geworden ist, wie kann der noch dem Fluche unterworfen sein? Aber damit begnügt sich (der Apostel) keineswegs, sondern führt noch einen anderen Grund ins Feld, indem er schreibt:

*V. 13: „Christus hat uns losgekauft aus dem Fluche des Gesetzes, indem er unsertwegen zum Fluche ward, weil geschrieben steht: Verflucht sei jeder, welcher am Holze hängt.“

Nun war aber doch das Volk jenem anderen Fluche verfallen: „Verflucht sei jeglicher, welcher nicht beharrt bei allem, was geschrieben steht in dem Buche dieses Gesetzes.“ Wie reimt sich das zusammen? Nun, das Volk war dem Fluche verfallen; denn es beharrte nicht, und es gab keinen, der das ganze Gesetz erfüllt hätte. Christus aber tauschte sich für diesen Fluch jenen anderen ein, der da sagt: „Verflucht sei jeglicher, welcher am Holze hängt.“5 Da nämlich verflucht ist, wer am Holze hängt, und verflucht auch, wer das Gesetz übertritt, so durfte, wer letzteren Fluch lösen wollte, ihm nicht selber verfallen, mußte aber trotzdem einen Fluch auf sich nehmen; deshalb nahm er jenen für diesen auf sich und hat so durch den einen den anderen gelöst. Und gleichwie für einen zum Tode Verurteilten ein anderer schuldlos den Tod annimmt und ihn der Strafe entreißt, also hat auch Christus getan. Denn da er nicht dem Fluche (aus) der Übertretung unterworfen war, nahm er statt dessen den Fluch des Kreuzes auf sich, um jenen Fluch zu lösen. „Denn Sünde hat er nicht getan, und Trug wurde nicht entdeckt in seinem Munde.“6


  1. Deut. 27, 26. ↩

  2. Zur Zeit Abrahams. ↩

  3. Hab. 2, 4. ↩

  4. Die Werke. Paulus bezieht sich an dieser Stelle auf Lev. 18, 5. ↩

  5. Deut. 21, 23. ↩

  6. Is. 53, 9. ↩

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Translations of this Work
Commentaire sur l'épître aux Galates Compare
Kommentar zu den Briefen des hl. Paulus an die Galater (BKV)
Commentaries for this Work
Vorbemerkungen zum Kommentar des Galaterbriefes

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