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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ad Colossenses commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Kolosser (BKV)
Achte Homilie. *Kol. III, 5—15.*

3.

Der Friede Gottes, das ist der feste und dauerhafte Friede. Der Friede, dessen du dich durch menschliche Vermittlung erfreust, wird leicht zerstört; nicht so der Friede, den du durch Gott erhältst. Wiewohl Paulus im allgemeinen von der Liebe gesprochen hat, so geht er doch wieder auf das Einzelne ein. Denn es gibt auch eine Liebe ohne Maß und Ziel, wie wenn z. B. jemand aus lauter Liebe unverdiente Vorwürfe macht, in einem fort hadert und sich abstoßend benimmt. Nein, sagt er, das will ich nicht: nicht übervollkommen1, sondern wie Gott mit euch Frieden gemacht hat, so sollt auch ihr es machen. Wie hat er (Frieden) gemacht? Aus eigenem Antriebe, ohne jede Leistung von eurer Seite. — Was heißt: „Der Friede Gottes schiedsrichte in euren Herzen“? Wenn zwei Gedanken in dir streiten, so laß nicht den Zorn, nicht den kränkenden Hohn den Kampfpreis davon tragen, sondern den Frieden! Angenommen, es sei jemand beleidigt worden; infolge des Schimpfes machen sich zwei verschiedene Regungen in ihm geltend: die eine fordert zur Rache, die andere zur Ertragung auf, und beide ringen miteinander. Wenn der Friede Gottes zwischen ihnen als Schiedsrichter waltet, so erkennt er dem Gedanken, der das Ertragen ver- S. 348 langt, den Kampfpreis zu und läßt den andern beschämt abziehen. Wie? Indem er lebhaft vor Augen führt, daß Gott ein Gott des Friedens ist und mit uns Frieden haben wollte. Nicht nur so oben hin gibt er zu verstehen, daß die Sache großen Kampf koste. Nicht Zorn, sagt er, nicht Rechthaberei, nicht menschlicher Friede soll schiedsrichten! Denn der menschliche Friede kommt dadurch zustande, daß man sich rächt, daß man nichts Schlimmes erträgt. Aber nicht diesen will ich, sagt er, sondern jenen, den Christus selbst hinterlassen hat. In der Innenwelt unseres Denkens hat er so eine Rennbahn, einen Wettkampf, gegenseitiges Ringen um den Preis und einen Schiedsrichter geschaffen. — Darauf folgt wieder ein Beweggrund. Er sagt: „zu welchem ihr berufen seid“, d. h. um dessentwillen ihr berufen seid. Er erinnert an all die Segnungen, die wir dem Frieden verdanken. Um des Friedens willen hat Gott dich berufen, zum Frieden hat er dich berufen, auf daß du den verdienten Kampfpreis empfangest. Denn warum hat er uns zu einem Leibe gemacht? Nicht, damit Friede herrsche? Nicht, damit wir zur Bewahrung des Friedens veranlaßt werden? Warum bilden wir alle einen Leib? Und wie bilden wir einen Leib? Wegen des Friedens sind wir ein Leib; und weil wir ein Leib sind, leben wir in Frieden. — Warum sagte er aber nicht: Der Friede Gottes obsiege, sondern „schiedsrichte“? Er wollte ihn dadurch noch sicherer machen. Er gestattet dem schlimmen Rachegedanken nicht, wider denselben anzukämpfen, sondern läßt ihn unterliegen. Und schon die bloße Erwähnung des Kampfpreises2 erhebt den Zuhörer. Wenn er nämlich dem guten Gedanken den Kampfpreis zuerkennt, dann mag der böse sich noch so schamlos gebärden — es nützt ihm nichts. Übrigens ist diesem von vorne herein klar, daß er trotz aller Bemühungen den Kampfpreis nicht erringen könne; so sehr er auch schnauben, so hitzig er auch angreifen mag, er muß die Anstrengung als sinnlos aufgeben. — S. 349 Treffend setzt der Apostel hinzu: „Und seid dankbar!“ Denn das heißt dankbar sein — und es ist dies gar sehr geeignet, uns zur Einsicht zu bringen —, wenn wir uns gegen unsere Mitknechte ebenso benehmen wie Gott gegen uns, wenn wir der Herrschaft uns fügen, wenn wir gehorchen, wenn wir für alles Dank sagen, sollte man uns auch rücksichtslos behandeln, sollte man uns sogar schlagen. Wer Gott Dank sagt, wird sich für die erlittenen Beleidigungen sicherlich nicht rächen; denn wer sich rächt, sagt nicht Dank. Laßt uns ja nicht jenen Knecht nachahmen, der die hundert Denare einforderte, damit wir nicht die Anrede hören müssen: „Du böser Knecht3!“ Denn nichts ist schlimmer als solche Undankbarkeit. Diejenigen also, die sich rächen, sind undankbar. — Aus welchem Grunde aber kam der Apostel zuerst auf die Unzucht zu sprechen? Denn nach den Worten: „Ertötet eure Glieder, die auf Erden sind“, fährt er sogleich fort: „die Unzucht“; und das tut er fast überall. Weil diese Leidenschaft die am meisten herrschende ist. Denn auch im Briefe an die Thessaloniker machte er es so. Und was Wunder, da er ja sogar dem Timotheus die Mahnung erteilt: „Dich selbst bewahre rein4!“ Und anderswo wiederum heißt es: „strebet nach Frieden mit allen und nach Heiligung, ohne welche keiner Gott schauen wird5.“ — „Ertötet eure Glieder“, sagt er. Ihr wisset, wie das Tote beschaffen ist: ekelhaft, abscheulichen Geruch verbreitend, in Zersetzung begriffen. Wenn du sie (er)tötest, so bleiben sie nicht tot, sondern gehen sofort in Verwesung über wie der Leichnam. Ersticke also die Glut, und nichts Totes bleibt. Paulus zeigt, daß der Gläubige dasselbe tun soll, was Christus bei der Taufe getan hat. Deshalb bedient er sich auch des Ausdrucks „Glieder“, um ihn gleichsam als einen Helden darzustellen und seiner Aufforderung größeren Nachdruck zu verleihen. — Treffend sagt er von diesen Gliedern: „die auf Erden sind“; denn sie bleiben hienieden und vergehen hienieden, weit mehr S. 350 noch als die Glieder des Leibes. Demnach ist die Sünde in viel höherem Grade noch irdisch, als der von der Erde genommene Leib. Während dieser nämlich nicht selten sogar schön aussieht, ist es bei jenen Gliedern nie und nimmer der Fall. Dieselben sind voll Begierde nach allem Irdischen. Wenn das Auge so beschaffen ist, dann ist es blind für das Himmlische; desgleichen das Gehör, die Hand, irgendein beliebiges Glied. Das Auge schaut nur auf den Leib, auf Schönheit und Vermögen, lauter irdische Dinge; daran weidet es sich. Das Gehör ergötzt sich an weichlichem Gesange, an Zither- und Flötenspiel, am Zotenreißen. Das alles aber ist rein irdisch. — Nachdem er ihnen nun ihren Platz in des Himmels Höhen an Gottes Throne angewiesen hat, da ruft er ihnen zu; „Ertötet eure Glieder, die auf der Erde sind!“ Denn dort oben könnt ihr nicht weilen mit diesen Gliedern; dort gibt es nichts, wozu ihr sie verwenden könntet. Auch ist dieser Lehm6 schlimmer als jener7. Jener Lehm nämlich wird in Gold verwandelt — „denn dieses Verwesliche“, sagt der Apostel, „muß anziehen die Unverweslichkeit8“ —, dieser Lehm aber kann nicht mehr umgeschmolzen werden. Folglich sind diese Glieder in höherem Grade „auf der Erde“, als jene. Deswegen heißt es von ihnen nicht: von der Erde, sondern; „die auf der Erde sind“; denn jene können möglicher Weise nicht auf der Erde sein. Diese Glieder nämlich müssen notwendig auf der Erde sein; jene dagegen müssen das nicht mehr. Wenn das Ohr auf nichts Irdisches hört, sondern nur den himmlischen Gesprächen lauscht; wenn das Auge nichts Irdisches betrachtet, sondern nur die himmlischen Dinge schaut, so ist es nicht „auf der Erde“. Wenn der Mund keine irdischen Reden führt, so ist er nicht „auf der Erde“. Wenn die Hand nichts Böses tut, so gehört diese Handlungsweise nicht der Erde, sondern dem Himmel zu.


  1. nämlich: soll eure Liebe sein. ↩

  2. Das Wortspiel mit βραβεύω und βραβεῖον, das sich durch diesen ganzen Abschnitt hindurchzieht, kann in der Übersetzung nicht zur vollen Geltung gebracht werden. ↩

  3. Matth. 18, 32. ↩

  4. 1 Tim. 5, 22. ↩

  5. Hebr. 12, 14. ↩

  6. d. h. der Leib der Sünde. ↩

  7. d. h. der wirkliche Leib. ↩

  8. 1 Kor. 15, 53. ↩

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