• Home
  • Works
  • Introduction Guide Collaboration Sponsors / Collaborators Copyrights Contact Imprint
Bibliothek der Kirchenväter
Search
DE EN FR
Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ad Colossenses commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Kolosser (BKV)
Zweite Homilie. *Kol. I, 9—15.*

6.

Wie nun, hält man mir entgegen, wenn die Heiden uns fragen? Sollen wir sie nicht zu gewinnen trachten? — Darauf ich: Um den Heiden zu bekehren, stürzest du den Christen m Gefahr und suchst die satanische Lehre S. 270 zur Geltung zu bringen. Da du nämlich allein durch eigenes Raisonnement in diesen Fragen nicht zu überzeugen vermagst, so möchtest du gern andere als Zeugen beibringen. — Wenn man aber mit den Heiden disputieren muß, so darf das Gespräch nicht von diesem Gegenstande ausgehen, sondern vielmehr von der Frage, ob Christus Gott und Gottes Sohn sei, ob ihre Götter Dämonen seien. Sind diese Punkte erwiesen, so ergibt sich alles übrige von selbst; bevor man aber den Anfang erledigt hat, ist es töricht, über das Ende zu reden; bevor man sich über die Prinzipien klar geworden, ist es überflüssig und unnütz, an die Ausführung zu schreiten. — Glaubt der Heide nicht an das Gericht, so ergeht es ihm geradeso wie dir. Denn auch er hat viele Philosophen, welche hierüber handelten, wenn schon sie dabei die Seele vom Leib getrennt dachten; aber gleichwohl stellten sie einen Richterstuhl auf. Ja diese Wahrheit springt so sehr in die Augen, daß fast niemand sie verkannte, sondern die Dichter und alle miteinander übereinstimmten in der Annahme eines Richterstuhles und eines Gerichtes. Daher glaubt ein solcher nicht den Edelsten seines Volkes, indes weder Jude noch sonst ein Mensch hierüber irgend im Zweifel ist. — Warum also betrügen wir uns selbst? Schau, solche Ausflüchte machst du vor mir; was willst du aber Gott gegenüber vorbringen, der das Herz eines jeden aus uns gebildet hat1 der alle Gedanken weiß2 der lebendig und wirksam und einschneidender ist als jedes zweischneidige Schwert3? Denn sage mir einmal aufrichtig: Verurteilst du dich nicht selbst? Wie läßt sich aus dem Zufall diese so große Weisheit erklären, daß der Sünder sich selbst verdammen muß? Denn das ist ein Ausfluß großer Weisheit. Du verurteilst dich selbst; und er, der dir solche Denkweise verleiht, sollte alles zum Spielball eines blinden Ungefähr werden lassen? — Es darf daher als allgemein giltige Regel und Richtschnur gelten: Niemand, der sich eines tugendhaften Lebens befleißt, zweifelt an der Lehre vom Gerichte, S. 271 mag er auch ein Heide, ein Irrgläubiger sein. Niemand, der einen lasterhaften Wandel führt — wenige ausgenommen —, nimmt die Lehre von der Auferstehung an. Dies sagt auch der Psalmist; „Deine Gerichte sind weggerückt von seinem Angesichte4.“ Warum? „Weil seine Wege befleckt sind zu jeder Zeit.“ „Laßt uns essen und trinken,“ sprechen sie; „denn morgen sind wir tot5.“ Du siehst doch ein, daß nur Menschen von niedriger Gesinnung eine solche Sprache führen können? Vom Essen und Trinken rührt diese Sprache her, welche den Glauben an die Auferstehung zerstören möchte. Denn unerträglich, unerträglich ist der Seele die verurteilende Stimme des Gewissens. Es tritt hier dasselbe ein, wie bei einem Mörder: zuerst redet er sich ein, er werde nicht entdeckt werden, und dann erst begeht er den Mord; denn nach dem Ausspruch seines Gewissens wäre er nicht so leicht zu der Freveltat geschritten. Gegen besseres Wissen also lügt er sich selbst Unwissenheit vor, um nicht von seinem Gewissen und von der Furcht gefoltert zu werden; sonst hätte er sicherlich nicht den Mut gewonnen, den Mord zu verüben. So wollen auch die Sünder, die Tag für Tag in demselben Sündenschmutze sich wälzen, es nicht wissen, wiewohl das Gewissen ihnen Vorwürfe macht. — Achten wir doch nicht auf solche Menschen! Denn es gibt, es gibt ganz gewiß ein Gericht und eine Auferstehung, und Gott wird so großartige Tatsachen nicht vergeblich sein lassen. Darum, ich bitte euch, enthalten wir uns der Sünde, halten wir fest an der Tugend, damit wir die wahre Lehre aufnehmen in Christus Jesus, unserm Herrn! — Was ist nun aber leichter anzunehmen, die Lehre von der Auferstehung oder die vom Verhängnis? Diese ist voll Ungerechtigkeit, voll Unvernunft, voll Grausamkeit, voll Unmenschlichkeit; jene voller Gerechtigkeit, jedem vergeltend nach seinem Verdienst; und trotzdem nimmt man sie nicht an. Daran ist aber die Trägheit schuld; denn kein Vernünftiger nimmt jene an. Selbst unter den Heiden waren nur diejenigen, welche die Lust als höchsten und letzten S. 272 Lebenszweck erklärten, Anhänger der Lehre vom Fatum; während dagegen die für die Tugend Begeisterten sie als unvernünftig verwarfen. Wenn aber die Verhältnisse schon bei den Heiden so lagen, so ist es noch weit mehr der Fall bei der Lehre von der Auferstehung. — Beachten wir aber, wie der Teufel zwei entgegengesetzte Ziele vorbereitete! Damit wir nämlich die Tugend vernachlässigten, ......6; und damit wir den Dämonen dienten, brachte er den Wahn vom blinden Zwange des Verhängnisses auf; und durch jedes der beiden suchte er zu beiden zu verleiten. — Wie wird sich also derjenige rechtfertigen können, der an einer so großartigen Wahrheit zweifelt und jenen hohlen Schwätzern Glauben schenkt? Trage dich daher nicht mit dem falschen Troste, es werde dir alles verziehen werden! Halten wir vielmehr fest zusammen, ermuntern wir uns (gegenseitig) zur Tugend und führen wir in Wahrheit ein Gott geweihtes Leben in Christus, unserm Herrn, mit welchem dem Vater gleichwie dem Heiligen Geiste Herrlichkeit, Macht und Ehre sei, jetzt und allezeit und in alle Ewigkeit. Amen.


  1. Vgl. Ps. 32, 15. ↩

  2. Vgl. Ps. 93, 11. ↩

  3. Hebr. 4, 12. ↩

  4. Ps. 10, 5 (9, 26). ↩

  5. 1 Kor. 15, 32. ↩

  6. Der überlieferte Text weist hier eine offenbare Lücke auf; mit Hilfe des Vorausgegangenen fällt es nicht schwer, das Fehlende zu ergänzen. ↩

pattern
  Print   Report an error
  • Show the text
  • Bibliographic Reference
  • Scans for this version
Download
  • docxDOCX (174.63 kB)
  • epubEPUB (156.47 kB)
  • pdfPDF (602.60 kB)
  • rtfRTF (477.51 kB)
Translations of this Work
Commentaire sur l'épître aux Colossiens Compare
Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Kolosser (BKV)
Commentaries for this Work
Einleitung

Contents

Faculty of Theology, Patristics and History of the Early Church
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Imprint
Privacy policy