• Home
  • Works
  • Introduction Guide Collaboration Sponsors / Collaborators Copyrights Contact Imprint
Bibliothek der Kirchenväter
Search
DE EN FR
Works Zeno of Verona (300-371) Sermones seu Tractatus Predigten und Ansprachen (BKV)
Buch 2

Traktat XVIII. Am Geburtstag des hl. Arkadius am 12. Januar in Caesarea in Mauretanien.1

1. Wenn wir die Leidensgeschichte des seligen Marty- S. 261 rers Arkadius zu seiner Siegesfeier in die Jahrbücher eintragen, so wird damit für immer der Eifer des Christen S. 262 für den Kampf um die Unsterblichkeit2 belebt. Es hat einen doppelten Wert zur Hebung der religiösen Gesinnung: das Volk wird für den Lohn des Himmels begeistert, und die Verdienste des Märtyrers verfallen nicht der Vergessenheit. Aber wo wäre der, der in einer Rede völlig der Aufgabe gerecht werden könnte, von der in Siegespalmen prangenden Krone dieses herrlichen Martyriums zu sprechen, da in seinem einzigen Leibe so viele Martyrien vorgekommen zu «sein scheinen, als er Glieder hat? Der Teufel, von jeher der Vertreter alten, eingewurzelten Hasses, hatte seine Trabanten gegen das Volk des Herrn zu den Waffen gerufen und beunruhigte die ganze Familie des Herrn im Wüten einer unstillbaren Grausamkeit. Er hatte im Menschen3 Gott selbst den Krieg erklärt und in der ganzen Welt zu bewußtem Frevel wieder das unheilvolle Feuer für die Verbrennung von Opfern des unseligen Aberglaubens angezündet. 4

Diese öffentliche Gottlosigkeit stieg bis auf den First der Dächer; es gab keinen Ort, wo nicht im Namen der Religion Gotteslästerung statthatte. Die Christusgläubigen wurden gezwungen, eitlen abergläubischen gottesdienstlichen Verrichtungen anzuwohnen und zum Ausdruck der Anerkennung der verabscheuenswerten Religionsübung Opferweinspenden gegen Gottes Gesetz auszugießen oder mit Kränzen geschmückte Opfertiere her- S. 263 beizuschleppen oder schwerduftenden Weihrauch anzuzünden oder aus dem gelblichen Fett, aus dem dunklen Blut glückliche Vorzeichen für die Zukunft zu gewinnen.5 Durch die Leistung derartigen unerlaubten Dienstes6 sollte Gott aus den Herzen der Christen ausgerottet werden.

2. Der Krieg wurde in hartem Ringen geführt, und die Familie des Herrn machte unter den Augen des Himmels ihre Prüfung durch. Aber der selige Märtyrer Arkadius schob, obwohl er schon für die Krone bestimmt war, in Schauer über das unerwartet gekommene gotteslästerliche Vorgehen den Kampf noch eine kurze Zeit hinaus. Als er sah, daß die Stadt durch das unheilvolle Verfahren in Unruhe kam und daß von allen Seiten die Leute einzeln zu dem trauervollen Schauspiel geschleppt wurden, verzichtete er auf seinen ganzen Besitz, machte einen Schnitt in die Wurzeln, die ihn noch mit der Welt verbanden, zog sich in die Verborgenheit zurück, empfahl sich dem Schutz der Abgeschiedenheit und bewerkstelligte so aus seinem christlichen Grundsatz heraus beides: daß er einerseits nicht allzufern vom Kampfplatz zu stehen schien, andrerseits sich durch die Flucht gestärkt fühlte nach dem Beispiel des Gebotes im Evangelium.7 Aber plötzlich bricht in seine gastliche Zufluchtsstätte eine Schar von Schergen ein, die sozusagen auf feindliche Beute ausgingen. Sie bemüht sich um die eilige Gefangennahme des Dieners Gottes. 8 Doch ein Verwandter des S. 264 seligen Märtyrers, der zufällig unter dessen Dache weilte, beteuerte laut und unablässig dessen Abwesenheit. Aber die Schergen schleppten nunmehr in ihrer böswilligen Gesinnung ihn, der diese Aussage machte, in ein schmachvolles Gefängnis; und der Statthalter, ein Mann von höchster Grausamkeit,9 ließ ihn vorführen und sodann in strengste Haft bringen. So hatte nun der selige Arkadius zum Erweis seiner zukünftigen Glorie gleichsam ein Pfand für das von ihm bestimmte Martyrium geboten, auf Grund dessen er weder Christus noch den Verwandten im Stiche ließ. Sofort litt es ihn nicht mehr in seiner Verborgenheit. Von selbst stellte er sich dem Richter und entschuldigte die Verspätung noch freiwillig mit seinen früheren Bedenken. Als ihm aber der Statthalter Straflosigkeit für seine frühere Flucht in Aussicht stellte unter der Bedingung, daß er sich, wenn auch spät, so doch jetzt noch an den abergläubischen Veranstaltungen beteilige, fuhr der heilige Märtyrer gegen ihn auf mit den Worten: „Wie, glaubst du, törichtester aller Richter, daß die Familie des Herrn durch ungleichwertige Vorteile dieser Welt oder durch die plötzlichen Schrecken eines frühen Todes sich beirren läßt, da wir das Schriftwort kennen, das der Apostel verbürgt: „Christus ist mir Leben, und Sterben ist mir Gewinn“?10 Ersinne noch schwerere Qualen für die Strafen, wozu du die Macht hast! Wende noch stärkere Mittel an, um deine Wut zu entzünden! Aber was du auch aufbietest an Größe von Qual: von Gott wirst du uns nicht zu scheiden vermögen!“11

3. Sofort gab der Richter, der in einen Zorn geriet, dem Natterngift vergleichbar, den Henkern die Weisung, gegen die Glieder des Märtyrers nicht mehr in der ge- S. 265 wohnlichen Anwendung von Strafen, nicht nach dem sonst gegen Schuldige üblichen gesetzlichen Verfahren vorzugehen. Zu gering waren die Krallen,12 zu unwirksam schienen die Schläge der Bleiruten, das Folterpferd blieb unbenutzt, und auch auf die massenhaften Hiebe mit Stöcken verzichtete man in Erwägung schärferer Strafe. Eine neue schreckenerregende Folterqual wurde ersonnen, durch die man im Menschen Gott zu besiegen glaubte. Es sollen, sprach der Richter, die Hände von den Gelenken, die Füße von den Beinen abgeschnitten werden: er soll sich als lebendigen Leichnam schauen!13Törichter Mensch! In deiner Wut hast du dich getäuscht! Es war an diesem für den Herrn bestimmten Opfer noch etwas, was du hättest abschneiden können: du vergaßest die Zunge abschneiden zu lassen,14 die im Kampf des Martyriums gewöhnlich zuerst für den Herrn das Bekenntnis ablegt. So wurde denn Arkadius endlich an den Ort geführt, den Gerechte in ihren Gebeten ersehnen (die Richtstätte), und stand dort, den Blick zum Himmel gewandt, unerschrocken, weil unter dem Auge Gottes. Er hatte bereits den Nacken vorgebeugt, bereit, kommende Streiche zu empfangen; er hatte die Kehle entblößt für den nahenden Stoß der Schwerter; denn er glaubte die wahnsinnige S. 266 Roheit des Richters durch das Los eines raschen Todes stillen zu können, Da befiehlt man ihm auf einmal, die Hände auszustrecken, sich auf dem bloßen Rasen auf das Angesicht zu legen und die Enden der Füße zu entblößen. Und siehe, man bemerkt, daß er auch inmitten dieser Qualen nicht müßig ist: vielmehr ist er unter den Foltern des Henkers einem Betenden gleich in Betrachtung versunken. Der rasende Henker hatte unterdessen das Beil erhoben; und indem er mit den Augen die Richtung für die Verwundungen andeutete, schwang er es in der Luft, das Augenmerk beständig auf den vernichtenden Streich gerichtet.15 Aber die Hände des Märtyrers blieben unbeweglich — sein Bekenntnis war sozusagen ein Leim dafür (eine Bindekraft) — und seine Finger hüpften nicht auf in Angst vor der Vernichtung im baldigen Tod. So groß war bei der Gottergebenheit des Märtyrers seine Standhaftigkeit, daß er am ganzen Körper dafür gerüstet zur Glorie gelangte.

4. Wie der Henker den ihm verfallenen Leib vor sich sah, trennte alsbald ein Streich seines niedersausenden Beiles die Verbindungen der Nerven und riß nach Zerreißung der Verbindung die Gelenke des Körpers los. Die abgehauenen Hände hüpften auf, und mit ihnen sprang ein Strom von Blut aus den Adern auf, der nach kurzem Stocken sich wieder über sie ergoß.16 Darnach wurden die Kniekehlen und Waden dargeboten und durch das Schwert des grausamen Schurken die Füße an der Grenze der Fußsohlen von ihrer dazugehörigen natürlichen Verbindung abgeschnitten und so der Leib des Märtyrers des Dienstes der Füße beraubt. Nur die- S. 267 jenigen, die seine Qualen zählen können, mögen auch zählen, wie oft er für Christus Zeugnis abgelegt; und man dürfte erkennen: ebenso groß, als sich die Wut des Teufels an dem einzigen Körper sichtbar äußert, ebenso groß ist Gottes Triumph! Und inmitten dieser Qualen dauert das Leben des Märtyrers fort; immer wieder tritt eine Verlängerung ein,17 die ihn noch dem Tode entreißt; so ist er noch am Leben, während er mit einem Teil seines Körpers schon begraben ist! Das ist ein würdiges Ende seines glorreichen Sterbens! Schon im Begriff, in die Höhe des Himmels hinaufzusteigen, sendet er Beschwernisse seines Körpers voraus und schreitet bei seinem eigenen Leichenbegängnis voran. Womit läßt sich sein Bekenntnis vergleichen? An die Zahl der Makkabäer (makkabäischen Brüder) reiht es sich an; dem Vorsatz des Eleazar läßt es sich gleichhalten, seiner Geisteshaltung gleichstellen. Arkadius, der selige Märtyrer, weilt noch auf Erden und wird schon als Märtyrer gepriesen im Himmel!


  1. De natali s. Arcadii, qui habet natale pridie Idus Januarü m civitate Caesareae Mauritaniae. Dies natalis bezeichnet den Sterbetag, besonders eines Märtyrers, als Geburtstag für das ewige Leben. Über Arkadius vgl. die Einleitung S.22f. Wie dort bemerkt, existiert neben dem vorliegenden Traktat Zenos noch eine andere Passio Arcadii, die sich bei kleinen formellen Verschiedenheiten inhaltlich vollständig mit dem Traktate berührt, (Über die Ausgaben derselben vgl. Bibliotheca hagio-graphica Latina, edd. soc. Bollandiani I [Bruxellis 1898 bis 1899] p. 106.) Die Verschiedenheiten bestehen hauptsächlich in der Einfügung von Reden; die Darstellung ist trotz stilistischer Gleichheit durchsichtiger als im Traktate Zenos. Beide Stücke haben entweder aus einer Vorlage geschöpft oder sie sind voneinander abhängig. Für eine gemeinsame Vorlage fehlt ein Beleg. Die Frage, welchem von beiden Stücken die Priorität zukommt, ist gewöhnlich zugunsten des Traktates von Zeno entschieden worden. Doch erheben sich gewisse Bedenken. Die Passio trägt mehr den Charakter einer solchen, der Traktat macht den Eindruck einer rhetorischen Überarbeitung, wie sie Zeno auch bei Erzählungen der Bibel vornahm. Vor allem aber ist nicht zu verstehen, wie der Traktat Zenos, der mit dem Corpus der übrigen Traktate bis in das frühere Mittelalter außerhalb Veronas, ja auch dort selbst unbekannt war, Vorlage für eine Passio werden konnte, die nach allem noch einer früheren Zeit angehört. Dagegen spricht auch nicht die Einleitung des Traktates: Dum beati Arcadii gesta annalibus triumphanda mandamus. Dieselbe ist vermutlich der Vorlage Zenos entnommen. Auch wenn der Traktat nur eine Überarbeitung der Passio darstellt, spricht er für Afrika als Heimat Zenos; nur dieser Umstand hat Zeno zur Beschäftigung mit der Geschichte dieses Heiligen bestimmt. Der Traktat ist kaum als Predigt zu betrachten, trotzdem der Satz: Quis... competenti valeat sermone disserere darauf zu weisen scheint. Er hält die Mitte zwischen dem Genus einer Passio und einer Predigt. Er mag als Vorlage zu einer solchen gedient haben. Wie schon in der Einleitung bemerkt, ist der Schauplatz des Martyriums wohl nach Afrika, und zwar nach Mauretanien zu verlegen. Eine historische Grundlage des Martyriums ist kaum zu bezweifeln, auch wenn die Entstehung der Passio (wie ja auch des Traktates) mehrere Jahrzehnte nach dem Martyrium fällt, das wohl der Zeit Diokletians zuzuweisen ist. Die Art der Folterung und Hinrichtung hat nichts Unwahrscheinliches: Die diokletianische Zeit weist genug Beispiele derartiger Grausamkeit auf. Eusebius gedenkt besonders der großen Zahl und der grauenvollen Schicksale der Märtyrer in der Thebais und in Mauretanien: Eus. hist. eccl. Zu Arkadius vgl. A. Audollent, in: Dictionnaire d'hi-stoire et de £6ographie ecclesiastiques III (Paris 1924) col. 1485—87, — H. Delehaye, Les origenes du eulte des mar-tyrs (3. ed. Bruxelles 1927), p. 445. ↩

  2. Nach der Lesart der Ballerini: in agonem immortalis laudis (Giuliari: in agonem mortalitatis). ↩

  3. Nach der Lesart der Ballerini: Indixerat in homine Deo bellum. (Giuliari: in hominem Dei bellum.) ↩

  4. ... infaustae superstitionis busto in nefas conscium toto mundo funereum refecerat rogum bezieht sich nach dem Folgenden auf die zur Verbrennung der Opfertiere angezündeten Feuer. ↩

  5. Das ist wohl der Sinn des Satzes: cogebatur Christi populus.., aut inter fumidos ignes pallenti arvina, funesto sanguine prolitare. ↩

  6. Lesart der Ballerini: inelyti administratione ministerii. Giuliari: inliciti administratione mysterii. Zu lesen ist wohl: inliciti administratione ministerii. ↩

  7. Matth. 10, 23. ↩

  8. Nach der Lesart der Ballerini: festinat Dei famulum posse deprehendi. (Giuliari hier wie öfters im Anschluß an die andere Passio: sperans oecupatione festina Dei famulum posse deprehendi.) ↩

  9. Crudelissimus rector. Unter rector ist wohl der Statthalter zu verstehen, der in Cäsarea in Mauretanien seinen Sitz hatte. ↩

  10. Phil. 1, 21. ↩

  11. Nach der Lesart Giuliaris: quamvis te cruciatus exerces mole, nos a Deo non poteris separare. (Ballerini: auamvis cruciatus exerce molem, nos ideo non potes superare.) ↩

  12. Im Folgenden sind die Folterinstrumente angeführt: Ungulae, Krallen, waren zweizackige Haken, die das Fleisch faßten und rissen. Plumbatae, Bleiruten, Peitschen mit Bleikugeln versehen. Equuleus, Folterpferd, eine Maschine, durch welche die gefesselten Hände des Angeklagten aufwärts, die Füße abwärts gezogen wurden. Vgl. E, Ch. Westphal, Die Tortur der Griechen, Römer und Teutschen (Leipzig 1785) S. 7—9. ↩

  13. Die Ballerini leiteten den folgenden Satz mit: Cui beatus Arcadius ait: O insane hominum. Fraudavit te furor tuus ein und legten ihn Arkadius in den Mund. Giuliari betrachtet den Satz mit Recht als einen Ausruf Zenos; denn aus dem Folgenden ergibt sich, daß Arkadius mit der sofortigen Enthauptung rechnete, den Befehl des Statthalters also nicht gehört hatte. ↩

  14. Nach der berechtigten Konjektur Giuliaris: quod possis auferre, (Ballerini; possis offerre.) ↩

  15. Nach der Lesart der Ballerini: feralis ictus assidua contemplatione vibrabat. (Giuliani feraies ictus assidua contemplatione vibrabat.) ↩

  16. Die Ballerini emendierten den unklaren Text: Exilierunt exsectae manus, et venarum in se paululum stupore rursus in se vivus sanguinis mens. — Giuliari: Exilierunt exsectae manus, et venarum inde pallentium stupore versus in se vivus sanguinis ruens. ↩

  17. Nach dem Texte aller Ausgaben: et morarum numerositate servatus, perstat vivus. Vielleicht ist zu lesen: et martyriorum numerositate servatus» wie schon früher vorgeschlagen war. ↩

pattern
  Print   Report an error
  • Show the text
  • Bibliographic Reference
  • Scans for this version
Download
  • docxDOCX (244.80 kB)
  • epubEPUB (228.68 kB)
  • pdfPDF (831.08 kB)
  • rtfRTF (672.52 kB)
Translations of this Work
Predigten und Ansprachen (BKV)

Contents

Faculty of Theology, Patristics and History of the Early Church
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Imprint
Privacy policy