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Works John Chrysostom (344-407) Homilien über den I. Thessalonicher-Brief (BKV)
Achte Homilie.

8.

Jetzt wollen wir zu solchen Thatsachen übergehen, die nicht in der heiligen Schrift stehen, sondern im gewöhnlichen Leben vorkommen; denn für diese Wahrheit müssen wir die Beweise überallher nehmen, damit wir nicht in vermessener Selbsttäuschung ins Verderben stürzen. Wie Viele gibt es, die körperlich verkrüppelt sind, die von dem schwersten Leiden heimgesucht sind, während es Andern ganz gut geht! Warum müssen die Einen für ihre Mordthaten büßen, die Andern nicht? Höre die Worte des hl. Paulus: „Einiger Sünden sind schon bekannt und gehen ihnen voraus zum Gerichte, Andern folgen sie erst nach.“1 Wie viele Mörder sind schon ihrer Strafe entgangen! Wie viele Grabesschänder! Doch, lassen wir Das! Wie viele S. 675 Menschen stehst du nicht schmachten unter der Last schwerer Heimsuchung! Die Einen leiden an einer schweren Krankheit; die Andern seufzen unter schrecklichen Folterqualen, wieder Andere unter sonstigen unbeschreiblichen Leiden. Wenn du nun siehst, daß Einer das Nämliche wie Jene verbrochen hat, oder sogar noch ärgeres, und hienieden ungestraft bleibt, wirst du dann nicht, wenn auch ungern, an an eine Vergeltung im Jenseits glauben müssen? Blicke auf Diejenigen, welche mit härteren Strafen heimgesucht wurden als du, bedenke, daß Gott richtet ohne Ansehen der Person, erinnere dich, daß du unzählige Sünden begangen hast, und daß dir noch nichts Schlimmes widerfahren ist, und du wirst an die Hölle glauben!

Diese Wahrheit hat Gott den Menschen so tief in die Seele gepflanzt, daß sie nie Jemand ganz unbekannt war. Die Dichter, die Philosophen, die Mythensänger, kurz alle Menschen haben eine zukünftige Vergeltung angenommen und behauptet, daß im Hades viele Menschen Strafe erduldeten. Mag letzteres Mythe sein, unsere Lehre ist keine. Ich habe euch diese Lehre von der Hölle nicht vorgetragen in der Absicht, euch zu erschrecken, euch zu betrüben, sondern um euch frömmer und tugendhafter zu machen. Auch ich wünschte, daß es keine Hölle gebe, ich am meisten. Warum? Ein Jeder von euch hat nur für seine eigene Seele zu fürchten und zu sorgen; ich aber muß auch über mein Vorsteheramt Rechenschaft ablegen, und darum kann ich am wenigsten unter Allen der Bestrafung entrinnen. Ich wünschte also auch, daß keine Hölle sei, aber es muß eine Bestrafung, eine Hölle geben, es ist nicht anders möglich.

Aber da wendet mir schon wieder Einer ein: „Wo ist Gottes Barmherzigkeit?“ Überall ist sie. Doch davon will ich zu einer andern Zeit sprechen, damit nicht der Unterricht von der Hölle verwirrt werde und der Gewinn, den wir aus diesem Unterrichte gezogen haben, sich nicht ver- S. 676 flüchtige. Denn sonder Zweifel ist es ein großer Gewinn, wenn ihr eine feste Überzeugung von der Existenz der Hölle gewonnen habt. Denn die Erinnerung an diese Wahrheit ist, wenn wir sie uns unauslöschlich eingeprägt haben, gleich einem wenn auch bitteren Arzneimittel im Stande, jegliche Sünde in uns zu vertilgen.

Und so wenden wir denn dieses Arzneimittel an, damit wir uns ein reines Herz bewahren und dereinst gewürdigt werden, zu schauen, was noch kein Auge gesehen, kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gedrungen ist. Dessen mögen wir theilhaftig werden durch die Gnade und Erbarmung unsers Herrn Jesu Christi, welchem mit dem Vater und dem hl. Geiste Ehre, Ruhm und Herrlichkeit sei jetzt und allezeit und in alle Ewigkeit! Amen.

S. 677


  1. I. Tim. 5, 24. ↩

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Commentaire sur la première épitre aux Thessaloniciens Compare
Homilien über den I. Thessalonicher-Brief (BKV)

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