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Works Zeno of Verona (300-371) Sermones seu Tractatus Predigten und Ansprachen (BKV)
Buch 2

Traktat XII. Von Abraham III.1

1. Abraham sollte der Vater vieler Völker werden. Er hat die Gerechtigkeit nicht erlernt, sondern sie aus sich selbst heraus verwirklicht. Ihn hat nicht der Besuch von Städten beeinflußt. Er hatte kein Gesetz: sein Leben selbst war Gesetz. Er vernimmt den Befehl Gottes, auszuwandern, seine Verwandtschaft und sein Land zugleich zu verlassen.2 Und als er darnach3 aufblickte, sah er mit seinen Augen drei Männer, eilte auf sie zu, verneigte sich, das Antlitz bis zur Erde gebeugt, und bot ihnen an, sein Gast zu sein:4„Ruhet aus unter diesem großen Baum!" Er ließ Weizenmehl kneten, ein Kalb schlachten. Daraufhin ward ihm aus seiner rechtmäßigen Ehe ein Sohn verheißen, nicht auf Grund seines Alters, sondern seines Glaubens. Sara empfängt: ohne Beschwerde trägt sie, die schon nicht mehr gehen konnte, die Bürde. In einem Alter, da das Muttersein aufhört, lernt sie, es zu werden. Welke Brüste weisen Überfluß an Muttermilch auf, und von kraftlosem Alter wird ein sehr kräftiger Knabe genährt. Für den Glauben ist nichts schwer: er besitzt soviel, als er glaubt.

2. Nun lag Isaak, der einzige Sohn, die Hoffnung von Geschlechtern und Völkern, der Ausgangspunkt so vielen Geschehens,5 noch in den Armen seines liebenden Vaters. Er schloß die Liebe des Vaters in sich zusammen; denn als Einziger, als Spätgeborener, als von Gott Verheißener, als einzige letzte Hoffnung sollte er die Verluste der ganzen vorausgegangenen Unfruchtbarkeit S. 237 wieder ersetzen. Da bot sich eine Lage, bei der der Glaube von Abraham sich stärker als die Prüfung im Kampfe bewähren sollte. Er erhält den Auftrag, die Glieder des heißgeliebten Sohnes, die er mit Küssen zu bedecken gewohnt war, mit dem Schwert zu töten. Was sollte seine Liebe beginnen? Verschieben ließ sich die Ausführung des Befehls nicht. Mutter, du warst besser daran, als du kinderlos warst: dein Kind ward für das Opferschwert geboren. Und doch empfand niemand bei solchem Schicksal Schmerz, auch die Mutter nicht,6 die ihn geboren hatte. Niemand zeigt Trauer bei dem Leichenbegängnis des noch Lebenden, und niemand beweint schon vorher mit Tranen die Gehorsamstat des unschuldigen Menschenkindes. Auch der Vater nicht, damit es nicht den Anschein hätte, als schwanke er, wenn er weinte. In seinem Gehorsam führt er mit beherrschter Miene den Sohn zum Opferaltar. Er zückt das Schwert zwischen sich und dem Sohn,7 sein Herz kämpft für den Glauben, sein Antlitz wird nicht bleich, seine Hand zittert nicht. Der Sohn fragt, wo das Opfertier sei. Und damit sein zartes Alter nicht getötet würde, wies denn auch eine Stimme auf ein solches hin.8 So brauchte der Vater keine Schlachtung vorzunehmen; denn Gott verlangt nicht Menschenblut. Der gottesfürchtige Henker steckt das Schwert wieder in die Scheide. Es war Pflicht des Vaters, es zu erheben: S. 237 es war Wille Gottes zu schonen. Weder derjenige, der geopfert werden sollte, hatte Furcht, noch bebte derjenige, der opferte. Und das Opfer unterbleibt nicht, sondern erleidet nur eine Veränderung. Der Vater hat dem Sohn eher zur Rettung verholfen, indem er ihn nicht schonte. Denn der Glaube allein wandelt inmitten von Schwertern ungefährdet, inmitten von wilden Tieren als Freund behandelt, inmitten von Feuerflammen der Kühlung teilhaftig. Dem Glauben allein müssen auch wir die erste Stelle einräumen. Und wir sollen des Vertrauens sein, daß wir, die wir durch den Glauben Söhne Abrahams sind, auch durch ihn dereinst in seinen Schoß gelangen.9


  1. Auch dieser Traktat stellt nur eine Skizze dar. ↩

  2. Gen. 12, 1. ↩

  3. Gen. 18, 1–10. ↩

  4. Die Ballerini schreiben: Offert hostiam. Wahrscheinlicher aber ist offert ostium (vgl. Vulg.: Abraham cucurrit in occursum eorum de ostio tabernaculi) oder, wie Giuliari vorschlägt: offert hospitium. ↩

  5. Die Ballerini schrieben: origo tot regum. Aber handschriftlich besser begründet und mehr sinngemäß ist die Lesart Giuliaris: origo tot rerum. ↩

  6. Ballerini: Talern casum nemo doluit, nisi quae genuerat, mater. Die darauffolgenden Sätze rechtfertigen die Konjektur Giuliaris: ...nec quae genuerat, mater. ↩

  7. Ballerini: exprimit gladium medium, pectus fidei militabat; non pallescit vultus. Giuliari: stringit gladium, medium pectus födere meditatur; non pallescit vultus. Die Änderung ist nicht begründet. Richtig ist jedoch die Lesart: stringit gladium und in dem kurz darauf folgenden Satz: Religosus carnifex reprimit gladium. ↩

  8. Gegenüber der Lesart der Ballerini: victima; quae mox, ita ne percuteretur tenera aetas, offendit verdient der Text Giuliaris: quam vox, ita ne percuteretur tenera aetas,ostendit den Vorzug. ↩

  9. Giuliani ... frigida. Sola fides praeferenda nobis, qui per fidem filii Abrahae facti sumus. Hac nos in ipsius gremium pervenire credamus. Der Ballerini Lesart lautet: frigida, sola fides praeferenda. Hac nos, qui per fidem filii Abrahae facti sumus, in ipsius gremium pervenire credamus. Doch ist in diesen Text wohl mit mehreren Handschriften einzuschieben: Sola fides praeferenda nobis. ↩

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Predigten und Ansprachen (BKV)

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