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Works Gregory I, pope (540-604) Dialogi de vita et miraculis patrum Italicorum Vier Bücher Dialoge (BKV)
Viertes Buch

XLIV. Kapitel: Ob diejenigen immer brennen müssen, welche dem Feuer der Hölle übergeben werden

Gregorius. Es ist ganz gewiß und unzweifelhaft wahr, daß, wie die Freude der Guten kein Ende hat, so auch die Qual der Bösen endlos sein wird. Denn da die ewige Wahrheit sagt: „Die Gottlosen werden eingehen in die ewige Pein, die Gerechten aber in das ewige Leben”,1 und wenn das wahr ist, was er den einen verhieß, so wird ohne Zweifel nicht unwahr sein, was er den andern androhte.

Petrus. Wie, wenn nun jemand sagen würde: Er hat den Sündern die ewige Strafe aus dem Grunde S. 252 angedroht, um ihnen einen Schrecken vor der Sünde einzuflößen?

Gregorius. Wenn die Drohung, mit welcher er von der Ungerechtigkeit abhalten wollte, eine Täuschung ist, so ist auch die Verheißung, durch die er zur Gerechtigkeit anspornte, eine Täuschung. Aber wer wäre so wahnwitzig, dies zu behaupten? Und wenn er etwas androht, was er nicht auszuführen gedenkt, so müssen wir notgedrungen ihn als lügenhaft - es ist ein Verbrechen, das nur zu sagen - ausgeben, wenn wir ihm Barmherzigkeit zuschreiben.

Petrus. Inwiefern ist es gerecht, daß eine Schuld, die in endlicher Weise begangen wurde, ohne Ende gestraft wird? Das möchte ich gerne wissen.

Gregorius. Dies könnte man mit Recht einwenden, wenn der strenge Richter nicht die Herzen der Menschen, sondern nur ihre Taten abwägen würde. Denn die Bösen haben deshalb in endlicher Weise gesündigt, weil auch ihr Leben ein endliches war. Sie hätten, wenn es möglich wäre, endlos leben wollen, um ohne Ende sündigen zu können. Denn wer während seines Lebens von der Sünde nicht abläßt, zeigt, daß er immer in der Sünde leben will. Große Gerechtigkeit des Richters zeigt sich also darin, daß diejenigen nie der Strafe entbehren, welche in diesem Leben nie der Sünde entbehren wollten.

Petrus. Aber es hat doch kein Gerechter an der Grausamkeit sein Gefallen, und es wird ein straffälliger Sklave nur deswegen von einem gerechten Herrn gezüchtigt, damit er vom Bösen abgebracht wird; denn darum wird er geschlagen, daß er sich bessere. Wozu aber werden die Bösen im Höllenfeuer immer brennen, wenn sie nie zur Besserung gelangen können?

Gregorius. Der allmächtige Gott hat, insofern er gütig ist, kein Wohlgefallen an der Qual der Unglücklichen; aber insofern er gerecht ist, wird er durch die Strafe der Bösen in Ewigkeit nicht milde gestimmt. S. 253 Alle, die der ewigen Pein überantwortet sind, müssen zwar für ihre Bosheit leiden, aber doch ist ihre Feuersqual zu etwas gut; es erkennen nämlich die Gerechten in Gott die Freude, deren sie teilhaftig werden, und sehen in jenen die Qualen, denen sie entrannen; dadurch sollen sie um so mehr ihre ewige Dankespflicht der göttlichen Huld gegenüber erkennen, je mehr sie die Sünde auf ewig bestraft sehen, die sie mit Gottes Hilfe überwunden haben.

Petrus. Und wie steht es mit ihrer Heiligkeit, wenn sie für ihre Feinde, die sie dann im Feuer sehen, nicht beten? Gilt doch auch für sie der Ausspruch: „Betet für euere Feinde!”2

Gregorius. Sie beten für ihre Feinde noch zu einer Zeit, wo sie ihre Herzen zu einer fruchtbaren Buße bekehren und durch die Bekehrung selig machen können, Denn um was anderes muß man für die Feinde beten, wenn nicht um das, was der Apostel meint, indem er sagt, „daß Gott ihnen Buße verleiht zur Erkenntnis der Wahrheit, daß sie wieder aus der Schlinge des Teufels zu sich kommen, von welchem sie gefangen gehalten werden nach seinem Willen?”3 Und wie sollten sie dann für jene beten, bei denen eine Bekehrung vom Bösen zu den Werken der Gerechtigkeit ausgeschlossen ist? Aus demselben Grunde betet man nicht für Menschen, die zum ewigen Feuer verdammt sind, aus welchem man auch jetzt nicht für den Teufel und seine Engel betet, die der ewigen Strafe verfallen sind. Daher kommt es auch, daß Heilige nicht für ungläubige und gottlose Verstorbene beten; sie wollen nämlich nicht, daß ihr Gebet in den Augen des ewigen Richters wertlos sei, wenn sie für solche beten, die sie schon der ewigen Strafe verfallen wissen. Wenn nun jetzt schon die lebenden Gerechten mit den verstorbenen und verdammten Ungerechten keinerlei Mitleid üben, da sie doch wissen, daß sie selbst noch an ihrem Fleische manches erdulden, S. 254 was dem Gerichte verfällt, um wie viel strenger werden sie dann auf die Qualen der Verdammten herabsehen, wenn sie von aller Gebrechlichkeit des verweslichen Fleisches befreit, schon enger und näher mit der Gerechtigkeit selbst verbunden sind? Denn infolge ihrer Vereinigung mit dem gerechtesten Richter geht ihr Geist dergestalt in der strengen göttlichen Macht auf, daß sie an nichts mehr Gefallen finden, was mit der Weisheit der ewigen Ordnung in Widerspruch steht.

Petrus. Auf diese klare Begründung kann man nichts mehr erwidern. Aber jetzt beschäftigt die Frage meinen Geist, wie man die Seele als unsterblich bezeichnen kann, da es doch gewiß ist, daß sie im ewigen Feuer stirbt.


  1. Mt 25,46 ↩

  2. Mt 5,44 ↩

  3. 2 Tim 2,25f ↩

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Vier Bücher Dialoge (BKV)
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