• Home
  • Works
  • Introduction Guide Collaboration Sponsors / Collaborators Copyrights Contact Imprint
Bibliothek der Kirchenväter
Search
DE EN FR
Works Gregory of Tours (538-593) Zehn Bücher fränkischer Geschichte
Zehntes Buch.

19. Von der Absetzung des Bischofs Egidius

Auch Sunnegisil1 wurde wiederum ans die Folter gebracht und mit Riemen und Ruten täglich gepeitscht. Wenn aber die Wunden eiterten und nach Abfluß des Eiters sich eben zu schließen anfingen, wurden sie zur Strafe abermals aufgerissen. So gefoltert, legte er nicht nur über den Mordanschlag gegen König Childebert2 Geständnisse ab, sondern auch, daß er verschiedene andere Verbrechen begangen habe. Bei diesen Geständnissen gab er auch an, daß der Bischof Egidius von Reims3 an jener Verschwörung teilgehabt habe, die Rauching, Ursio und Bertefred gegen das Leben König Childeberts gemacht hatten4 Der Bischof wurde sofort ergriffen und nach der Stadt Metz S. 131 gebracht, obwohl er von langwieriger Krankheit sehr erschöpft war. Hier wurde er in Hast gehalten, und der König befahl, daß die Bischöfe berufen würden, über ihn zu Gericht zu sitzen, und im Anfänge des Monats Oktober sich in der Stadt Verdun versammeln sollten. Darauf wurde es aber dem Könige von einigen anderen Bischöfen zum Vorwurf gemacht, daß er jenen ohne Verhör habe aus seiner Stadt fortführen und in das Gefängnis werfen lassen5 Er erlaubte ihm deshalb in seine Stadt zurückzukehren und sandte, wie schon erwähnt, an alle Bischöfe seines Reiches Briefe, daß sie sich Mitte November in der genannten Stadt einfinden sollten. Es regnete dazumal sehr stark, das Wasser war sehr groß, die Kälte unerträglich und die Wege in Schmutz aufgelöst, jedoch konnten sie sich dem königlichen Befehl nicht widersetzen. Als sie aber dort zusammen waren, wurden sie nach der Stadt Metz gebracht, wo sich auch Egidius befand. Da erhob sich gegen ihn der König, nannte ihn seinen Feind und einen Landesverräter und übertrug die weitere Verfolgung der Sache dem Ennodius,6 der vordem Herzog war. Dessen erstes Vorbringen war folgendes7: „Sage mir, o Bischof, was hast du dir gedacht, daß du den König, in dessen Stadt du die bischöfliche Würde bekleidetest, verließest und die Freundschaft König Chilperichs suchtest, der erweislich immer ein Feind unsres Herrn und Königs war, seinen Vater töten ließ, seine Mutter verwies8 und sein Reich an sich riß?9 Und gerade in den Städten, welche er, wie gesagt, auf dem unrechtmäßigen S. 132 Wege der Eroberung unter seine Botmäßigkeit brachte ließest du dir von ihm Güter erteilen, welche dem Staate gehören!" Hierauf antwortete jener: „Daß ich König Chilperich befreundet gewesen bin, kann ich nicht leugnen; aber diese Freundschaft war König Childebert nicht zum Nachteil. Auch habe ich die Höfe, die du erwähnst, durch Schenkungsbriefe dieses Königs selbst erhalten". Als er darauf diese öffentlich vorlegte, stellte der König in Abrede, daß die Schenkungen von ihm geschehen seien, und als Otto, der damals Referendar gewesen war und dessen Unterschrift sich unter den Urkunden nachgebildet fand10 herbeigerufen wurde, erschien er und sagte, die Unterschrift sei nicht von ihm. Seine Hand war in . der Urkunde nachgemacht. Hierdurch wurde also der Bischof zuerst als untreu erwiesen. Danach wurden Briefe vorgelegt, in welchen viele Schmähungen gegen Brunichilde standen und die an Chilperich gerichtet waren, ebenso auch Briefe Chilperichs an den Bischof, in denen man unter andrem folgendes las: „Wird nicht die Wurzel abgeschnitten, so wird auch nie der Halm vertrocknen, der aus der Erde hervorwächst". Woraus offenkundig hervorging, daß diese Briefe in der Absicht verfaßt wurden, daß erst Brunichilde beseitigt und dann ihr Sohn vernichtet werden sollte. Der Bischof leugnete, diese Briefe in seinem Namen abgesandt oder als Antwort Chilperichs empfangen zu haben. Aber es war ein vertrauter Diener von ihm zugegen, der Bücher besaß, in welchen diese Schreiben des Bischofs in Kurzschrift enthalten waren. Es war der Versammlung nicht fraglich, daß die Briefe wirklich von ihm abgesandt seien. Darauf wurde ein Vertrag vorgelegt, der im Namen Childeberts und König Chilperichs abgefaßt und in S. 133 dem enthalten war, daß diese beiden Könige König Gunthramn vertreiben und sein Reich und seine Städte unter sich teilen wollten11 Der König stellte jedoch in Abrede, daß dies mit seinem Wissen geschehen sei, und sprach: „Du hast meine Oheime aneinandergehetzt, daß zwischen ihnen Bruderkrieg entstehen sollte. Daher kam es, daß das Heer aufbrach und die Stadt Bourges, den Bezirk von Etampes und die Burg Meillant12 verheerte und verwüstete. In diesem Kriege kamen viele um, deren Seelen einst, wie ich glaube, der Richterspruch Gottes von dir fordern wird". Dies konnte der Bischof nicht leugnen; denn jene Schriften waren im Schatz 13 König Chilperichs zusammen in einem Schreine gefunden worden und in die Hände König Childeberts geraten, als nach Chilperichs Ermordung dessen Schätze aus dem Hofe von Chelles im Stadtgebiet von Paris zu ihm gebracht waren14 Als die Verhandlungen über diese Gegenstände sich weiter in die Länge zogen, erschien auch Epiphanius, der Abt der Kirche des heiligen Remigius15, und sagte aus, Egidius habe zweitausend Goldstücke und viele Kostbarkeiten bekommen, um seine Freundschaft mit König Chilperich warm zu halten. Es waren ferner die Gesandten zugegen, die mit ihm zu dem genannten König gegangen waren. Sie sagten aus: „Er verließ uns und sprach längere Zeit mit dem König allein; was er da gesagt hat, davon erfuhren wir nichts, bis wir später die Folgen davon in dem vorhin erwähnten Unglück wahrnahmen". Da er leugnete, gab der Abt, der immer um alle seine geheimen Pläne gewußt hatte, den Ort und den Mann an, wo und von wem ihm die gedachten Goldstücke überbracht worden seien, und erzählte vollständig alles, wie es sich zugetragen hatte und auf welche Weise man über- S. 134 eingekommen war, das Land König Gunthramns und ihn selbst zugrunde zu richten. Überführt, gestand er dies nachher auch zu.

Da nun die Bischöfe, die berufen waren, dieses hörten und sahen, daß ein Bischof des Herrn bei solchen Übeltaten Helfershelfer gewesen sei, bekümmerten sie sich sehr und erbaten sich einen Aufschub von drei Tagen, um über diese Dinge zu Rat zu gehen. Sie hofften nämlich, Egidius würde indessen zur Besinnung kommen und irgend einen Ausweg finden, wie er sich wegen der Vergehen, die ihm vorgeworfen wurden, verteidigen könnte. Da aber der dritte Tag anbrach, kamen sie wieder in der Hauptkirche zusammen und forderten den Bischof auf, wenn er irgend etwas zu seiner Verteidigung anzugeben wüßte, es zu sagen. Er aber war ganz außer Fassung und sprach: „Zögert nicht länger, über mich schuldigen Mann das Urteil zu sprechen; denn ich weiß, daß ich als Majestätsverbrecher den Tod verdient habe, da ich immer gegen das Wohl dieses Königs und seiner Mutter gehandelt habe und auf meinen Rat oft Kriege begonnen worden sind, welche viele Gegenden Galliens verwüsteten". Da dies die Bischöfe vernahmen, betrauerten sie tief die Schmach ihres Bruders. Sie erwirkten ihm das Leben, stießen ihn aber, nachdem die Bestimmungen der Kirchengesetze verlesen worden waren, aus dem priesterlichen Stande aus. Er wurde darauf verwiesen und sofort nach der Stadt Argentoratum, die jetzt Straßburg heißt16 gebracht. An seiner Stelle wurde Romulf, der Sohn des Herzogs Lupus17 der schon die priesterliche Weihe erhalten hatte, als Bischof eingesetzt. Epiphanius aber, der die Kirche des heiligen Remigius leitete, wurde seines Amtes als Abt entsetzt. In der Schatzkammer des Bischofs fand man eine S. 135 große Menge von Gold und Silber. Was er davon im Dienst der Ungerechtigkeit erworben hatte, kam in den Schatz des Königs, was aber an Abgaben oder andren Einkünften sich vorfand, die der Kirche gehörten, blieb daselbst.


  1. Der frühere Marschall Childeberts. B. IX. Kap. 38. ↩

  2. In den Handschriften steht nicht der Name Childeberts, sondern der ChilperichS; über ein ähnliches Versehen Gregors vgl. Bd. I. S. 24b. Anm. 2. ↩

  3. Vgl. oben S. 21 Anm. 4 und Bd. II. S. 46. Anm. 2. ↩

  4. B. IX. Kap. 9. ↩

  5. Vgl. E. Loening, Geschichte des deutschen Kirchenrechts II, 523. Anm. 1. ↩

  6. B. IX. Kap. 7. ↩

  7. Cuius propositio prima haec fuit. Vgl. die Akten der römischen Synode Okt. 501: Symmachus papa sedis apostolicae praesul ab huiusmode propositionibus inpetitus, LI. 0. und. XII. 431 u. ö., und no. 25 der Markulfschen Formelsammlung M. S. I'orna. 58), wo in einer Gerichtsurkunde zwischen propvditionis vel responsionis alloquia, unterschieden wird. ↩

  8. B. V. Kap. 1. ↩

  9. B.V. Kap. 2ff. ↩

  10. Cuius ibi subscriptio meditata tenebatur. Vgl. B. VI. Kap. 46: conficitque duos libros quasi Sidulium meditatus. Anders De virtt. S. Martini I, 33: cui tam facile erat sonorum modolationes adprehendere, ut eum non putares hoc meditare, sed scribere. ↩

  11. B. VI. Kap. 9 und 31. B. VII. Kap. 6. ↩

  12. CHLteaumeillant. B.VI. Kap. 31. ↩

  13. Vgl. H. Brehlau. Handbuch der Urkundenlehre I», 162 f. ↩

  14. v. VII. Kap. 4. ↩

  15. Vgl. Bd. I. S. 189. Anm. 2. ↩

  16. Stradeburgum. Bgl. S. 89. Anm. 2. ↩

  17. B. IX. Kap. 11. 12.14. ↩

pattern
  Print   Report an error
  • Show the text
  • Bibliographic Reference
  • Scans for this version
Translations of this Work
Zehn Bücher fränkischer Geschichte
Commentaries for this Work
Einleitung & Vorrede in die Zehn Bücher Fränkischer Geschichte

Contents

Faculty of Theology, Patristics and History of the Early Church
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Imprint
Privacy policy