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Bekenntnisse
23. Worüber urteilt der geistige Mensch? (Nach Gen. 1, 2).
Daß er aber alles richtet, heißt, daß er Gewalt hat über die Fische des Meeres und die Vögel des Himmels, über alle zahmen und wilden Tiere, über die ganze Erde und alles Gewürm, „das da über die Erde kreucht“. Dies nämlich lehrt ihn die Erkenntnis des Geistes, durch den „er vernimmt, was des Geistes Gottes ist“1. Sonst „hat ja der Mensch seine bevorzugte Stellung nicht erkannt; er hat sich den unvernünftigen Tieren gleichgestellt und ist ihnen ähnlich geworden“2. Darum gibt es in deiner Kirche, o Herr, unser Gott, kraft der Gnade, die du ihr verliehen - sind wir ja „dein Gebilde und zu guten Werken geschaffen!“3 -, nicht nur solche, die deine Kirche nach deinem Geiste leiten, sondern auch solche, die diesen Leitern in geistiger Weise untertan S. 363 sind. So hast du ja auch den Menschen im Reiche deiner Gnade als Mann und Weib geschaffen, wo es dem körperlichen Geschlechte nach weder Mann noch Weib, „weder Juden noch Griechen, weder Freie noch Sklaven“4 gibt. Die geistigen Glieder deiner Kirche also, mögen sie nun Leiter oder Untergebene sein, urteilen geistig. Allein sie urteilen nicht über die geistigen Erkenntnisse, die „am Firmamente leuchten“, da man über so erhabene Dinge sich kein Urteil erlauben darf, auch nicht über deine Heilige Schrift selbst, wenn auch darin manches dunkel ist; denn wir unterwerfen ihr unsern Verstand und halten für gewiß, daß auch das, was unserer Erkenntnis noch verschlossen ist, doch sichere und zuverlässige Wahrheit ist, So muß der Mensch, obwohl bereits ein geistiges Wesen und erneuert „in der Erkenntnis nach dem Bilde dessen, der ihn erschaffen hat“5, „das Gesetz ausüben, nicht es beurteilen“6. Auch steht dem geistigen Menschen nicht das Urteil zu über jene erwähnte Unterscheidung zwischen Geistes- und Sinnesmenschen; nur deinen Augen, o Herr, sind sie bekannt, solange sie sich uns noch durch keine Werke offenbar gemacht haben, so daß wir sie „an ihren Früchten “7 zu erkennen vermöchten. Du aber, o Herr, kennst sie bereits, hast sie gesondert und im Verborgenen berufen, noch ehe das Firmament gegründet ward. Ebensowenig urteilt der Mensch, auch wenn er bereits geistig ist, über die unruhigen Scharen dieser Welt. „Denn wie darf er sich ein Urteil über die erlauben, die draußen sind“8, da er nicht weiß, wer von dort noch zur Süßigkeit der Gnade gelangen, wer in der beständigen Bitterkeit der Gottlosigkeit verharren wird?
Daher hat also der Mensch, den du „nach deinem Ebenbilde“ erschaffen, nicht Gewalt über die Lichter des Himmels empfangen und auch nicht über jenen verborgenen Himmel noch über Tag und Nacht, die du vor der Schöpfung des Himmels schufst, noch auch über die S. 364 Sammlung der Wasser, die das Meer bilden. Aber er hat Gewalt empfangen über die Fische des Meeres und die Vögel des Himmels, über alle Tiere, über die ganze Erde und alles Gewürm, „das da auf Erden kreucht“. Denn er urteilt und billigt, was er für recht findet, mißbilligt aber, was ihm unrecht erscheint, sei es bei der Feier jener Sakramente, durch die diejenigen volle Mitglieder deiner Kirche werden, die dein Erbarmen aus der Fülle der Wasser hervorzieht, sei es bei jener Feier, wo jener Fisch ausgeteilt wird, der, aus der Tiefe erhoben, der gläubigen Erde als Speise vorgesetzt wird, sei es auch in bezug auf die Worte und Reden, die dem Ansehen deiner Schrift unterworfen sind und gleichsam unter dem Firmamente dahinfliehen und bei Erklärung, Auslegung, Erörterung, Lossprechung, Lobpreisung und Anrufung deines Namens aus dem Munde stürzen und laut ertönen, so daß das Volk antwortet: Amen. Der Grund, warum alle diese Worte in dieser Weise gesprochen werden mußten, liegt im Abgrunde der Welt und in der Blindheit unseres Fleisches, so daß reine Gedanken nicht gesehen werden können, sondern durch das Medium der Stimme in den Ohren ertönen müssen. In diesem Sinne also vermehren sich die Vögel wohl auf der Erde, haben aber dennoch ihren Ursprung in den Wassern. „Der geistige Mensch urteilt“ auch, indem er billigt, was er recht findet, mißbilligt, was ihm unrecht erscheint, in den Werken und Sitten der Gläubigen, ihren Almosen, die da ein fruchttragendes Erdreich sind; er urteilt über die lebendigen Seelen, deren Leidenschaften durch Keuschheit, Kasteiung und fromme Betrachtungen über alles, was wir mit den körperlichen Sinnen wahrnehmen, gezähmt worden sind. Kurz, dort hat er ein Urteil, wo er auch die Macht zu bessern hat.
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Confessiones (CSEL)
Caput 23
Quod autem iudicat omnia, hoc est, quod habet potestatem piscium maris et volatilium caeli et omnium pecorum et ferarum et omnis terrae et omnium repentium, quae repunt super terram. hoc enim agit per mentis intellectum, per quem percipit quae sunt spiritus dei. alioquin homo in honore positus non intellexit; conparatus est iumentis insensatis et similis factus est eis. ergo in ecclesia tua, deus noster, secundum gratiam tuam, quam dedisti ei, quoniam tuum sumus figmentum creati in operibus bonis, non solum qui spiritaliter praesunt sed etiam hi qui spiritaliter subduntur eis qui praesunt -- masculum et feminam fecisti hominem hoc modo in gratia tua spiritali, ubi secundum sexum corporis non est masculus et femina, quia nec Iudaeus neque Graecus neque servus neque liber -- spiritales ergo, sive qui praesunt sive qui obtemperant, spiritaliter iudicant; non de cognitionibus spiritalibus, quae lucent in firmamento -- non enim oportet de tam sublimi auctoritate iudicare -- neque de ipso libro tuo, etiamsi quid ibi non lucet, quoniam summittimus ei nostrum intellectum, certumque habemus etiam quod clausum est aspectibus nostris, recte veraciterque dictum esse. sic enim homo, licet iam spiritalis et renovatus in agnitione dei secundum imaginem eius, qui creavit eum, factor tamen legis debet esse, non iudex. neque de illa distinctione iudicat spiritalium videlicet atque carnalium hominum, qui tuis, deus noster, oculis noti sunt, et nullis adhuc nobis apparuerunt operibus, ut ex fructibus eorum cognoscamus eos, sed tu, domine, iam scis eos et divisisti et vocasti in occulto, antequam fieret firmamentum. neque de turbidis huius saeculi populis quamquam spiritalis homo iudicat. quid enim ei de his, qui foris sunt, iudicare ignoranti, quis inde venturus sit in dulcedinem gratiae tuae et quis in perpetua inpietatis amaritudine remansurus? Ideoque homo, quem fecisti ad imaginem tuam, non accepit potestatem luminarium caeli, neque ipsius occulti caeli, neque diei et noctis, quae ante caeli constitutionem vocasti, neque congregationis aquarum, quod est mare: sed accepit potestatem piscium maris et volatilium caeli et omnium pecorum et omnis terrae et omnium repentium, quae repunt super terram. iudicat enim et approbat, quod recte, improbat auter, quod perperam invenerit; sive in ea sollemnitate sacramentorum, quibus initiantur quos pervestigat in aquis multis misericordia tua; sive in ea, qua ille piscis exhibetur, quem levatum de profundo terra pia comedit; sive in verborum signis vocibusque subiectis auctoritati libri tui, tamquam sub firmamento volitantibus, interpretando, exponendo, disserendo, disputando, benedicendo atque invocando te, ore erumpentibus atque sonantibus signis, ut respondeat populus: amen. quibus omnibus vocibus corporaliter enuntiandis causa est abyssus saeculi et caecitas carnis, qua cogitata non possunt videri, ut opus sit instrepere in auribus. ita, quamvis multiplicentur volatilia super terram, ex aquis tamen originem ducunt. iudicat etiam spiritalis approbando, quod rectum, inprobando autem, quod perperam invenerit in operibus moribusque fidelium, elemosynis tamquam terra fructifera, et de anima viva mansuefactis affectionibus, in castitate, in ieiuniis, in cogitationibus piis, de his, quae per sensum corporis percipiuntur. de his enim iudicare nunc dicitur, in quibus et potestatem corrigendi habet.