38. Von der Verfolgung der Rechtgläubigen in Spanien
Eine große Verfolgung kam in diesem Jahre über die rechtgläubigen Christen(2) in Spanien. Biele wurden in die Verbannung geschickt, ihrer Habe beraubt, dem Hunger preis-gegeben, in das Gefängnis geworfen, durch Geißelung und mannigfache Todesqualen hingeopfert. Die Hauptveranlassung zu diesen Schandtaten war Goisuenth(3), die nach ihrer ersten Ehe mit König Athanagild dem König Leuvigild(4) sich vermählt hatte. Wer da sie die Diener Gottes beschimpfte und erniedrigte, geriet auch sie durch Gottes Strafgericht vor allem Volke in Schmach und Schande. Denn ein weißer Schleier verdunkelte ihr ein Auge und nahm das Licht, das ihr Geist nicht hatte, auch von ihren Augenlidern.
Es hatte aber König Leuvigild von einer ändern Ge- S. 74 mahlin zwei Söhne(1), von denen der ältere mit einer Tochter König Sigiberts, der jüngere mit einer Tochter König Chilperichs(2) verlobt war. Jngunde, die Tochter König Sigiberts, wurde daher mit großem Gefolge nach Spanien geschickt und von ihrer Großmutter Goisuenth mit großem Jubel empfangen. Aber sie ließ sie nicht lange in dem wahren Glauben ungestört beharren, sondern fing an, sie mit schmeichlerischen Reden zu verlocken, sich nach der arianischen Ketzerei abermals taufen zu lassen. Jene widerstand jedoch tapfer und sprach: „Es ist genug, daß ich von der Erbsünde einmal durch die Taufe rein gewaschen bin und die heilige Dreieinigkeit als Eines und gleichen Wesens bekannt habe. Dies glaube ich, so bekenne ich von ganzem Herzen, und niemals werde ich von diesem Glauben weichen." Da jene solches hörte, wurde sie von der Hitze des Jähzorns befallen, ergriff das Mädchen bei den Haaren, riß sie auf die Erde, und trat sie so lange mit Füßen, bis Blut rann, dann ließ sie sie ausziehen und in einen Fischteich tauchen. Aber sie wurde, wie man versichert, niemals in ihrem Herzen an unserm Glauben irre.
Leuvigild gab darauf ihr und ihrem Gemahle Hermenegild eine von seinen Städten(3), in der sie Hof hielten und herrschten. Als sie sich nun dahin begeben hatten, sing Jngunde an, ihren Gemahl zu überreden, daß er von der trügerischen Lehre der Ketzerei lasse und den wahren Glauben erkenne. Er S. 75 widerstrebte lange, neigte sich aber endlich ihrer Lehre zu, bekehrte sich zu dem! wahren Glauben1 und empfing, als er das Chrisma2 erhielt, den Namen Johannes. Als Leuvigild dies vernahm, fing er an darauf zu sinnen, wie er seinen Sohn verderbe. Dieser wandte sich aber, als er die Absichten des Vaters merkte, auf die Seite des Kaisers und verband sich mit dessen Feldherrn, der damals Spanien bekriegte3 Da sandte Leuvigild Boten an seinen Sohn und sprach: „Komm zu mir, denn wir haben miteinander zu verhandeln." Jener antwortete aber: „Mit nichten werde ich kommen, denn du bist mir feind, weil ich rechtgläubig bin." Hierauf bestach der König den Feldherrn des Kaisers Mit 30,000 Goldgulden, daß er seinem Sohne nicht zu Hilfe kommen solle, brach mit seinem Heere auf und zog gegen ihn. Hermenegild rief aber die Griechen zu Hilfe und zog seinem Vater entgegen, seine Gemahlin ließ er jedoch in der Stadt zurück. Und als Leuvigild Hermenegild angriff, wurde dieser von seinen Hilfstruppen verlassen und sah bald, daß er nichts würde ausrichten können. Da flüchtete er in eine Kirche, welche in der Nähe lag und sprach: „O, daß doch mein Vater nicht über mich käme! Denn es ist nicht recht, daß der Vater vom Sohn oder der Sohn vom Vater getötet werde." Als Leuvigild solches S. 76 hörte, schickte er seinen Bruder(1) zu ihm; der schwor ihm einen Eid, daß ihm nichts Schimpfliches widerfahren solle, und sprach: „Gehe nur zum Vater und wirf dich ihm zu Füßen, er wird dir alles verzeihen." Da verlangte Hermenegild, man solle seinen Vater rufen, und als dieser kam, warf er sich ihm zu Füßen. Der Vater nahm ihn auf, küßte ihn, redete ihm mit freundlichen Worten zu und führte ihn in das Lager. Er achtete aber seines Eides nicht, denn er gab den Seinigen ein Zeichen, ließ ihn ergreifen, seiner Kleidung berauben und legte ihm schlechtes Gewand an(2). Als er nach Toledo zurückkehrte, nahm er ihm seine Diener und schickte ihn in die Verstrickung mit einem einzigen Diener(3)
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Die spanischen Quellen wissen nichts von dem Übertritt HermenegildS zum Katholizismus. Außer Gregor von Tours erwähnt ihn von Gleichzeitigen nur Gregor d. Gr. in seinen Dialogen III, 31, dem Paulus Diaconus III, 21 folgt. Der Papst beruft sich bezeichnenderweise aber nicht auf das Zeugnis seines Freundes Leander von Sevilla, der Hermenegild bekehrt haben sollte, sondern auf mündliche Berichte Reisender (siout nuiltorum, cjui ad Hispaniarunr partidus veniunt, relatione oo8novimu8). Trotz der Bemühungen, die F. Görres, Zeitschr. f. historische Theologie Xdlll (1873) 11 ff. unternimmt, den Bericht der beiden Gregore zu retten, wird man ihn als katholisches Tendenzmärchen fallen lassen müssen. ↩
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Vgl. B. IV. Kap. 27 (Bd. I. S. 215). ↩
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554 waren die Byzantiner, der Einladung einer gotischen Partei folgend, zu der namentlich die katholische Bevölkerung gehörte, im westgotischen Reiche gelandet. Sie behaupteten sich im Osten und Süden der spanischen Halbinsel bis 624; vgl. B. IV. Kap. 8 (Bd. I. S. 186 f.). ↩