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Über den Leib Christi. (BKV)
3. Cap. Wenn es Gottes unwürdig und unmöglich gewesen wäre, Mensch zu werden, wie Marcion behauptet, so wäre es seiner noch mehr unwürdig gewesen, es zu scheinen, wenn er es nicht war. Wie sich die Menschwerdung Gottes mit seiner Unveränderlichkeit vertrage.
Da Du meinst, dies sei Deinem Gutdünken anheim gegeben, so musst Du notwendig ein Geborenwerden Gottes entweder für unmöglich oder für Gottes unwürdig gehalten haben. Allein es ist Gott nichts unmöglich als nur das, was er nicht will. Erwägen wir mithin, ob er geboren werden wollte, weil, wofern er es nur wollte, er es auch konnte und also auch wirklich geboren worden ist.
Ich fasse die Sache kurz. Wollte Gott nicht geboren werden — aus welcher Ursache auch immer — dann hätte er es auch nicht geschehen lassen, dass er Mensch zu sein scheine. Denn wer würde, wenn er einen Menschen sieht, sagen, derselbe sei nicht geboren worden? Was er also nicht sein wollte, dafür konnte er auch in keinem Falle angesehen werden wollen. Von jeder Sache, welche uns missliebig ist, weist man auch den Schein ab, weil es gar keinen Unterschied macht, ob sie etwas ist oder ob nicht, wenn an ihr Vorhandensein trotzdem geglaubt wird, obwohl sie nicht da ist. Offenbar liegt aber etwas daran, dass nichts Falsches geglaubt werde, was in Wahrheit nicht ist.
Ihm genügte, wendest Du ein, sein eigenes Wissen um die Sache; wenn die Menschen ihn für einen Geborenen hielten, da sie einen Menschen sahen, so war das ihre Sache. — Gut, wie viel würdiger und consequenter wäre es also von ihm gewesen, wenn er sich die Ansicht der Menschen über sich gefallen liess, als ein wirklich Geborner, da er ja, ohne geboren zu sein, ganz dieselbe Ansicht tragen sollte gegen sein besseres Wissen, welches Du als die Bürgschaft dafür ansiehst, dass er, obwohl ein nicht Geborner, sich doch ruhig gefallen liess, gegen sein eignes Wissen für einen Gebornen gehalten zu werden. Warum lag denn so viel daran, dass Christus, der recht gut wusste, was er war, sich als etwas hingestellt hätte, was er nicht war? Gib uns darüber Aufschluss! Du kannst nicht sagen, es geschah, damit er durch seine Geburt und wahrhaftige Menschwerdung nicht aufhöre, Gott zu sein, und nicht verliere, was er war, indem er wurde, was er nicht war. Denn eine Gefährdung seines Standes gibt es für Gott nicht.
Nein, erwiderst Du, dass sich Gott wirklich in einen Menschen verwandelte, so zwar, dass er auch geboren wurde und durch das Fleisch mit einem Körper versehen wurde, das leugne ich deshalb, weil derjenige, welcher ohne Ende ist, notwendigerweise auch keiner Verwandlung fähig ist. S. 383 Denn in etwas anderes verwandelt werden, ist gleichbedeutend mit dem Aufhören des vorigen Zustandes. Also wem es nicht zukommt, ein Ende zu nehmen, dem kommt es auch nicht zu, eine Verwandlung zu erleiden. — Allerdings gilt für das Wesen der veränderlichen Dinge das Gesetz, dass sie bei dem, was sich an ihnen verändert, nicht stehen bleiben und dass sie so durch das Nichtbleiben vergehen, indem sie ihr voriges Sein durch Veränderung verlieren. Aber es gibt nichts, was Gott gleich wäre; sein Wesen ist von den Seinsbedingungen aller andern Dinge weit verschieden. Wenn demnach Dinge, welche von Gott weit verschieden sind und von welchen auch Gott weit verschieden ist, durch Veränderung ihr früheres Sein verlieren, wo bliebe dann die Verschiedenheit der Gottheit von den übrigen Dingen, wenn ihr nicht das Gegenteil davon zukommt, nämlich sich in alles verwandeln zu können und doch zu bleiben, wie sie ist? Wo nicht, so würde Gott ja den Dingen gleich sein, welche durch Veränderung ihr früheres Sein verlieren, denen er schlechterdings in allen ungleich ist, mithin auch hinsichtlich der etwa zu erleidenden Veränderungen.
Dass die Engel des Schöpfers in Bilder von Menschen verwandelt wurden, hast Du ja einstens gelesen und geglaubt; auch dies, dass sie mit einem so sehr reellen Körper versehen waren, dass Abraham ihnen die Füsse wusch, Lot durch ihre Hände den Sodomiten entrissen wurde und dass ein Engel, der mit einem Menschen gekämpft hatte, von dem ganzen Gewichte des Leibes befreit zu werden verlangte; so sehr wurde er festgehalten. Was also den Engeln des niedern Gottes,1 wenn sie in die menschliche Körperlichkeit verändert wurden, vergönnt war, nämlich, trotzdem Engel zu bleiben, das wolltest Du Gott, der mächtiger ist, absprechen, als wäre es Christus, da er mit einem wahrhaftigen Menschen bekleidet wurde, nicht möglich gewesen, Gott zu bleiben?! Oder erschienen etwa auch jene Engel als blosse Phantasmen des Fleisches? Du wirst wohl nicht wagen, das zu behaupten. Wenn bei Dir die Engel dem Schöpfer angehören, sowie Christus auch, so wird er der Christus des Gottes sein, dem die Engel zugehören, die so beschaffen sind wie Christus.
Wenn Du nicht die Bücher der Schrift, welche Deiner Meinung entgegenstehen, teils verworfen, teils verfälscht hättest, so würde Dich in diesem Stücke das Evangelium des Johannes widerlegen, welches erzählt, dass der hl. Geist mit dem Leibe einer Taube sich herabgesenkt und über dem Herrn geruht habe. Obwohl er der Geist war, so war er so wahrhaftig eine Taube, als er der Geist war, und er hatte nicht seine eigene Wesenheit durch die Annahme einer fremden getötet. Du wirfst nun die Frage auf, wo denn der Taubenleib, nachdem der Geist in den Himmel zurückgenommen war, geblieben sei, wie auch der der Engel? Er S. 384 ist in derselben Weise hinweggenommen, wie er geschaffen wurde. Wenn Du gesehen hättest, wie er aus dem Nichts hervorgezogen wurde, so würdest Du es auch gewahr geworden sein, als er ins Nichts zurückversetzt wurde. War aber sein Anfang nicht sichtbar, dann ist es auch sein Ende nicht. Und doch war der Körper ein dichter und undurchdringlicher in jedem Momente, da er als ein Körper gesehen wurde. Es ist unmöglich, dass das nicht existiert haben sollte, dessen Dasein die hl. Schrift behauptet.
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Inferioris dei scheint mir dem Zusammenhange am besten zu entsprechen. ↩
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On the Flesh of Christ
Chapter III.--Christ's Nativity Both Possible and Becoming. The Heretical Opinion of Christ's Apparent Flesh Deceptive and Dishonourable to God, Even on Marcion's Principles.
Since 1 you think that this lay within the competency of your own arbitrary choice, you must needs have supposed that being born 2 was either impossible for God, or unbecoming to Him. With God, however, nothing is impossible but what He does not will. Let us consider, then, whether He willed to be born (for if He had the will, He also had the power, and was born). I put the argument very briefly. If God had willed not to be born, it matters not why, He would not have presented Himself in the likeness of man. Now who, when he sees a man, would deny that he had been born? What God therefore willed not to be, He would in no wise have willed the seeming to be. When a thing is distasteful, the very notion 3 of it is scouted; because it makes no difference whether a thing exist or do not exist, if, when it does not exist, it is yet assumed to exist. It is of course of the greatest importance that there should be nothing false (or pretended) attributed to that which really does not exist. 4 But, say you, His own consciousness (of the truth of His nature) was enough for Him. If any supposed that He had been born, because they saw Him as a man, that was their concern. 5 Yet with how much more dignity and consistency would He have sustained the human character on the supposition that He was truly born; for if He were not born, He could not have undertaken the said character without injury to that consciousness of His which you on your side attribute to His confidence of being able to sustain, although not born, the character of having been born even against! His own consciousness! 6 Why, I want to know, 7 was it of so much importance, that Christ should, when perfectly aware what He really was, exhibit Himself as being that which He was not? You cannot express any apprehension that, 8 if He had been born and truly clothed Himself with man's nature, He would have ceased to be God, losing what He was, while becoming what He was not. For God is in no danger of losing His own state and condition. But, say you, I deny that God was truly changed to man in such wise as to be born and endued with a body of flesh, on this ground, that a being who is without end is also of necessity incapable of change. For being changed into something else puts an end to the former state. Change, therefore, is not possible to a Being who cannot come to an end. Without doubt, the nature of things which are subject to change is regulated by this law, that they have no permanence in the state which is undergoing change in them, and that they come to an end from thus wanting permanence, whilst they lose that in the process of change which they previously were. But nothing is equal with God; His nature is different 9 from the condition of all things. If, then, the things which differ from God, and from which God differs, lose what existence they had whilst they are undergoing change, wherein will consist the difference of the Divine Being from all other things except in His possessing the contrary faculty of theirs,--in other words, that God can be changed into all conditions, and yet continue just as He is? On any other supposition, He would be on the same level with those things which, when changed, lose the existence they had before; whose equal, of course, He is not in any other respect, as He certainly is not in the changeful issues 10 of their nature. You have sometimes read and believed that the Creator's angels have been changed into human form, and have even borne about so veritable a body, that Abraham even washed their feet, 11 and Lot was rescued from the Sodomites by their hands; 12 an angel, moreover, wrestled with a man so strenuously with his body, that the latter desired to be let loose, so tightly was he held. 13 Has it, then, been permitted to angels, which are inferior to God, after they have been changed into human bodily form, 14 nevertheless to remain angels? and will you deprive God, their superior, of this faculty, as if Christ could not continue to be God, after His real assumption of the nature of man? Or else, did those angels appear as phantoms of flesh? You will not, however, have the courage to say this; for if it be so held in your belief, that the Creator's angels are in the same condition as Christ, then Christ will belong to the same God as those angels do, who are like Christ in their condition. If you had not purposely rejected in some instances, and corrupted in others, the Scriptures which are opposed to your opinion, you would have been confuted in this matter by the Gospel of John, when it declares that the Spirit descended in the body 15 of a dove, and sat upon the Lord. 16 When the said Spirit was in this condition, He was as truly a dove as He was also a spirit; nor did He destroy His own proper substance by the assumption of an extraneous substance. But you ask what becomes of the dove's body, after the return of the Spirit back to heaven, and similarly in the case of the angels. Their withdrawal was effected in the same manner as their appearance had been. If you had seen how their production out of nothing had been effected, you would have known also the process of their return to nothing. If the initial step was out of sight, so was also the final one. Still there was solidity in their bodily substance, whatever may have been the force by which the body became visible. What is written cannot but have been.
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Quatenus. ↩
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Nativitatem. ↩
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Opinio. ↩
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If Christ's flesh was not real, the pretence of it was wholly wrong. ↩
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Viderint homines. ↩
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It did not much matter (according to the view which Tertullian attributes to Marcion) if God did practise deception in affecting the assumption of a humanity which He knew to be unreal. Men took it to be real, and that answered every purpose. God knew better: and He was moreover, strong enough to obviate all inconveniences of the deception by His unfaltering fortitude, etc. All this, however, seemed to Tertullian to be simply damaging and perilous to the character of God, even from Marcion's own point of view. ↩
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Edoce. ↩
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Non potes dicere ne, etc. ↩
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Distat. ↩
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In exitu conversionis. ↩
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Gen. xviii. ↩
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Gen. xix. ↩
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Gen. xxxii. ↩
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See below in chap. vi. and in the Anti-Marcion, iii. 9. ↩
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Corpore. ↩
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Matt. iii. 16. ↩