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Bibliothek der Kirchenväter
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Works Gregory of Tours (538-593) Zehn Bücher fränkischer Geschichte
Sechstes Buch.

31. König Chilperich und sein Bruder

Hierauf kam zu König Chilperich eine Gesandtschaft sss. seines Neffen Childebert, an deren Spitze der Bischof Egidius von Reims stand. Und als sie beim König Zutritt erhalten hatten und ihnen das Wort gegeben war, sprachen sie: „Das Bündnis, welches du mit deinem Neffen, unserm Herrn, geschlossen hast, bittet er dich allerwege bestehen zu lassen, aber mit deinem Bruder kann er nicht ferner Friede halten, dieweil dieser ihm nach seines Vaters Tode seinen Anteil an Marseille genommen hat(4) und Flüchtlinge aus seinem Lande bei sich beherbergt und nicht ausliefern will. König Childebert wünscht indessen, daß das gute Vernehmen, welches er jetzt mit dir hat, dadurch in keiner Weise gestört werde." Jener antwortete darauf: „In vielen Dingen schon hat mein Bruder schwere Schuld auf sich geladen. Denn wenn mein Sohn Childebert(5) der Abfolge der Dinge nachgeht, wird er sich sofort überzeugen, daß sein Vater auf heimlichen Antrieb meines S. 154 Bruders ermordet worden ist." Auf diese Worte sagte Bischof Egidius: „Wenn du dich mit deinem Neffen vereinigen wirst und er sich mit dir, und ihr brechet dann zusammen zum Kriege auf, wird jenen die verdiente Rache um so schneller ereilen." Nachdem sie alsdann das Bündnis beschworen und einander Geiseln gestellt hatten, zogen die Gesandten von dannen.

Chilperich, der auf ihre Versprechungen baute, bot nun in seinem Reiche das Heer auf und zog nach Paris. Die Einwohner dieser Stadt erlitten aber großen Schaden an ihrem Vermögen, so lange er sich dort aufhielt. Herzog Berulf(1) zog mit denen von Tours, Poitiers, Angers und Nantes gegen das Gebiet von Bourges; Desiderius und Bladast schlossen dagegen mit dem ganzen Aufgebot aus dem ihnen anvertrauten Teile des Reichs(2) das Gebiet von Bourges von der anderen Seite her ein und verheerten furchtbar alle Gegenden, durch welche sie zogen. Chilperich ließ aber das ganze Heer, das zu ihm stieß, durch Paris ziehen, und er selbst verließ, als es abzog, auch die Stadt und zog gegen die Feste Melun, indem er alles mit Feuer und Schwert verwüstete. Und obwohl das Heer seines Neffen nicht zu ihm gestoßen war, befanden sich doch dessen Feldherrn und Heerführer(3) bei ihm. Darauf schickte er Boten zu den erwähnten Herzögen und sprach: „Greifet das Gebiet von Bourges an und dringet bis zur Stadt selbst vor und laßt sie mir den Eid der Treue schwören." Die von Bourges sammelten sich aber, an 15 000 Mann stark, bei der Burg Meillant(4) und ließen sich dort in einen Kampf gegen Herzog S. 155 Desiderius ein. Und es entstand da ein gewaltiges Blutbad, so daß auf beiden Seiten mehr als siebentausend sielen. Mit dem übrigen Teile des Heeres drangen die Herzöge bis zur Stadt selbst vor, indem sie alles plünderten und verheerten, und es wurde eine solche Verwüstung dort angerichtet, wie man niemals gehört hat, daß vordem geschehen sei. Kein Haus, kein Weinberg, kein Baum blieb verschont, alles wurde umgehauen, niedergebrannt und vernichtet. Sie nahmen auch aus den Kirchen die geweihten Gefäße und steckten die Kirchen selbst in Brand.

König Gunthramn1 aber zog mit seinem Heere gegen seinen Bruder Er stellte seine Sache ganz dem Willen Gottes anheim. Und eines Tages, als es schon spät war, rückte er mit seinem Heere vor und vernichtete den größten Teil vom Heere seines Bruders. Am Morgen aber traten Abgesandte zusammen und schlossen einen Frieden, in dem sich die Könige versprachen, daß der Teil, der die Grenzen des Rechts überschritten hätte, dem ändern die Buße zahlen sollte, welche die Bischöfe und die Vornehmen im Volke bestimmen würden. Darauf schieden sie in Frieden. König Chilperich aber, der vergeblich versuchte, sein Heer vom Plündern abzuhalten, ließ den Grafen von Rouen mit dem Schwerte hinrichten. So kehrte er nach Paris zurück, indem er seine ganze Beute aufgab und die Gefangenen frei ließ. Diejenigen aber, die noch vor Bourges lagen, schleppten, als sie den Befehl erhielten, in ihre Heimat zurückzukehren, so viel Beute mit sich, daß jene ganze Gegend, die sie verließen, völlig verödet schien. Man sah dort weder Menschen noch Vieh. Auch in dem Gebiet von Tours richtete das Heer des Desiderius und Bladast, als es dasselbe betrat, Brandstiftungen, Plünderungen und Mordtaten an, wie man sonst^nur^in Feindes Land sich erlaubt. Man schleppte auch S. 156 Gefangene fort, von denen man viele erst wieder losließ, nachdem man sie ausgeplündert hatte. Auf dieses Unglück folgte eine Viehseuche, so daß kaum ein einziges Stück Vieh übrig blieb und man überrascht war, wenn man einen Jungstier oder eine Färse sah.

Während aller dieser Ereignisse rückte König Childebert mit seinem Heere nicht von der Stelle. Eines Nachts aber geriet das Heer in Bewegung; gewaltiges Murren gegen den Bischof Egidius und gegen des Königs Herzöge erhob sich unter den niederen Leuten, und sie Huben an zu lärmen und laut zu rufen: „Weg aus des Königs Augen mit denen, die sein Reich verkaufen, seine Städte unter die Herrschaft eines ändern bringen und^sein Volk der Botmäßigkeit eines ändern Fürsten unterwerfen Unter solchem Geschrei ergriffen sie, als es Tag wurde, die Waffen und eilten zum Königszelt, daß sie den Bischof und die Großen ergriffen, Gewalt gegen sie brauchten, sie schlügen und mit ihren Schwertern niederhieben. Der Bischof ergriff, sobald er hiervon hörte, die Flucht, bestieg ein Pferd und machte sich auf den Weg nach seiner bischöflichen Stadt(1) Das Volk aber verfolgte ihn mit Geschrei, warf ihm Steine nach und stieß Schimpfreden aus. Es war sein Glück, daß sie keine Pferde bereit hatten. Als die Pferde seiner Begleiter müde wurden, setzte der Bischof sogar allein die Flucht fort, und so groß war seine Angst, daß, als ihm ein Stiefel vom Fuße fiel, er nicht einmal sich soviel Zeit ließ, ihn wieder anzuziehen. So kam er bis nach Reims und schloß sich innerhalb der festen Mauern der Stadt ein.


  1. Gegen Chilperich, den er noch bei Melun traf.  ↩

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