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S. III Der jetzige Stand der auf Palästina bezüglichen Forschungen bringt unter Anderem mit sich, dass man sich bei den älteren Berichten nicht mehr mit den Texten begnugen kann, die aus einem oder wenigen zufällig gerade vorliegenden Manuscripten nach Belieben abgedruckt sind, sondern dass man suchen muss, mit systematischer Anwendung der neueren philologischen Grundsätze zu dem urspranglichen Text des Autors vorzudringen. In diesem Sinne habe ich vor einigen Jahren einen Versuch mit dem Theodosius gemacht, dem sich jetzt ein gleicher mit dem s. g. Itinerarium Antonini anschliesst.
Die Handschriften dieses bisher im Wesentlichen nur aus unauthentischen Textquellen herausgegebenen kleinen Buches zerfallen in zwei Classen, die eine gebildet durch zwei von einander unabhängige Manuscripte aus dem Anfang des neunten Jahrhunderts, die andere umfassend die sämmtlichen sonst bekannten, die vom neunten bis zum sechszehnten Jahrhundert gehn. Die dieser letzteren Classe unterscheiden sich auf den ersten Blick dadurch, dass die Worte cap. 1 S. 1, 7 et inde venimus in Tripolim Syriae bis c. 2 S. 2, 15 diversis generibus telarum und c. 2 S. 2, 16 et inde venimus Ptolomaida bis c. 4 S. 3, 10 lavimus in sinnwidriger Weise den Platz gewechselt haben, wobei an zweiter Stelle ad Tyrum. Tunc venimus Ptolomaida dazwischen gesetzt, an ersterer statt in Tripolim geschrieben ist in partibus Syriae, um den Riss zu verkleistern. Beide Stellen sind dem Umfang nach fast ganz gleich und die Umstellung ist nur aus der zufillligen Versetzung zweier Seiten oder allenfalls Blätter zu erklären, woraus mit Nothwendigkeit folgt, dass alle diese Handschriften einem einzigen Urcodex entstammen. Aber die Gleichheit erstreckt sich noch viel weiter durch das ganze Buch: alle haben ubereinstimmend Stellen, die als dem Stil des Verfassers fremd nur eingefügte Zusätze sein können, die Lobeserhebungen des Hieronymus c. 29 S. 21, 2, S. IV des Athanasius c. 45 S. 32, 17, die Ausführungen über Abraham und Melchisedek c. 19 S. 14, 10, über Zacharias und Rogel c. 32 S. 23, 1, die kleineren Zusätze S. 9, 2 (filii David), 7, 8 (Frauen und Kinder aus Mt. 14, 21), 15, 1 (die Kreuzesinschrift nicht nach Matth., sondern nach Joh.), 19, 5 (Name des Stephanusthors), 22, 12 (David). Dazu kommt, dass durchgehend unverstandene Wörter nach meist unglücklicher Conjectur ersetzt sind, wie 3, 9 Porphyreona durch personat, 10, 9 permanent durch cibaria praeparant, 24, 12 macinabat durch cibaria deportabat, härtere oder irgendwie missfällige durch erleichternde, wie 14, 11 crepatura durch crypta, 19, 9 strata durch via, 20, 13 complent durch complent satietatem bibendi, 31, 2 retemptare durch reiterare, 21,. 4 medius (halb) durch semis, 31, 18 fabricare durch aedificare, oder dass zufallig entstandene Lesarten durch alle Handschriften gehen, wie 12, 3 villas für favillas u. dgl., überhaupt aber auf gleiche Weise der alte Text in den gleichgültigsten Dingen, Wortstellung, Satzübergängen, Synonymen variirt ist. Danach ist klar, dass man es mit einer absichtlichen, von einer einzigen Person ausgehenden Umarbeitung zu thun hat, welche, so weit sie nicht etwa in einzelnen Fällen eine ältere Lesart aufbewahrte, für die Wortkritik völlig werthlos ist und unberücksichtigt bleiben muss. Der Text kann allein auf die beiden Manuscripte gebaut werden, die eine ächtere Gestalt darbieten.