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Bekenntnisse
15. Die Gegner vermögen seine Gedanken über Gott, die Engel und die gestaltlose Materie nicht zu widerlegen.
Wollt ihr wohl behaupten, es sei falsch, was mir die Wahrheit mit starker Stimme über die wahrhaftige Ewigkeit des Schöpfers ins Ohr meines Geistes ruft, daß nämlich seine Wesenheit durchaus nicht durch die Zeiten Veränderung erleidet noch sein Wille von seiner Wesenheit verschieden ist? Daher will er auch nicht bald dieses, bald jenes, sondern nur einmal und zugleich und immer will er alles, was er will; er will nicht wieder und wieder und nicht heute das, morgen jenes, er will auch nicht, was er früher nicht wollte, oder will das nicht, was er früher wollte. Denn ein solcher Wille ist veränderlich; was aber veränderlich ist, ist nicht ewig; unser Gott aber ist ewig. Wollt ihr ferner behaupten, es sei falsch, was mir die Wahrheit ins Ohr meines Inneren ruft: daß die Erwartung der zukünftigen Dinge zur Anschauung wird, sobald sie gegenwärtig werden, und daß die Anschauung zur Erinnerung wird, sobald sie vorübergegangen? Daß desgleichen jegliche Geistestätigkeit, die so dem Wechsel unterworfen ist, veränderlich und alles Veränderliche nicht ewig ist? Unser Gott aber ist ewig. Diese Wahrheiten stelle ich zusammen, verbinde sie und finde, daß mein Gott, der ewige Gott, die Schöpfung nicht mit einem neuen Willen ins S. 313 Dasein gerufen hat und sein Wissen keinen Platz für Vorübergehendes bietet.
Was wollet ihr also gegen diese Feststellungen sagen, ihr Widersacher? Sind sie etwa falsch? „Nein“, müssen sie sagen. Was dann? Ist es etwa falsch, daß jedes gestaltete Wesen oder die gestaltungsfähige Materie nur von dem ihren Ursprung haben kann, der unendlich gut ist, weil er unendlich ist? „Auch das leugnen wir nicht“, sagen sie. Was also? Wollt ihr etwa das Dasein gewisser erhabener Geschöpfe leugnen, die dem wahren und wahrhaft ewigen Gotte in so keuscher Liebe anhangen, daß sie, obschon ihm nicht gleichewig, sich doch durch keine Veränderlichkeit, keinen Wechsel der Zeiten von ihm wegwenden und vergehen, sondern in seiner wahrhaftigsten Anschauung allein ihre Ruhe haben? Denn du, o Gott, zeigst dich dem, der dich liebt, wie du es befiehlst, und du genügst ihm, und deshalb wendet er sich weder von sich noch von dir weg. Das ist das Haus Gottes, kein irdisches, auch kein körperliches, wenn auch vielleicht aus himmlischer Masse bestehend, sondern ein geistiges, das Teil an deiner Ewigkeit hat, weil es makellos In Ewigkeit bleibt. „Denn du hast es gebaut in Ewigkeit und in aller Ewigkeiten Ewigkeit; du hast aufgestellt ein Gesetz, und es wird nicht vergehen“1. Und dennoch ist es dir, o Herr, nicht gleichewig, da es nicht ohne Anfang ist; denn es ist geschaffen.
Wir finden allerdings keine Zeit, die vor jenen Geschöpfen gewesen wäre, da geschrieben steht, daß „früher als das Weltall die Weisheit geschaffen worden ist“2. Freilich ist das nicht jene Weisheit, die mit dir, unserm Gott, ihrem Vater, völlig gleichewig und wesensgleich ist, durch die alles geschaffen ist und die der Anfang ist, in dem du „Himmel und Erde“ erschaffen hast, sondern gewiß eine erschaffene Weisheit, das heißt vernunftbegabte Wesen, die in der Anschauung des Lichtes selbst Licht sind und deshalb, obwohl geschaffen, auch Weisheit genannt werden können. Aber wie S. 314 ein großer Unterschied besteht zwischen dem Lichte, das erleuchtet, und dem, das erleuchtet wird, ebenso auch zwischen der Weisheit, die erschafft, und der, die erschaffen ward, wie auch zwischen der Gerechtigkeit, die rechtfertigt, und der, die durch Rechtfertigung erworben wird. Denn auch wir heißen deine Gerechtigkeit; sagt doch irgendeiner deiner Diener „Auf daß wir Gerechtigkeit Gottes in ihm selbst seien“3. Es gibt also eine Weisheit, die „geschaffen ist vor allem übrigen“ als ein vernünftiges und geistiges Wesen in deiner heiligen Stadt, unserer Mutter, die „dort oben und frei“4 und „ewig in den Himmeln ist“5. Und welche anderen Himmel könnten gemeint sein als die Himmel, von denen es heißt; „Die Himmel der Himmel“6 loben dich, denn dies ist ja auch der Himmel des Himmels, der dem Herrn gehört"? Finden wir nun auch vor ihrer Erschaffung keine Zeit, da sie, die „vor allen anderen Dingen erschaffen“, auch der Schöpfung der Zeit vorangeht, so ist doch vor ihr die Ewigkeit des Schöpfers selbst; dieser hat sie erschaffen, von ihm hat sie ihren Anfang genommen, nicht den Anfang in der Zeit, denn es gab damals noch keine Zeit, sondern den Anfang ihres Bestehens.
Diese Wahrheit stammt also durchaus von dir, unserm Gotte, ist aber doch etwas ganz anderes als du und nicht gleichen Wesens mit dir; wir finden weder vor ihr noch in ihr eine Zeit, weil sie das Vorrecht hat, immer dein Angesicht zu schauen und sich niemals von ihm wegzuwenden, und deshalb unterliegt sie auch keiner Veränderung und keinem Wechsel. Aber doch wohnt ihrer Natur Veränderlichkeit inne, so daß sie der Finsternis und Erstarrung anheimfiele, wenn sie nicht dir in inniger Liebe anhinge und durch dich leuchtete und glühte wie eine ewige Mittagssonne. O Haus, strahlend von Licht und Herrlichkeit, „ich habe geliebt die Zierde deines Hauses und die Wohnstätte der Herrlichkeit“7 S. 315 meines Herrn, deines Erbauers und Besitzers. Nach dir will ich seufzen während der Dauer meiner Pilgerschaft, und ich sage zu ihm, der dich erschaffen: er möge in dir auch mich besitzen, da er auch mich erschaffen. „Ich habe mich verirrt wie das verlorene Schaf“8. Der auf den Schultern meines Hirten, deines Schöpfers, Hoffe ich, zu dir zurückgebracht zu werden.
Was antwortet ihr mir nun, ihr Widersacher, zu denen ich sprach, da ihr doch glaubt, daß Moses ein fommer Diener Gottes gewesen und seine Schriften Aussprüche des Heiligen Geistes sind? Ist dies nicht das Haus Gottes, zwar keineswegs mit Gott gleichewig, aber doch in seiner Weise „ewig in den Himmeln“9, wo ihr vergeblich einen Wechsel der Zeiten sucht, weil ihr keinen finden werdet? „Denn erhaben über alle Ausdehnung und über jeden flüchtigen Zeitraum ist der, dessen Glückseligkeit es ist, Gott anzuhangen“10. „Ja, es ist so,“ sagen sie. Was soll denn da nun nach eurer Behauptung von dem, was mein Herz zu meinem Gotte rufen, als es im Innern die Stimme seines Lobes vernahm, falsch sein? Etwa meine Annahme einer gestaltlosen Materie, in der es wegen des Mangels an Form auch keine bestimmte Ordnung gab? Wo aber auch keine Ordnung war, konnte auch kein Wechsel der Zeiten sein; und doch stammte bestimmt auch dieses Etwas, das doch kein Nichts war, soweit es überhaupt ein Dasein hatte, von dem, von dem alles stammt, was nur irgendwie Sein ist. „Auch das“, sagen sie, „leugnen wir nicht.“
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The Confessions of St. Augustin In Thirteen Books
Chapter XV.--He Argues Against Adversaries Concerning the Heaven of Heavens.
18. "Will you say that these things are false, which, with a strong voice, Truth tells me in my inner ear, concerning the very eternity of the Creator, that His substance is in no wise changed by time, nor that His will is separate from His substance? Wherefore, He willeth not one thing now, another anon, but once and for ever He willeth all things that He willeth; not again and again, nor now this, now that; nor willeth afterwards what He willeth not before, nor willeth not what before He willed. Because such a will is mutable and no mutable thing is eternal; but our God is eternal. 1 Likewise He tells me, tells me in my inner ear, that the expectation of future things is turned to sight when they have come; and this same sight is turned to memory when they have passed. Moreover, all thought which is thus varied is mutable, and nothing mutable is eternal; but our God is eternal." These things I sum up and put together, and I find that my God, the eternal God, hath not made any creature by any new will, nor that His knowledge suffereth anything transitory.
19. What, therefore, will ye say, ye objectors? Are these things false? "No," they say. "What is this? Is it false, then, that every nature already formed, or matter formable, is only from Him who is supremely good, because He is supreme? . . . . Neither do we deny this," say they. "What then? Do you deny this, that there is a certain sublime creature, clinging with so chaste a love with the true and truly eternal God, that although it be not co-eternal with Him, yet it separateth itself not from Him, nor floweth into any variety and vicissitude of times, but resteth in the truest contemplation of Him only?" Since Thou, O God, showest Thyself unto him, and sufficest him, who loveth Thee as much as Thou commandest, and, therefore, he declineth not from Thee, nor toward himself. 2 This is the house of God, 3 not earthly, nor of any celestial bulk corporeal, but a spiritual house and a partaker of Thy eternity, because without blemish for ever. For Thou hast made it fast for ever and ever; Thou hast given it a law, which it shall not pass. 4 Nor yet is it co-eternal with Thee, O God, because not without beginning, for it was made.
20. For although we find no time before it, for wisdom was created before all things, 5 --not certainly that Wisdom manifestly co-eternal and equal unto Thee, our God, His Father, and by Whom all things were created, and in Whom, as the Beginning, Thou createdst heaven and earth; but truly that wisdom which has been created, namely, the intellectual nature, 6 which, in the contemplation of light, is light. For this, although created, is also called wisdom. But as great as is the difference between the Light which enlighteneth and that which is enlightened, 7 so great is the difference between the Wisdom that createth and that which hath been created; as between the Righteousness which justifieth, and the righteousness which has been made by justification. For we also are called Thy righteousness; for thus saith a certain servant of Thine: "That we might be made the righteousness of God in Him." 8 Therefore, since a certain created wisdom was created before all things, the rational and intellectual mind of that chaste city of Thine, our mother which is above, and is free, 9 and "eternal in the heavens" 10 (in what heavens, unless in those that praise Thee, the "heaven of heavens," 11 because this also is the "heaven of heavens," which is the Lord's)--although we find not time before it, because that which hath been created before all things also precedeth the creature of time, yet is the Eternity of the Creator Himself before it, from Whom, having been created, it took the beginning, although not of time,--for time as yet was not,--yet of its own very nature.
21. Hence comes it so to be of Thee, our God, as to be manifestly another than Thou, and not the Self-same. 12 Since, although we find time not only not before it, but not in it (it being proper ever to behold Thy face, nor is ever turned aside from it, wherefore it happens that it is varied by no change), yet is there in it that mutability itself whence it would become dark and cold, but that, clinging unto Thee with sublime love, it shineth and gloweth from Thee like a perpetual noon. O house, full of light and splendour! I have loved thy beauty, and the place of the habitation of the glory of my Lord, 13 thy builder and owner. Let my wandering sigh after thee; and I speak unto Him that made thee, that He may possess me also in thee, seeing He hath made me likewise. "I have gone astray, like a lost sheep;" 14 yet upon the shoulders of my Sheperd, 15 thy builder, I hope that I may be brought back to thee.
22. "What say ye to me, O ye objectors whom I was addressing, and who yet believe that Moses was the holy servant of God, and that his books were the oracles of the Holy Ghost? Is not this house of God, not indeed co-eternal with God, yet, according to its measure, eternal in the heavens, 16 where in vain you seek for changes of times, because you will not find them? For that surpasseth all extension, and every revolving space of time, to which it is ever good to cleave fast to God." 17 "It is," say they. "What, therefore, of those things which my heart cried out unto my God, when within it heard the voice of His praise, what then do you contend is false? Or is it because the matter was formless, wherein, as there was no form, there was no order? But where there was no order there could not be any change of times; and yet this almost nothing,' inasmuch as it was not altogether nothing, was verily from Him, from Whom is whatever is, in what state soever anything is." "This also," say they, "we do not deny."
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See xi. sec. 41, above. ↩
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In his De Vera Relig. c. 13, he says: "We must confess that the angels are in their nature mutable as God is Immutable. Yet by that will with which they love God more than themselves, they remain firm and staple in Him, and enjoy His majesty, being most willingly subject to Him alone." ↩
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In his Con. Adv. Leg. et Proph. i. 2, he speaks of all who are holy, whether angels or men, as being God's dwelling-place. ↩
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Ps. cxlviii. 6. ↩
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Ecclus. i. 4. ↩
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"Pet. Lombard. lib. sent. 2, dist. 2, affirms that by Wisdom, Ecclus. i. 4, the angels be understood, the whole spiritual intellectual nature; namely, this highest heaven, in which the angels were created, and it by them instantly filled."--W. W. ↩
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On God as the Father of Lights, see p. 76, note 2. In addition to the references there given, compare in Ev. Joh. Tract. ii. sec. 7; xiv. secs. 1, 2; and xxxv. sec. 3. See also p. 373, note, below. ↩
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2 Cor. v. 21. ↩
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Gal. iv. 26. ↩
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2 Cor. v. 1. ↩
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Ps. cxlviii. 4. ↩
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Against the Manichaeans. See iv. sec. 26, and part 2 of note on p. 76, above. ↩
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Ps. xxvi. 8. ↩
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Ps. cxix. 176. ↩
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Luke xv. 5. ↩
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2 Cor. v. l. ↩
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Ps. lxxiii. 28. ↩