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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ad Philippenses Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Philipper (BKV)
Achte (Siebte) Homilie. *Phil. II, 5—11.*

6.

Doch du bist reich? Wodurch? Was besitzest du? Gold, Silber, Edelsteine? Damit können sich auch Räuber, auch Mörder brüsten, auch die Arbeiter in den Bergwerken. Der Schweiß der verurteilten Verbrecher also, das ist Gegenstand deines Rühmens? — Aber du schmückst und zierst dich? Auch die Pferde kann man schön geziert sehen; bei den Persern findet man sogar schön gezierte Kamele; unter den Menschen aber sind es alle Schauspieler auf der Bühne. Schämst du dich nicht, auf etwas stolz zu sein, was unvernünftige Tiere, Sklaven, Mörder, Weichlinge, Räuber und Grabschänder mit dir teilen? — Aber du baust prächtige Häuser? Und was will das heißen? Die Dohlen wohnen oft noch prächtiger und haben noch herrlichere Aufenthaltsorte. Oder siehst du nicht, daß solche Geldnarren auf dem Lande und in entlegenen Gegenden ihre Paläste bauen — so richtige Dohlennester? —. Doch du bildest dir etwas ein auf deine schöne Stimme? Du wirst nimmermehr imstande sein, den Schwan und die Nachtigall an Liebreiz des Gesanges zu übertreffen. — Aber du bist stolz auf deine Kunstfertigkeit? Und was gibt es in dieser Beziehung Geschickteres als die Biene? Welcher Sticker, welcher Maler, welcher Baumeister (γεωμέτρης) wird ihre Arbeiten nachahmen können? — Aber auf die Feinheit deines Kleides? Allein hierin tragen die Spinnen über dich den Sieg davon. — Aber auf die Schnelligkeit deiner Füße? Auch da gebührt der Preis wieder den unvernünftigen Tieren, dem Hasen und dem Reh; und wie viele Haustiere stehen (ihnen) an Schnellfüßigkeit durchaus nicht nach! — Aber du machst weite Reisen? Allein auf keinen Fall weitere als die Vögel; denn diese tun sich beim Reisen viel leichter: sie brauchen kein Reisegeld und keine Zugtiere, sondern die Flügel ersetzen ihnen alles. Diese sind ihr Schiff, diese ihr Gespann, diese ihr Wagen, diese ihr Wind, kurz S. 117 alles, was man sich nur denken kann. — Aber du hast scharfe Augen? Allein jedenfalls nicht so scharfe wie das Reh oder der Adler. — Aber du hast ein feines Gehör? Der Esel jedoch hat ein noch feineres. — Aber dein Geruchsinn ist sehr ausgebildet? Indes läßt der Hund dir hierin nicht den Vorrang. — Aber du weißt mit Leichtigkeit etwas ausfindig zu machen? Dennoch bleibst du darin hinter der Ameise zurück. — Aber du trägst goldenen Schmuck? Allein auf keinen Fall so, wie die indischen Ameisen1. — Hinsichtlich der Gesundheit aber sind die unvernünftigen Tiere viel besser daran als wir; auch was das Wohlbefinden und die Beschaffung des Lebensunterhaltes betrifft: sie kennen die Furcht vor der Armut nicht. Denn die Schrift sagt: „Sehet hin auf die Vögel des Himmels: sie säen nicht und ernten nicht und sammeln nicht in die Scheunen2.“ — Also, höre ich sagen, hat Gott die unvernünftigen Tiere bei der Schöpfung besser bedacht als uns. Siehst du, wie sehr es an Überlegung fehlt? Siehst du den Mangel an sorgfältiger Prüfung? Siehst du den Gewinn, welchen eine Untersuchung der Tatsachen uns einbringt? Es hat sich herausgestellt, daß er, der sich höher dünkte als alle Menschen, noch hinter den unvernünftigen Tieren zurückstehen muß. — Doch wir wollen schonend gegen ihn verfahren und ihn nicht nachahmen. Weil er sich über unsere Natur erhaben dünkte, mußten wir ihn herabsetzen unter das unvernünftige Tier. Aber wir wollen ihn nicht lassen, sondern von da wieder emporheben, nicht um seinetwillen — denn er verdiente es nicht besser —, sondern um zu zeigen, wie sehr Gott uns Menschen geliebt und ausgezeichnet hat. — Denn es gibt Vorzüge, ich wiederhole es, in denen uns keines der unvernünftigen Tiere gleichkommt. Welche sind das nun? Gottesfurcht und der tugendhafte Lebenswandel. — Hier kannst du nicht auf die Unzüchtigen, (Weichlinge) und Mörder hinweisen; denn diese sind S. 118 aus unserer Gemeinschaft ausgeschlossen3. — Worin besteht also (unser) Vorzug? Wir wissen, daß es einen Gott gibt, wir erkennen seine Vorsehung, wir sinnen der Unsterblichkeit nach. Hier müssen die unvernünftigen Tiere uns weichen; sie erheben keinen Anspruch darauf. — Wir haben Vernunft; hier haben die unvernünftigen Tiere nichts mit uns gemein. Denn obschon wir sonst in allem hinter ihnen zurückbleiben, üben wir doch über sie die Herrschaft aus. Gerade dadurch offenbart sich diese Herrschaft um so großartiger, daß wir über die Tiere gebieten, obgleich wir ihnen nachstehen. Du sollst daraus lernen, daß du diese Vorzüge nicht dir selber verdankst, sondern Gott, der dich erschaffen und mit Vernunft begabt hat. Netze und Schlingen legen wir ihnen und treiben sie hinein und bezwingen sie. —

Uns liegt Mäßigung, Billigkeit, Sanftmut, Verachtung des Geldes. Weil du aber, vom Hochmut befallen, keine dieser Eigenschaften besitzest, so ergibt sich als natürliche Folge, daß du dich entweder über die Menschen stolz erhebst oder auch unter die unvernünftigen Tiere erniedrigst. Denn das ist die Art der Hoffart und der Vermessenheit: sie hält nirgends das rechte Maß ein; entweder überhebt sie sich ungebührlich oder sie setzt sich auf der andern Seite ebenso ungebührlich herab. — Wir sind darin4 den Engeln gleichgestellt; das Himmelreich ist uns verheißen, die selige Vereinigung (χορεια) mit Christus. Der Mensch läßt sich geißeln und unterliegt nicht; der Mensch verachtet den Tod, er zittert nicht, er fürchtet sich nicht, er trachtet nicht nach mehr. Wer darum nicht also gesinnt ist, steht tief unter den vernunftlosen Tieren. Denn wenn du hinsichtlich der körperlichen Vorzüge (ihnen) unterlegen bist, die geistigen Vorzüge dagegen nicht besitzest, wie solltest du da nicht tief unter den unvernünftigen Tieren stehen? Nimm nur den nächsten besten her von denen, welche im Bösen noch unvernünftiger sind (als die Tiere), welche in Üppigkeit und Geiz leben! Das Pferd übertrifft ihn an Kampfeslust, der Eber an Stärke, der Hase an S. 119 Schnelligkeit, der Pfau an Schönheit, der Schwan an Wohlklang der Stimme, der Elephant an Größe, der Adler an Schärfe des Gesichtes, alle Vögel an Reichtum. — Wodurch also hast du Anspruch, über die unvernünftigen Tiere zu herrschen? Durch die Vernunft? Das ist nicht möglich. Denn wer von derselben nicht den rechten Gebrauch macht, steht wieder tief unter ihnen. Wenn du nämlich, obwohl mit Vernunft begabt, unvernünftiger bist als sie, so wäre es besser, du hättest von vornherein die Gabe der Vernunft gar nicht empfangen. Denn es ist nicht gleich, ob man eine Würde verliert, nachdem man sie innegehabt, oder ob man überhaupt nie in deren Besitz gelangt ist. Wenn der König schlechter ist als ein gemeiner Soldat, so wäre es besser (für ihn), wenn er gar nie mit dem Purpur bekleidet gewesen wäre. Gerade so verhält es sich nun auch hier. — Da wir nun wissen, daß wir ohne die Tugend tiefer stehen als die vernunftlosen Tiere, so laßt uns dieselbe üben, damit wir wirklich Menschen oder vielmehr Engel werden und zum Genusse der verheißenen Güter gelangen; deren wir alle teilhaftig werden mögen durch die Gnade und Menschenfreundlichkeit unseres Herrn Jesus Christus, mit welchem dem Vater gleichwie dem Hl. Geiste Herrlichkeit, Macht und Ehre sei, jetzt und allezeit und in alle Ewigkeit. Amen.


  1. Der hl. Chrysostomus hat dabei die Erzählung Herodots (III, 102—105) vor Augen. ↩

  2. Vgl. Matth. 6, 26. ↩

  3. Vgl. 1 Kor. 6, 9. 10. ↩

  4. D. h. durch die Vernunft. ↩

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Commentaire sur l'épître aux Philippiens Compare
Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Philipper (BKV)
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