XXII. (Nr. 36.) An Casulanus
Geschrieben im Jahre 396.
Seinen geliebtesten und teuersten Bruder und Mitpriester Casulanus begrüßt Augustinus im Herrn.
Inhalt.
Der nicht näher bekannte Adressat hatte dem heiligen Augustinus eine angeblich zu Rom verfaßte Abhandlung überschickt, die es als allgemeine Pflicht hinstellte, am Sonnabend zu fasten. Augustinus widerlegt mit der ihm eigenen polemischen Schärfe die freilich höchst ungeschickte Begründung des ungenannten Verfassers, erweist ihm, ins Einzelne gehend, als Folgerungen seiner Behauptungen Widersprüche, Judaismus und Manichäismus nach. Man könnte sich über die Ausführlichkeit und Lebhaftigkeit wundern, womit der große, damals vielbeschäftigte Kirchenlehrer diese Sache behandelt. Allein es lag ihm ohne Zweifel mit Rücksicht auf das gerade unter seiner Leitung sich entfaltende Mönchtum daran, einer Geistesrichtung vorzubeugen, die das Wesen des Christentums nur in Äußerlichkeiten setzt, ohne den Sitten und Gebräuchen der verschiedenen Gegenden Rechnung zu tragen. Jener Forderung stellt Augustinus seine eigene Meinung gegenüber, daß man sich nach dem Brauche derer richten solle, mit denen man lebt.