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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ad Philippenses Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Philipper (BKV)
Elfte (Zehnte) Homilie. *Phil. III, 1—7.*

2.

Denn sage mir, was ist vorzüglicher, die Seele oder der Leib? Offenbar die Seele. Folglich ist auch jene Beschneidung1 die bessere, oder vielmehr nicht bloß die bessere, sondern die einzige, die wirklich den Namen Beschneidung verdient. So lange nämlich das Vorbild noch bestand, konnte es ganz passend zum Vergleiche angewandt werden. „Beschneidet“, sagt der Prophet, „die Vorhaut eures Herzens2!“ — So hebt er auch im Briefe an die Römer die körperliche Beschneidung auf, wenn er sagt: „Denn nicht, wer es äußerlich ist, ist ein Jude; und nicht, die äußerlich ist am Fleische, ist die Beschneidung: sondern wer es im Innern ist, ist ein Jude, und die Beschneidung ist die des Herzens, dem Geiste nach, nicht dem Buchstaben nach3.“ — Schließlich aber beraubt er sie sogar des Namens; das S. 156 ist nicht einmal eine Beschneidung, sagt er. Denn das Vorbild trägt nur so lange, als die Wahrheit erst noch kommen soll, den Namen; sobald aber die Wahrheit sich verwirklicht hat, nennt man es nicht mehr so. Nehmen wir z. B. das Skizzieren her! Es hat einer den König in Umrissen dargestellt. So lange er die Farben nicht aufträgt, sagen wir: seht, der König! Sobald aber das Kolorit hinzukommt, tritt der Umriß hinter der (lebensvollen) Wahrheit zurück und verschwindet. — Paulus sagt nicht: Denn bei uns ist die Beschneidung, sondern: „Wir sind die Beschneidung.“ Mit Recht. Denn das ist der Mensch: Die in der Tugendhaftigkeit bestehende Beschneidung; das ist in Wahrheit der Mensch. Auch sagt er nicht: Denn bei jenen ist die Zerschneidung; denn sie selbst sind hinfort dem Verderben und dem Bösen verfallen. — Nicht mehr am Körper, sagt er, muß die Beschneidung stattfinden, sondern am Herzen. — „... und (die wir) nicht auf das Fleisch vertrauen,“ fährt er fort,

V. 4: „obwohl ich auch auf das Fleisch Vertrauen haben dürfte.“

Was meint er hier mit „Vertrauen“ und „auf das Fleisch“? Prahlerei, zuversichtliches Pochen, Wichtigtuerei. Und Paulus hat recht daran getan, diesen Zusatz zu machen. Hätte er nämlich als ehemaliger Heide sich gegen die Beschneidung ausgesprochen, oder nicht gegen die Beschneidung, sondern gegen diejenigen, welche sie zur Unzeit vornahmen, so hätte es immerhin scheinen können, er falle nur deshalb darüber her, weil er, des Adels des Judentums entbehrend, von dessen Erhabenheit keinen Begriff habe und ihm kein Anteil daran zukomme. Nun er aber desselben teilhaftig ist und sich dennoch dagegen erklärt, erklärt er sich nicht deshalb dagegen, weil er keinen Anteil hat, sondern weil er verwirft, nicht aus Unwissenheit, sondern gerade infolge richtiger Erkenntnis. — Sieh nun, was er auch im Briefe an die Galater sagt, da er in die Notwendigkeit geraten war, Großes von sich selbst zu enthüllen; wie er auch dort seine Demut an den Tag legt! „Ihr habt ja gehört“, spricht er, „von meinem ehemaligen Wandel S. 157 im Judentume4“, und ebenso hier: „Wenn irgendein anderer meint, auf das Fleisch vertrauen zu dürfen, so ich noch mehr.“ Und gleich darauf fügt er bei: „Ein Hebräer von Hebräern.“ — Aber „wenn irgendein anderer“, sagt er, um zu zeigen, daß er dazu gezwungen sei, um zu zeigen, daß er nur um jener willen so spreche. Wenn ihr darauf vertrauen zu können glaubt, will er sagen, so muß auch ich reden; sonst würde ich schweigen. — Der Umstand, daß er zurechtweist, ohne zu kränken, daß er es tut, ohne Namen zu nennen, sollte auch jenen die Umkehr erleichtern. — „Wenn einer meint, vertrauen zu dürfen.“ Treffend ist die Wendung: „Wenn einer meint“; er wollte damit entweder ausdrücken, daß sie kein so großes Vertrauen hatten, oder daß ihr Vertrauen durchaus kein berechtigtes Vertrauen war; denn alles beruhte nur auf Zwang, nicht auf freiem Willen.

V. 5: „Ich bin beschnitten am achten Tage ...“

An erster Stelle setzt er das, worauf sie sich am meisten zugute taten, nämlich die Beschneidung. — „... aus dem Geschlechte Israel ...“ Damit bewirkt er ein Doppeltes: daß er weder ein Proselyt ist noch ein Abkömmling von Proselyten. Denn daraus, daß er am achten Tage beschnitten wurde, ergibt sich, daß er selbst kein Proselyt war; daraus aber, daß er „aus dem Geschlechte Israel“ stammte, geht hervor, daß auch seine Eltern keine Proselyten waren. — Damit man jedoch nicht meine, „aus dem Geschlechte Israel“ bedeute soviel als: aus den zehn Stämmen, fügt er (ausdrücklich) hinzu: „aus dem Stamme Benjamin“. Also aus dem angesehensten Teile (seines Volkes); denn im Gebiete dieses Stammes waren die Besitzungen der Priester5. — „... ein Hebräer von Hebräern ...“, weil kein Proselyt, sondern von alten, echten Juden herstammend. Denn er hätte möglicherweise ein Israelit sein können, ohne aber „ein Hebräer von Hebräern“ zu sein. Viele nämlich hatten durch Vermischung mit andern Völkern S. 158 bereits die unverfälschte Reinheit der Nation zerstört und selbst deren Sprache verlernt. Entweder er meint das damit, oder er weist hin auf den Adel seiner Abstammung. — „... dem Gesetze nach ein Pharisäer.“ Er kommt nun auf das, was von seinem freien Willen abhing. — Denn alles, was er vorhin anführte, hat mit der freien Selbstbestimmung nichts zu tun; denn es war nicht sein Verdienst, daß er beschnitten wurde, daß er „aus dem Geschlechte Israel“ und „aus dem Stamme Benjamin“ war. Er war also auch aus diesen Gründen ihnen über, wenn auch viele das meiste (des bisher Aufgezählten) mit ihm teilten. Worin lag nun sein Vorzug? Zumeist mit in dem Umstande, daß er kein Proselyt war; denn dem angesehensten Stamme und der geachtetsten Partei anzugehören, seine Ahnenreihe bis in die ältesten Zeiten hinaufführen zu können, war nicht vielen gegeben. Aber er kommt nun auf das zu sprechen, was von seinem freien Willen abhing, worin (hauptsächlich) sein Vorzug liegt. „... dem Gesetze nach ein Pharisäer,“

V. 6: „dem Eifer nach ein Verfolger der Kirche ...“

Indes, jenes genügt nicht; denn man kann auch ein Pharisäer sein, ohne von besonderem Eifer zu glühen. Aber er fügt auch dieses hinzu. Siehe den Vorzug! — „... der Gerechtigkeit nach ...“ Aber es ist möglich, daß einer ein Wagehals ist, oder daß er dies aus Herrschsucht, nicht aber aus Eifer für das Gesetz tut, wie es die Hohenpriester machten. Doch nichts Solches, sondern auch „der Gerechtigkeit nach, die im Gesetze ist, von untadelhaftem Wandel.“ — Wenn ich demnach, will er sagen, an Adel der Herkunft, an freudigem Eifer, an Sitten und Lebenswandel alle übertraf: weshalb sollte ich auf diese Vorzüge verzichtet haben, — weshalb anders, als weil ich die Vorzüge des Christentums größer, und zwar um vieles größer gefunden habe? Darum fährt er fort:

V. 7: „Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden gehalten.“


  1. Die geistige Beschneidung. ↩

  2. Deut. 10, 16; vgl. Jer. 4, 4. ↩

  3. Röm. 2, 28. 29. ↩

  4. Gal. 1, 13. ↩

  5. Die Priester vom Levitenstamme erhielten dreizehn Städte in den Stämmen Juda, Simeon und Benjamin.(Jos. 21, 4.) ↩

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Commentaire sur l'épître aux Philippiens Compare
Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Philipper (BKV)
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