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S. 159 V.1: "Paulus, Apostel Jesu Christi durch den Willen Gottes, an die Heiligen [die zu Ephesus sind], und die Gläubigen in Christus Jesus. V.2: Gnade euch und Friede von Gott unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus."
Sieh, er bezieht das "durch" auf den Vater. Was also? Werden wir deshalb behaupten, daß der Sohn geringer sei? Keineswegs1 . - "An die Heiligen", sagt er, "die zu Ephesus sind, und die Gläubigen in Christus Jesus." Sieh, Männer mit Weib und Kind und Gesinde heißt er Heilige. Daß dem so ist, ergibt sich klar aus dem letzten Teile des Briefes, so wenn er sagt: "Weiber, seid euren Männern untertan"2 ; und wiederum: "Kinder, gehorchet euren Eltern"3 ; und "Knechte, gehorchet den Herren!"4 . Erwägen wir, wie sehr in der Jetztzeit der Leichtsinn sich breit macht und wie das Tugendleben selten geworden ist, und wie üppig damals die Saat der Tugendhaften sproßte, daß sogar die Weltleute Heilige und Gläubige genannt werden. - "Gnade euch und Friede von Gott unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus." Er sagt "Gnade" und nennt Gott "Vater"; denn von jener Gnade ist dies das Kennzeichen. Inwiefern? Höre, was er an einer anderen Stelle sagt: " Weil ihr aber Kinder seid, so sandte Gott den Geist seines S. 160 Sohnes in eure Herzen, der da ruft: Abba, Vater!"5 . - "Und dem Herrn Jesus Christus." Denn unsertwegen ist Christus Mensch geworden und sichtbar im Fleische gewandelt.
V.3: "Gepriesen sei Gott", fährt er fort, " und der Vater unseres Herrn Jesus Christus." Sieh, Gott des Fleischgewordenen; oder wenn du lieber willst, Vater des göttlichen Wortes. "Der uns gesegnet hat mit allem geistigen Segen, mit himmlischen Gaben in Christus."
Er spielt hier auf den jüdischen Segen an. Wohl war dieser ein Segen, aber kein geistiger; wie z.B.6 "Gott segne dich; segnen wird er die Früchte deines Leibes" und: "er wird segnen deinen Eingang und deinen Ausgang"7 . Hier aber heißt es nicht so, sondern wie? "Mit allem geistigen Segen."
Was mangelt dir denn noch? Du bist unsterblich geworden, du bist frei geworden, du bist Sohn geworden, du bist gerecht geworden, du bist Bruder geworden, du bist Miterbe geworden, du herrschest mit ihm, du wirst mit ihm verherrlicht; alles hat er dir geschenkt. Wie sollte er uns nicht", sagt der Apostel, "mit ihm alles schenken?"8 .Der Erstling deiner Natur wird von den Engeln angebetet, von den Cherubim und Seraphim. Was sollte noch mangeln? - "Mit allem geistigen Segen." Nichts Fleischliches9 gibt es hier. Deshalb hat Christus mit den Worten: "In der Welt werdet ihr Bedrängnis haben"10 , all dieses ausgeschieden, um uns zu jenem hinzuführen. Denn gleichwie diejenigen, welche im Besitze der fleischlichen Dinge waren, von den geistigen nichts hören konnten, ebensowenig können diejenigen, welche geistige Dinge erstreben, derselben teilhaftig werden, wenn sie nicht zuvor die fleischlichen S. 161 verlassen haben. - Was heißt: "Geistiger Segen mit himmlischen Gaben?" Nicht mit irdischen, will er sagen, wie bei den Juden: "Ihr sollt essen die Güter der Erde" ; „in ein Land, das von Milch und Honig fließt"; "segnen wird Gott dein Land"11 . Hier aber winkt nichts Derartiges, sondern was? "Wer mich liebt, wird meine Gebote halten, und ich und der Vater werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen"12 . "Wer diese meine Worte hört und sie tut, wird mit einem vernünftigen Manne verglichen werden, der sein Haus auf den Felsen gebaut hat; es bliesen die Winde und es kamen die Flüsse und stießen an jenes Haus, aber es fiel nicht zusammen; denn es war auf den Felsen gegründet"13 . Dieser Fels aber, was ist er anders als die über jeden Wandel erhabenen himmlischen Dinge? Denn "wer mich vor den Menschen bekennt", heißt es, "den werde auch ich bekennen vor meinem Vater im Himmel", und "wer mich verleugnet, den werde auch ich verleugnen"14 . Und wiederum: "Selig, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott anschauen"15 ; und abermals: "Selig die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich"16 ; und weiterhin: "Selig seid ihr, die ihr Verfolgung leidet um der Gerechtigkeit willen, denn euer Lohn ist groß im Himmel"17 . Siehst du, überall der Himmel, nirgends die Erde, nirgends das Irdische! Und wiederum: "Unser Wandel ist im Himmel, woher wir auch den Heiland erwarten, den Herrn Jesus18 . Und wiederum: "Nichts Irdisches sinnend, sondern Himmlisches"19 . - "In Christus Jesus", d.h. durch Christus Jesus, nicht durch Moses kam dieser Segen. So daß wir also nicht bloß durch die Art, sondern auch durch den Vermittler den Vorrang haben, wie es denn im Briefe an die Hebräer heißt: "Moses zwar war treu in dessen ganzem Hause als Diener, zur Bezeugung dessen, was verkündigt werden sollte, Christus aber ist S. 162 als Sohn [gesetzt] über dessen Haus, und sein Haus sind wir"20 .
V.4: "Wie er uns in ihm auch auserwählt hat" fährt er fort, "vor Grundlegung der Welt, daß wir heilig und untadelig vor ihm seien." Was er sagen will, ist dieses: Durch den er uns gesegnet hat, durch den hat er uns auch auserwählt. Er also wird uns alle jene Segnungen zukommen lassen, er ist der Richter und wird sagen: "Kommet, ihr Gesegneten meines Vaters, nehmet in Besitz das Reich, das seit Grundlegung der Welt euch bereitet ist"21 . Und wiederum: "Ich will, daß, wo ich bin, auch diese seien"22 .
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vgl. Ende der Homilie ↩
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Eph 5,22 ↩
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ebd. 6,1 ↩
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ebd. 6,5 ↩
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Gal 4,6 ↩
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Die Lesart οἶον ist vorzuziehen. ↩
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Num 6,24; Dt 7,13; 28,6; Ps 120,8 ↩
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Röm 8,32 ↩
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Irdisches ↩
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Joh 16,33 ↩
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Is 1,19; Ex 3,8; Dt 7,13 ↩
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Joh 14,23 ↩
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Mt 7,24 f. ↩
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Mt 10, 32 f. ↩
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Mt 5,8 ↩
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ebd. 5,3 ↩
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ebd. 5,10 ↩
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Phil 3,20 ↩
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vgl. Kol 3,2 ↩
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Hebr 3,5.6. ↩
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Mt 25,34 ↩
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Joh 17,24 ↩