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Von den göttlichen Namen (Edith Stein)
1.
Die Heilige Schrift rühmt von der Güte an sich selbst, daß sie das ganze göttliche Wesen bestimmt und erklärt habe, was es eigentlich sei. Denn was anderes ist aus der heiligen Theologie zu lernen, wenn sie sagt, Gott selbst habe sich bezeichnet mit den Worten: Was fragst du mich über das Gute? Niemand ist gut als Gott allein? Dies nun ist auch an anderen Stellen von uns ausführlich gezeigt worden, daß alle göttlichen, Gott geziemenden Namen nicht von einem Teil, sondern von der ganzen, vollkommenen, unversehrten, vollen Gottheit durch die Heilige Schrift gepriesen werden und daß sie alle ungeteilt, uneingeschränkt, ohne Beobachtung eines Unterschiedes auf die Gesamtheit der ganz vollkommenen und vollständigen Gottheit bezogen werden. Denn, wie wir in den Theologischen Grundlinien erwähnt haben, wenn jemand behaupten wollte, dies sei nicht von der ganzen Gottheit gesagt, so würde er lästern und es wagen, die Einheit über alle Einheit zu spalten. Wir müssen also sagen, daß dies von der ganzen Gottheit zu verstehen sei; denn auch das Ewige Wort, das von Natur aus gut ist, sagt: Ich bin gut, und ein Prophet rühmt, von Gott begeistert, den Geist als den guten. Und ferner: Die nicht zugeben wollen, daß jenes Wort: Ich bin der Ich bin von der ganzen Gottheit gesprochen sei, sondern nur einen abgegrenzten Teil betreffe, wie werden sie jenes andere Wort verstehen: Dies spricht, Der ist, der war und der kommen wird, der Allmächtige; und ferner: Du selbst aber bist Derselbe, und jenes: Der Geist der Wahrheit, der ist, der vom Vater ausgeht? Und wenn sie leugnen, daß die ganze Gottheit Leben sei, wie kann dann jenes heilige Wort wahr sein: Wie der Vater Tote auferweckt und belebt, so belebt auch der Sohn, die Er will; und jenes: Der Geist ist es, der belebt? Daß auch die Herrschaft über die ganze Welt die ganze Gottheit innehat, das darf nicht von dem Gott, der Gott zeugt, oder von dem Sohn ausgesagt werden, wie ich glaube, da so oft in der Heiligen Schrift der Vater und der Sohn als Herr gepriesen wird; aber auch der Geist ist Herr. Schön und weise wird also von der ganzen Gottheit ausgesagt, sowie auch Licht und Ursache und das Vergöttlichende, und was immer sonst noch die ganze Gottheit betrifft, verwendet die Heilige Schrift für das gesamte Gotteslob; zusammenfassend, wenn sie sagt: Alles ist aus Gott; unterscheidend, wenn es heißt: Alles ist durch Ihn und in Ihm gemacht worden; und in Ihm hat alles Bestand und Zusammenhang; und: Du wirst Deinen Geist aussenden, und es wird erschaffen werden. Und, wie man zusammenfassend sagen könnte, sagt das Göttliche Wort selbst: Ich und der Vater sind Eins; und was immer der Vater hat, ist mein, und all das Meine ist Dein und all das Deine ist mein. Und wiederum schreibt Er alles, was Ihm und dem Vater eigen ist, dem göttlichen Geist in Gemeinschaft und Vereinigung zu, das Wirken Gottes, die Verehrung, die sprudelnde, nie versagende Ursache und die Verteilung der dem Guten geziemenden Gaben. Und niemand von denen, glaube ich, die in der Heiligen Schrift mit unverwirrten Begriffen geforscht haben, wird bestreiten, daß alles, was Gott im vollen Sinn der Gottheit zukommt, der ganzen Gottheit eigen ist. Da wir dies nun in der vorliegenden Schrift in Kürze und teilweise, anderswo aber aus der Heiligen Schrift ausreichend bewiesen und unterscheidend dargelegt haben, müssen wir glauben, daß jeder vollständige Gottesname, dessen Erklärung wir in Angriff nehmen, auf die ganze Gottheit bezogen ist.
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Schriften über "Göttliche Namen" (BKV)
§ 1.
Von den (heiligen) Schriften wird die urgöttliche Güte gepriesen, daß sie bestimmt und erklärt hat, was die ganze urgöttliche Wesenheit ist. Denn was anders als dies ist aus der Offenbarung zu ersehen, wenn sie sagt: „Was fragst du mich über das Gute? Niemand ist gut als Gott allein.“1 Das nun ist schon an anderer Stelle von uns untersucht und erwiesen worden, daß alle gottgeziemenden göttlichen Namen nicht in geteiltem Sinne, sondern von der ganzen und vollen Gottheit nach ihrem ganzen und vollen Wesen durch die (heiligen) Schriften ausgesagt und daß sie alle ohne Teilung, absolut, ohne Vorbehalt im ganzen Umfang der vollen Totalität der Gottheit nach ihrem ganzen und vollen Wesen beigelegt werden. Und wenn nun, wie wir in den „Theologischen Grundlinien“ erinnert haben, einer behaupten wollte, das sei nicht von der ganzen Gottheit ausgesagt, so begeht er eine Blasphemie und wagt frevelhaft die übergeeinte Einheit zu zerspalten.2 Wir müssen also zeigen, daß das von der ganzen Gottheit zu verstehen ist. Denn der von Natur gute Logos selbst ist es, der sagte: „Ich bin gut",3 und einer der gottbegeisterten Propheten feiert den Heiligen Geist (Pneuma) als den „Guten“.4 Und wiederum, wenn man sagen wollte, das Wort: „Ich bin S. 33 der Seiende“5 werde nicht von der ganzen Gottheit ausgesagt, und man versuchen wollte, es auf eine Beziehung einzuschränken, wie wird man folgende Worte anhören: „Dieses spricht, der da ist, der war, der kommen wird, der Allmächtige“,6 und jene anderen: „Du aber bist ebenderselbe“7 und: „Der Geist der Wahrheit, der da ist, der vom Vater ausgeht?“8 Und wenn man nicht zugeben will, daß die ganze Urgottheit Leben ist, wie bleibt dann das heilige Wort wahr, das sagt: „Gleichwie der Vater die Toten auferweckt und lebendig macht, so macht auch der Sohn lebendig, welche er will“9 und: „Der Geist ist es, der lebendig macht“?10 Und weil ja die ganze Gottheit auch die Herrschaft über das All innehat, so kann doch, wie ich glaube, in Hinsicht auf die gottzeugende Gottheit oder die Gottheit des Sohnes gar nicht gesagt werden, an wie vielen Stellen der Offenbarung vom Vater und vom Sohne der Name Herr ganz gemeiniglich gebraucht wird. Aber auch der (Heilige) Geist (Pneuma) ist Herr. Weiterhin wird das Wort „schön“ und „weise“ von der ganzen Gottheit ausgesagt, ferner die Worte „Licht“ und „Vergöttlichung“ und „Ursache“, und überhaupt alles, was der ganzen Urgottheit zugehört, wird von den heiligen Schriften zu jeglichem Lobpreis der einen Urgottheit ausgesagt. In zusammenfassender Form geschieht das, wenn sie z. B. sagen: „Alles ist aus Gott“,11 in ausführlicher Rede dagegen, wenn sie z. B. sprechen: „Alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen“,12 und: „Alles hat in ihm Bestand“,13 und: „Du wirst deinen Geist aussenden, und sie S. 34 werden geschaffen werden.“14 Und um abschließend zu sprechen, so sagt der urgöttliche Logos selbst: „Ich und der Vater sind eins“,15 und: „Alles, was der Vater hat, ist mein“16 und: „All das Meine ist dein, und das Deinige ist mein.“17 Alles hinwieder, was dem Vater und ihm (dem Logos) gehört, das schreibt die Schrift auch dem urgöttlichen Geiste nach gemeinschaftlicher und geeinter Weise zu: die göttlichen Wirkungen, die Verehrung, die quellenhafte und unversiegbare Ursache und die Verteilung der guten Gaben. Und ich denke, keiner von den Männern, welche in den heiligen Schriften mit unverfälschten Anschauungen aufgenährt worden sind, wird dagegen Widerspruch erheben, daß alles, was gottgeziemend ist, auch gemäß dem göttlich vollkommenen Worte der ganzen Urgottheit zukommt. Nachdem wir nun dieses hier kurz und teilweise, anderen Ortes aber ausgiebig aus den heiligen Schriften erwiesen und unterschieden haben, so halten wir daran fest, daß jeglicher Gottesname, welchen immer wir zu erklären unternehmen wollen, von der ganzen Gottheit zu verstehen ist.18
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Matth. 19, 17 εἷς ἐστιν ὁ ἀγαθός. ↩
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τὴν ὑπερηνωμένην ἑνάδα ἀποσχίζειν. ↩
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Matth. 20, 15. ↩
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Ps. 142, 10. ↩
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Exod. 3, 14. ↩
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Offenb. 1, 4. ↩
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Ps. 101, 28. ↩
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Joh. 15, 26. ↩
-
Joh. 15, 21. ↩
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Ebd. 6, 64. ↩
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1 Kor. 11, 12. ↩
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Joh. 1, 3. ↩
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Röm. 11, 36. ↩
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Ps. 103, 30. ↩
-
Joh. 10, 30. ↩
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Ebd. 16, 15. ↩
-
Ebd. 17, 10. ↩
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Dionysius hat hier und in den folgenden Paragraphen der Sache nach die Attribute des göttlichen Seins und der göttlichen Wirksamkeit korrekt als attributa essentialia allen drei Personen gemeinsam zugeschrieben und unterscheidet dann von ihnen die attributa relativa. ↩