• Home
  • Works
  • Introduction Guide Collaboration Sponsors / Collaborators Copyrights Contact Imprint
Bibliothek der Kirchenväter
Search
DE EN FR
Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ad hebraeos argumentum et homiliae 1-34 Homilien über den Brief an die Hebräer (BKV)
Zehnte Homilie.

IV.

Da wir Das hören, wollen wir, ich bitte euch, den Heiligen dienen; denn jeder Gläubige ist heilig, insofern er gläubig ist, und lebt er auch in der Welt, so ist er doch heilig. „Denn der ungläubige Mann,“ heißt es, „ist geheiligt durch das gläubige Weib, und das ungläubige Weib durch den gläubigen Mann.“1 Siehe, wie der Glaube die Heiligkeit wirkt! Wenn wir daher Jemanden in der Welt in Noth sehen, wollen wir ihm die Hand reichen und uns nicht nur um Diejenigen kümmern, die auf den Bergen wohnen; denn heilig sind Diese durch Wandel und S. 179 Glauben, heilig aber auch Jene durch ihren Glauben, oft auch durch ihren Wandel. Wenn wir einen Einsiedler im Gefängniß erblicken, sollen wir ihn besuchen, aber auch in dasselbe eintreten, wenn wir darin einen Weltlichen sehen; denn heilig ist auch Dieser und Bruder. Wie aber, wenn er unrein und lasterhaft ist? Höre, was Christus spricht: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.“2 Du handle aus Liebe zu Gott! Und was sage ich? Auch wenn wir einen Heiden im Unglücke sehen, sollen wir ihm Gutes thun, und überhaupt allen Unglücklichen ohne Unterschied helfen, besonders aber dem Gläubigen, der in der Welt lebt. Höre, was Paulus spricht: „Thut Gutes Allen, besonders aber den Glaubensgenossen!“3 Aber ich weiß nicht, woher Das gekommen und wie diese Gewohnheit herrschend geworden. Denn wer nur Diejenigen aufsucht, welche in Einöden leben, und nur Solchen Gutes thun will und Diese wieder ängstlich aussucht und spricht: Wenn er nicht würdig, wenn er nicht gerecht ist, wenn er nicht Zeichen thut, reiche ich ihm die Hand nicht: der hat den besten Theil des Almosens weggenommen und wird dieses selbst mit der Zeit wieder ganz aufheben; und doch ist auch Das Almosen, was man den Sündern und schuldbeladenen spendet; denn Almosen ist Das: nicht Derer, die Gerechtigkeit geübt, sondern der Sünder sich erbarmen. Und damit du dich davon überzeugest, höre, was Christus in der Parabel spricht. Es ging ein Mensch, heißt es, von Jerusalem nach Jericho und fiel unter Räuber, und nachdem sie ihn geschlagen hatten, ließen sie ihn mit seinen Wunden auf dem Wege halbtodt liegen. Zufällig kam ein Levit des Weges; er sah ihn und ging vorüber. Auf gleiche Weise machte es auch ein Priester und eilte vorbei. Zuletzt aber kam ein Samariter, und dieser machte sich große Sorge um ihn. Er verband seine S. 180 Wunden, goß Öl hinein, hob ihn auf den Esel, führte ihn in die Herberge und befahl dem Wirthe, für ihn zu sorgen. Und betrachte die große Freigebigkeit! Ich werde, sagte er, dir erstatten, was du ausgibst. Darnach fragt er: Wer scheint dir nun der Nächste von ihm gewesen zu sein? Und der Gesetzlehrer, welcher sprach: Derjenige, welcher an ihm Barmherzigkeit gethan hat, hörte die Antwort: „Gehe hin und thue deßgleichen!“4 Betrachte, welche Parabel er vortrug! Er sagte nicht, daß ein Jude gegen einen Samariter also gehandelt, sondern daß ein Samariter jene ganze Freigebigkeit an den Tag gelegt habe. Daraus lernen wir, daß wir für Alle gleichmäßig bedacht sein müssen und nicht nur für die Glaubensgenossen sorgen, sondern auch die Fremden nicht vernachlässigen sollen. So mache auch du es, wenn du siehst, daß Jemand leidet, und forsche nicht weiter nach; denn er hat ein Anrecht auf Hilfe, da er von Leiden heimgesucht ist! Denn wenn du einen Esel siehst, der dem Ersticken nahe ist, richtest du ihn auf und forschest nicht nach, wem er gehöre; um so mehr darf beim Menschen nicht untersucht werden, woher er ist; er gehört Gott an, sei er Heid’ oder Jude; wenn er auch ein Ungläubiger ist, - er bedarf der Hilfe. Wenn es dir befohlen wäre, zu forschen und zu urtheilen, dürftest du eine solche Sprache führen; nun aber läßt das Unglück eine solche Sprache nicht zu. Denn wenn es nicht nöthig ist, bezüglich der Gesunden zu untersuchen und sich um fremde Angelegenheiten zu kümmern, soll Dieß noch viel weniger bei Unglücklichen der Fall sein. Wie ist es aber, wenn sich die Sache anders verhält? Du sahest ihn wohl (einst) in Wohlstand und Ehren, weil du sagst: Er ist schlecht und verdorben? Nun ist er heimgesucht von Leiden. Wenn du aber einen Leidenden siehst, so sage nicht, daß er schlecht sei. Denn steht er hoch in Ehren, so sagen wir Das mit Recht; ist er aber im Unglück und der Hilfe bedürftig, so S. 181 ist es nicht nöthig, zu sagen, daß er böse ist, denn Das hieße grausam, unmenschlich und stolz sein. Was war ungerechter, sag’ an, als die Juden? Gott hat sie gestraft und zwar mit vollem Rechte gestraft; jedoch Diejenigen, die Mitleid mit ihnen hatten, nahm er auf, die sie aber verhöhnten, züchtigte er. „Sie kümmerten sich nicht,“ heißt es, „um den Schaden Josephs.“5 Und wieder: „Errette Diejenigen, die man zum Tode führt, spare nicht!“6 Er sagt nicht: Forsche nach und suche zu erfahren, wer er ist; obgleich die Meisten, die abgeführt werden, böse sind, so sagt er doch einfach: Errette, wer immer er sei! Das ist vorzugsweise ein Almosen; denn wer einem Freunde wohlthut, handelt nicht ausschließlich aus Liebe zu Gott; wer aber einem Unbekannten also begegnet, der thut es rein nur wegen Gott. Jener sagt: Spare (das Geld) nicht, sondern gib, selbst wenn du Alles ausleeren müßtest; wir aber, wenn wir Leute sehen, die hinschmachten, die Thränen vergießen, die Leiden und oft ungerechte Leiden, welche härter als tausendfacher Tod sind, ertragen, - schonen das Geld, schonen aber nicht unsere Brüder. Für leblose Dinge tragen wir Sorge, die Seele aber vernachlässigen wir. Und doch befiehlt Paulus, „mit Milde zurechtzuweisen Diejenigen, welche der Wahrheit widerstreben; vielleicht,“ sagt er, „daß Gott ihnen Buße verleiht, die Wahrheit zu erkennen, und sie wieder aus der Schlinge des Teufels zu sich kommen, von dem sie gefangen gehalten werden nach seinem Willen.“7 Vielleicht sagt er. Siehst du, welche Fülle von Geduld diese Worte enthalten! Wenn wir ihm nachahmen, werden wir an Niemanden verzweifeln; denn auch die Fischer werfen das Netz oft in’s Meer, ohne Etwas zu fangen; später werfen sie dasselbe wieder aus, und sie haben die Menge. So verlieren auch wir die Hoffnung S. 182 nicht, sondern vertrauen, daß ihr uns die reife Frucht beisammen zeigen werdet. Denn auch der Landmann, wenn er säet, wartet den ersten Tag und den zweiten und geduldet sich längere Zeit; dann aber sieht er nach allen Seiten die sprossende Frucht. Daß Dieß auch bei euch der Fall sein möge, hoffen wir durch die Gnade und Menschenfreundlichkeit unseres Herrn Jesus Christus, welchem mit dem Vater und dem heiligen Geiste sei Ruhm, Macht und Ehre jetzt und alle Zeit und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. S. 183


  1. 1 Kor 7,14 ↩

  2. Mt 7,1 ↩

  3. Gal 6,10 ↩

  4. Lk 10,30ff ↩

  5. Am 6,6; d.h. um das Verderben des israelitischen Staates und den kommenden Untergang ↩

  6. Spr 24,11 ↩

  7. 2 Tim 2,25.26 ↩

pattern
  Print   Report an error
  • Show the text
  • Bibliographic Reference
  • Scans for this version
Download
  • docxDOCX (346.53 kB)
  • epubEPUB (314.69 kB)
  • pdfPDF (1.24 MB)
  • rtfRTF (1.00 MB)
Translations of this Work
Commentaire de Saint Jean Chrysostome sur l'épître de Saint Paul aux Hébreux Compare
Homilien über den Brief an die Hebräer (BKV)
Commentaries for this Work
Einleitung: Homilien über den Brief an die Hebräer

Contents

Faculty of Theology, Patristics and History of the Early Church
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Imprint
Privacy policy