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Regulae pastoralis liber
Caput XI.
Quantum rector sacrae
legis meditationibus esse
debeat intentus.
Sed omne hoc rite a rectore agitur, si supernae formidinis et dilectionis spiritu afflatus, studiose quotidie sacri eloquii praecepta meditetur; ut in eo vim sollicitudinis, et erga coelestem vitam providae circumspectionis, quam humanae conversationis usus indesinenter destruit, divinae admonitionis verba restaurent; et qui ad vetustatem vitae per societatem saecularium ducitur, ad amorem semper spiritalis patriae compunctionis aspiratione renovetur. Valde namque inter humana verba cor defluit; cumque indubitanter constet quod externis occupationum tumultibus impulsum a semetipso corruat, studere incessabiliter debet, ut per eruditionis studium resurgat. Hinc est enim quod praelatum gregi discipulum Paulus admonet, dicens: Dum venio attende lectioni (I Tim. IV, 13). Hinc David ait: Quomodo dilexi legem tuam, Domine, tota die meditatio mea est (Ps. CXVIII, 97). Hinc Moysi Dominus de portanda arca praecepit, dicens: Facies quatuor circulos aureos, quos pones per quatuor arcae angulos, faciesque vectes de lignis sethim, et operies auro, inducesque per circulos qui sunt in arcae lateribus, ut portetur in eis qui semper erunt in circulis, nec unquam extrahentur ab eis (Exod. XXV, 12, seq.). Quid per arcam, nisi sancta Ecclesia figuratur? Cui quatuor circuli aurei per quatuor angulos jubentur adjungi, quia in eo quod per quatuor mundi partes dilatata tenditur, procul dubio quatuor sancti Evangelii libris accincta praedicatur. Vectesque de lignis sethim fiunt, qui eisdem ad portandum circulis inseruntur; quia fortes perseverantesque doctores velut imputribilia ligna quaerendi sunt, qui instructioni sacrorum voluminum semper inhaerentes, sanctae Ecclesiae unitatem denuntient, et quasi intromissi circulis arcam portent. Vectibus quippe arcam portare, est bonis doctoribus sanctam Ecclesiam ad rudes infidelium mentes praedicando deducere. Qui auro quoque jubentur operiri, ut dum sermone aliis insonant, ipsi etiam vitae splendore fulgescant. De quibus apte subditur: Qui semper erunt in circulis, nec unquam extrahentur ab eis. Quia nimirum necesse est ut qui ad officium praedicationis excubant, a sacrae lectionis studio non recedant. Ad hoc namque vectes esse in circulis semper jubentur, ut cum portari arcam opportunitas exigit, de intromittendis vectibus portandi tarditas nulla generetur; quia videlicet cum spiritale aliquid a subditis Pastor inquiritur, ignominiosum valde est si tunc quaerat discere, cum quaestionem debet enodare. Sed circulis vectes inhaereant, ut doctores semper in suis cordibus eloquia sacra meditantes, testamenti arcam sine mora elevent, si quidquid necesse est, protinus docent. Unde bene primus pastor Ecclesiae pastores caeteros admonet, dicens: Parati semper ad satisfactionem omni poscenti vos rationem de ea quae in vobis est spe (I Petr. III, 15). Ac si aperte dicat: Ut ad portandam arcam nulla mora praepediat, vectes a circulis nunquam recedant.
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Buch der Pastoralregel (BKV)
XI. Kapitel: Wie sehr sich der Seelsorger die Betrachtung des göttlichen Gesetzes angelegen sein lassen muß
Das alles aber geschieht vom Seelsorger in der rechten Weise, wenn er im Geist der Furcht und Liebe Gottes eifrig täglich die Vorschriften des heiligen Wortes betrachtet; denn so können die göttlichen Mahnworte in ihm die Kraft des Eifers, und was das himmlische Leben betrifft, die ganze weise Umsicht wieder herstellen, die ja doch durch den Umgang mit Menschen beständig Schaden leiden; wer durch den Umgang mit der Welt immer wieder ins alte Leben hineingezogen wird, der muß so durch reumütiges Verlangen sich immer wieder zur Liebe des himmlischen Vaterlandes erneuern. Das Herz verliert sich in hohem Grade im Verkehr mit den Menschen; und da es außer allem Zweifel ist, daß es unter dem heftigen Ansturm der äußeren Beschäfti- S. 128 gungen förmlich zusammenbricht, so muß es unablässig darnach trachten, sich durch Belehrung wieder zu erheben. Daher kommt es, daß Paulus seinen Jünger, dem er eine Herde anvertraut hatte, mit den Worten ermahnte: „Bis ich komme, halte an mit Lesen.“1 Darum sagt David: „Wie liebe ich dein Gesetz so sehr, o Herr! Den ganzen Tag ist es meine Betrachtung.“2 Das ist auch der Grund, warum der Herr dem Moses für das Tragen der Bundeslade die Vorschrift gab: „Mache vier goldene Ringe, die du an den vier Ecken der Lade befestigen sollst; auch mache Stangen von Akazienholz und überziehe sie mit Gold. Diese stecke durch die Ringe, die an den Seiten der Lade sind, damit sie daran getragen werden kann. Sie sollen immer in den Ringen bleiben und nie herausgezogen werden.“3 Was wird durch die Lade vorgebildet, wenn nicht die heilige Kirche? An ihr sollen an den vier Ecken vier goldene Ringe befestigt werden; gewiß, denn da sie sich nach den vier Himmelsrichtungen hin ausbreitet, so wird dadurch angedeutet, daß sie mit den vier heiligen Evangelien ausgerüstet ist. Stangen aus Akazienholz werden verfertigt und zum Tragen in die Ringe geschoben, weil es starker, ausdauernder Lehrer gleich unverweslichen Holzes bedarf, die ohne Unterlaß dem Unterricht in den heiligen Büchern obliegen, die Einheit der heiligen Kirche verkünden und gleichsam in den Ringen steckend die Lade tragen. Denn die Lade mit Stangen tragen, heißt so viel, als die heilige Kirche durch die Predigt guter Lehrer dem ungeschlachten Sinn der Gläubigen näher bringen. Sie sollen mit Gold überzogen sein; denn sie sollen, während sie zu andern reden, auch leuchten durch den Glanz ihres Lebens. Treffend wird noch von den Stangen gesagt: „Sie sollen immer in den Ringen bleiben und nie herausgezogen werden“; denn wer sich dem Predigtamt widmet, darf im Eifer zur heiligen Lesung nicht nachlassen. Die Stangen müssen aus dem Grunde immer S. 129 in den Ringen sein, damit man, wenn die Lade etwa fortgetragen werden soll, durch das Hineinschieben der Stangen keine Zeit verliert; so wäre es eine große Schande für einen Seelenhirten, wenn er, von Untergebenen in einer geistigen Angelegenheit befragt, jetzt erst lernen müßte, wo er die Frage schon lösen soll. Es sollen vielmehr die Stangen in den Ringen sein, damit die Lehrer, ohne Unterlaß im Herzen die heiligen Worte betrachtend, die Bundeslade ohne Verzug aufheben können, indem sie jeden Augenblick lehren, was not tut. Darum ermahnt der erste Hirte der Kirche die übrigen Hirten mit den Worten: „Seid allezeit bereit zur Verantwortung gegen jeden, der von euch Rechenschaft über die Hoffnung fordert, die ihr in euch habt,“4 gerade als wenn er sagen wollte: Damit beim Tragen der Lade keine Verzögerung entstehe, dürfen die Stangen nie aus den Ringen kommen. S. 130