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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam i ad Timotheum argumentum et homiliae 1-18 Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)
Fünfzehnte Homilie.

IV.

Höre, was Salomon spricht, der die Dinge dieser Welt aus Erfahrung kannte! „Ich habe mir Häuser gebaut,“ sagt er, „Gärten, Parke und Weinberge gepflanzt, ich hatte Wasserteiche, hatte Gold und Silber, verschaffte mir Sänger und Sängerinen, Schafe und Rinderheerden.“1 Niemand huldigte so sehr dem Lebensgenuß. Niemand war so berühmt, Niemand so weise, Niemand trug eine so glänzende Krone, Niemandem ging Alles so sehr nach seinem Sinne. Nun, und was war es? Von all Dem hatte er gar Nichts. Im Gegentheil, was ruft er aus nach all diesen Genüssen? „O Eitelkeit der Eitelkeiten, Alles ist Eitelkeit.“ Nicht einfach Eitelkeit, nein, im Superlativ! Glauben wir ihm, ich bitt’ euch, dem erfahrenen Manne! Glauben wir ihm und wenden wir uns einem Gebiete zu, wo keine Eitelkeit, wo Wahrheit, wo Alles fest und beständig, wo Alles auf Felsen gegründet ist, wo es kein Altern, keine Vergänglichkeit gibt, wo Alles in ewiger Blüthe steht, wo Nichts altert, Nichts grau wird, Nichts schwindet! Suchen wir Gott, ich bitt’ euch, in ächter Weise, nicht aus Furcht vor der Hölle, sondern aus Sehnsucht nach dem Himmel. Denn sage doch, was kann ein größeres Glück sein, als Christum zu schauen? als die ewige Glückseligkeit zu genießen? Nichts, gar Nichts. Ganz natürlich! Denn „kein Auge hat es geschaut, kein Ohr hat es gehört, in keines Menschen Herz ist es gekommen, was Gott Denen bereitet hat, die ihn lieben.“2 Nach jenen Gütern wollen wir trachten, die irdischen verschmähen. Tausendmal beklagen wir uns über die letzteren und sagen, daß es gar Nichts ist mit dem menschlichen Dasein. Warum jagest du diesem Nichts nach? Warum mühst du dich ab für dieses Nichts? Gut, du siehst glänzende Paläste, und dieser Anblick berückt dich! Schaue doch sogleich zum Himmel empor, wende das Auge von diesen Steinen und Säulen zu S. 208 der Schönheit dort oben, und es wird dir Das da unten wie ein Werk von Ameisen und Mücken vorkommen! Wähle den Gesichtspunkt der Philosophie! Steig’ hinauf zum Himmel und von dort blicke herunter auf die glänzenden Paläste, und du wirst sehen, daß sie Nichts sind, ein Spielzeug für kleine Kinder! Weißt du nicht, um wie viel dünner, um wie viel leichter, um wie viel reiner und durchsichtiger die Luft ist, je weiter man in die Höhe steigt? Dort oben haben Diejenigen, welche Barmherzigkeit üben, ihre Häuser und Zelte. Die da unten zerfallen am Tage der Auferstehung in Staub, oder vielmehr schon vor der Auferstehung hat sie der Lauf der Zeit zerstört, weggewischt und vernichtet. Ja, früher als der Zahn der Zeit hat sie oftmals mitten in ihrer Frische und Pracht ein Erdbeben hinweggefegt, oder es hat ein Brand die ganze Herrlichkeit geschwärzt. Nicht bloß im menschlichen Leben nämlich, sondern auch bei Gebäuden gibt es einen vorzeitigen Tod. Und oft sind Bauwerke, die mit der Zeit morsch geworden, bei einer Erderschütterung unversehrt stehen geblieben; leuchtende, festgegründete Neubaue dagegen sind bei einem bloßen Donnerschlag eingestürzt und zu Grunde gegangen, und zwar, glaub’ ich, auf Veranstaltung Gottes, damit wir in unsere Häuser keinen großen Stolz setzen. Willst du aber dennoch einen Trost in deiner Armuth? Nun, so begib dich in die öffentlichen Gebäude, an denen du den gleichen Besitzantheil hast wie andere. Gewiß, es gibt kein Haus, und wenn es noch so prächtig ist, das prächtiger als die öffentlichen Gebäude. Halte dich dort auf, so lange du magst. Sie sind dein Eigenthum, gemeinsames Eigenthum mit Andern; sie sind Kommunal-, nicht Privatbesitz. „Aber Das macht mir keine Freude,“ heißt es. Ja, es macht dir keine Freude, erstens, weil du nicht an sie gewöhnt bist, zweitens aber aus Habsucht. Liegt das Erfreuende in der Habsucht und nicht in der Schönheit? Ist also die Habsucht deine Freude und der Wunsch, der einzige Eigenthümer von Allem zu werden?

S. 209 Wie lange noch heften wir uns an diese Dinge. Wie lange noch kleben wir an der Erde und kriechen gleich den Würmern im Kothe herum! Gott hat uns einen Leib von der Erde gegeben, damit wir auch ihn zum Himmel emportragen, nicht damit wir durch ihn auch noch die Seele zur Erde herabziehen. Er ist aus Erdenstoff, aber wenn ich will, wird er ein Gebilde aus himmlischem Stoffe. Man betrachte, welche Ehre Gott uns angethan hat, indem er uns mit einer solchen Aufgabe betraute! Ich, sagt er gleichsam, habe Himmel und Erde erschaffen; ich gebe auch dir Schöpferkraft, mache die Erde zum Himmel. Du kannst es ja! „Er ist’s, welcher Alles schafft und umwandelt,“ heißt es von Gott.3 Aber diese Gewalt hat er auch den Menschen verliehen. Er machte es wie ein liebender Vater, der nicht nur selber die Malerkunst übt, sondern auch sein Söhnchen diese Kunst treiben lassen will. Ich habe einen schönen Körper gemacht, sagt er. Ich gebe dir die schöpferische Gewalt für etwas Besseres. Mache eine schöne Seele! Ich habe gesagt: „Die Erde bringe grüne Kräuter hervor und Fruchtbäume jeglicher Art!“4 Sage auch du: „Diese Erde da soll ihre Frucht tragen,“ und es wird zum Vorschein kommen, was du auf ihr ziehen willst. Ich schaffe Sonnenschein und Nebel, ich lasse den Donner rollen und den Wind wehen, „ich habe den Drachen (d. h. den Teufel) gebildet, um mit ihm zu scherzen.“5 Auch dir habe ich solche Gewalt nicht versagt, spiele auch du mit ihm, wenn du willst; du kannst ihn ja anbinden wie einen Sperling. „Ich lasse die Sonne aufgehen über Böse und Gute.“ Ahme auch du mich nach! Theile von dem Deinigen den Guten und Bösen mit! Beleidigt man mich, so bin ich geduldig und erweise den Beleidigern Wohlthaten. Thue auch du so wie ich. Du kannst es ja! Ich erweise Wohlthaten nicht in der Voraussetzung einer Wiedervergeltung. S. 210 Thue es auch du und erweise nicht Wohlthaten auf Vergeltung und Rückzahlung! Ich habe Lichter am Himmel angezündet. Zünde auch du noch heller strahlende an, als diese sind! Du kannst es ja: sei eine Leuchte für die Verirrten. Es ist eine größere Wohlthat, daß man mich erkenne, als daß man die Sonne schaue. Einen Menschen kannst du nicht erschaffen, aber du kannst ihn gerecht und gottgefällig machen. Ich habe seine Existenz veranlaßt, du mußt seinen freien Willen zu einem schönen Gebilde machen. Siehe, wie ich dich liebe, und wie ich dir für größere Dinge Gewalt gegeben habe.

Sehet, Geliebte, wie sehr wir geehrt worden sind, und da gibt es thörichte und undankbare Leute, welche fragen: „Warum sind wir Herren unseres Willens?“ In all den Dingen, die ich aufgezählt habe, und in denen wir es Gott nachmachen können, wäre eine solche Nachahmung nicht möglich, wenn wir nicht einen freien Willen besäßen.

Ich herrsche über die Engel, spricht Gott; auch du kannst es durch den „Erstling“.6 Ich sitze auf dem Königsthrone; auch du sitzest darauf durch den „Erstling“. Er hat uns mit- auferweckt und uns versetzt zur Rechten des Vaters, heißt es in der Schrift.7 Vor dir liegen im Staube die Cherubim und die Seraphim, alle englischen Mächte, die Fürstenthümer, die Gewalten, die Thronen, die Herrschaften durch den „Erstling“. Schmähe nicht die Leiblichkeit, die solcher Ehren theilhaft wird und vor der die leiblosen Himmelsmächte beben. Aber was sage ich? (spricht Gott weiter.) Nicht bloß durch solche Dinge habe ich meine Liebe bewiesen, sondern auch durch Das, was ich S. 211 gelitten. Deinetwegen habe ich mich anspeien und in’s Angesicht schlagen lassen, deinetwegen habe ich mich meiner Herrlichkeit entledigt, habe den Vater verlassen und bin zu dir gekommen, zu dir, der mich haßte, der sich von mir abwendete und nicht einmal meinen Namen hören wollte. Ich verfolgte dich, lief dir nach, um dich festzuhalten. Ich habe dich mit mir verbunden und vereinigt. Iß mich, hab’ ich gerufen, trink’ mich! Oben im Himmel halte ich dich fest, unten auf Erden umschlinge ich dich. Genügt es dir nicht, daß ich oben deine Erstlingswürde inne habe? Weckt Das nicht deine Liebe? Und wiederum steige ich herab, und nicht in einfacher Weise hin ich mit dir geeint, nein, ich verflechte mich förmlich mit dir, ich lasse mich von dir kauen, in kleine Stücke zermalmen, damit die Vermischung, die Mengung und Einigung recht vollkommen sei. Wenn nämlich sonst sich Zwei vereinigen, so bleibt doch Jedes innere halb seiner Grenzen; ich aber will mit dir ganz verwebt sein, ich will nicht, daß zwischen uns noch Etwas liegt, ich will eine Einheit aus uns beiden.

Da wir nun Dieses wissen, da wir die große Fürsorge Gottes für uns kennen, so lasset uns Alles thun, was uns würdig machen kann seiner herrlichen Geschenke, deren wir alle theilhaftig werden mögen durch die Gnade und Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus, mit welchem dem Vater und dem heiligen Geiste sei Ruhm, Herrlichkeit und Ehre jetzt und allezeit und in alle Ewigkeit. Amen.

S. 212


  1. Pred. 2, 4—8. ↩

  2. I. Kor. 6, 9. ↩

  3. Amos 5, 8. ↩

  4. Gen. 1, 11. ↩

  5. Ps. 103, 26. ↩

  6. Διὰ τῆς ἀπαρχῆς. Der Redner spielt auf die Stelle I. Kor. 15, 20 an, wo Christus der „Erstling der Entschlafenen“ (ἀπαρχὴ τῶν κεκοιμημένων) heißt. ↩

  7. Ephes. 2, 6. ↩

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Commentaire sur la première épitre à Timothée Compare
Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)

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