1.
Und zuerst wollen wir, wenn es so gut dünkt, den Namen Gut betrachten, der alle Hervorgänge Gottes offenbart, zuvor aber die alles Gute hervorbringende und überragende Dreifaltigkeit anrufen, die das ganze gütige Walten ihrer Vorsehung erklärt. Man muß nämlich erst durch Gebete sich zu ihr als dem Ursprung des Guten hinführen lassen und sich dann selbst ihr noch mehr nähern, um sich über die vortrefflichsten Gaben belehren zu lassen, die sich bei ihr finden. Denn sie selbst ist bei allem, aber es ist nicht alles bei ihr. Sondern wenn wir sie mit heiligen Bitten, mit ruhigem und zur göttlichen Vereinigung bereitetem Geist anflehen, dann erst sind auch wir bei ihr. Denn sie selbst ist nicht so an einem Ort, daß sie irgendwo nicht wäre und von einem zum andern wanderte. Ja, wenn man sagt, daß sie in allen Dingen sei, so bleibt das noch zurück hinter ihrer Unendlichkeit, die, alles umfassend, alles überragt. Wir wollen uns also durch Gebete für ein erhabeneres Aufsteigen zu den göttlichen und gütigen Strahlen bereiten: so wie wenn wir eine leuchtende Kette, die vom höchsten Himmel bis zu uns herabgelassen wäre, mit den abwechselnd ausgestreckten Händen beständig an uns reißen würden: Es würde so scheinen, als ob wir sie selbst an uns zögen; in Wahrheit aber würden nicht wir sie herabziehen, da sie ja oben und unten wäre, sondern würden vielmehr zu dem erhabenen Glanz ihrer leuchtenden Strahlen höher emporgehoben. Oder wenn wir in ein Schiff gestiegen wären und uns an den Seilen hielten, die man uns von einem Felsen zu unserer Hilfe zuwürfe, dann würden nicht wir den Felsen zu uns hinüberziehen, sondern in Wahrheit uns selbst und das Schiff zu den Felsen. Wiederum: Wenn jemand, der auf einem Schiff steht, gegen einen Felsen im Meer antreibt, wird er den festen und unbeweglichen Felsen durchaus nicht von der Stelle rücken, sondern wird sich selbst von ihm abstoßen; und je heftiger er dagegen antreibt, desto weiter wird er von ihm entfernt werden. Deshalb müssen wir vor allem gerade bei der Theologie mit Gebet beginnen, nicht um die überall und nirgends gegenwärtige Kraft an uns zu ziehen, sondern um uns selbst durch das Gedenken und die Anrufung Gottes Ihm hinzugeben und mit Ihm zu vereinigen.