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Works Augustine of Hippo (354-430) Confessiones Bekenntnisse
Zehntes Buch

34. Sein Verhalten gegenüber den Versuchungen der Augenlust.

Noch bleibt mir übrig, in diesen Bekenntnissen, welche die Ohren deines Tempels, die Ohren brüderlicher Liebe, vernehmen sollen, von der Lust meiner leiblichen Augen zu reden, um dann zu schließen mit den Versuchungen des Fleisches, die mich noch jetzt bedrängen, so daß ich seufze und „danach verlange, mit meinem himmlischen Gezelte überkleidet zu werden“1. Die Augen lieben schöne und mannigfache Formen, glänzende und anmutige Farben. Das soll nicht meine Seele fesseln; fesseln soll sie Gott, der freilich alle diese Dinge „sehr gut“2 geschaffen hat, aber selbst allein mein Gut ist, nicht diese Dinge. Und den ganzen Tag, solange ich wache, fechten mich diese an, und ich habe keine Ruhe vor ihnen, wie ich sie doch mitunter vor den Tönen des Wohllauts, ja wenn Stille eintritt, vor allen habe. Denn die Königin der Farben, das Licht, überströmt alles, was wir schauen, fällt mir, wo immer ich auch tagsüber bin, schmeichelnd auf vielfache Weise in die Augen, wenn ich auch ganz anderes tue und es gar nicht beachte. Es schmeichelt sich aber so stark ein, daß wir es, wenn es plötzlich weggenommen wird, mit Sehnsucht vermissen; bei längerer Abwesenheit gar wird die Seele traurig gestimmt.

O Licht, das Tobias sah, da er mit geschlossenen Augen den Sohn den Weg des Lebens lehrte und ihm mit den Füßen der Liebe voranging, ohne irgendwo anzustoßen-, das Isaak sah, da die Augen seines Leibes vom Alter verfinstert und geschlossen waren, als er gewürdigt ward, seine Söhne, ohne sie zu erkennen, zu S. 255 segnen, aber im Segnen zu erkennen das Jakob sah, da er, gleichfalls vor hohem Alter blind, aus erleuchtetem Herzen die in seinen Söhnen vorausbezeichneten Stämme des künftigen Volkes ausstrahlte und seinen Enkeln, den Söhnen Josephs, die geheimnisvoll kreuzweise verschlungenen Hände auflegte, nicht so, wie ihr Vater es ihm von außen verbesserte, sondern so, wie er es innerlich erkannte. Das ist das wahre Licht; es ist eines, und eins sind alle, die es sehen und lieben. Aber das sinnliche Licht, von dem ich sprach, würzt mit verlockender und gefährlicher Süßigkeit den blinden Liebhabern der Welt ihr Leben. Die aber auch in ihm dich zu loben verstehen, o Gott, du Schöpfer des Alls, nehmen das Licht in den Lobgesang auf dich auf, ohne von ihm im Schlafe hinweggenommen zu werden. So möchte auch ich sein. Ich widerstehe den Verführungen der Augen, damit meine Füße, mit denen ich auf deinem Pfade wandle, sich nicht verwickeln, und ich erhebe meine geistigen Augen zu dir, daß „du meine Füße aus den Schlingen befreiest“3. Gar oft befreist du sie, denn oft verstricken sie sich. Du hörst nicht auf, sie zu befreien, ich aber bleibe oftmals hängen in den Fallstricken, die mir überall gelegt sind; du befreiest mich, denn „der Wächter Israels schläft und schlummert nicht“4.

Durch mannigfache Künste und Handwerke, in Kleidern und Schuhen, in Gefäßen und allerlei Geräten, weiter in Gemälden und verschiedenartigen Gebilden, die den notwendigen und maßvollen Gebrauch und die fromme Bedeutung weit überschreiten, haben die Menschen noch unzählige neue Lockungen für die Augen aufgebracht. Nach außen hängen sie sich an das, was sie schaffen, in ihrem Innern verlassen sie den, der sie geschaffen hat, und zerstören das, wozu sie geschaffen sind. Doch ich, o mein Gott und meine Zier, singe auch um dieser Dinge willen dir Lob und bringe dir, der sich für mich geopfert hat, ein Dankopfer dar. Denn das Schöne, das aus der Seele des Künstlers übergeht in S. 256 das Werk seiner kunstfertigen Hände, stammt von jener Schönheit, die erhaben über die Seelen ist und nach der meine Seele Tag und Nacht seufzet. Aber die, die schöne Werke hervorbringen oder lieb haben, entnehmen von dort den Maßstab der Beurteilung, aber nicht die Richtschnur des Gebrauches. Und doch ist sie darin, sie sehen sie nur nicht, sonst würden sie nicht weiter gehen, sondern „ihre Stärke für dich bewahren“ 5 und sie nicht in erschlaffender Lust vergeuden. Auch ich, der ich dies sage und erkenne, lasse mich oft von diesen Schönheiten verstricken, aber du machst mich frei, o Herr, du machst mich frei, „denn deine Barmherzigkeit ist vor meinen Augen“6. Denn elendiglich werde ich umstrickt, und du errettest mich barmherziglich, bald ohne daß ich etwas merke, weil ich unvermerkt hineingeraten war, bald unter Schmerzen, weil ich mich schon zu fest verstrickt hatte.


  1. 2 Kor. 5,2. ↩

  2. Gen. 1,31. ↩

  3. Ps. 24,15. ↩

  4. Ps. 120,5. ↩

  5. Ps. 58,10. ↩

  6. Ps. 25,3. ↩

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