7.
Leugnet er aber, daß dieses Buch oder die betreffenden Stellen von ihm seien, so wollen wir nicht darüber streiten. Er verwerfe diese Stellen und bekenne ganz unzweideutig jene Gnade, die die christliche Lehre als den Christen eigentümlich erklärt und verkündet, jene Gnade, die nicht die Natur ist, sondern durch die die Natur geheilt wird, jene Gnade, die der Natur nicht durch die mit den Ohren vernommene Lehre oder durch ein anderes sichtbares Mittel zu Hilfe kommt — etwa wie der äußerlich wirksam ist, der pflanzt oder bewässert —, sondern die der Natur durch Wirkung des Geistes und durch verborgene Barmherzigkeit zu Hilfe kommt, wie der tut, der das Wachstum verleiht, nämlich S. 610 Gott. Freilich kann man auch durchaus ohne jeden Anstoß von der Gnade sprechen, durch die wir erschaffen sind, nämlich etwa: daß wir über das Nichts erhaben seien und auch nicht ein Sein besitzen wie der leblose Leichnam, der gefühllose Baum, das vernunftlose Tier, sondern daß wir Menschen seien, die Sein, Leben, Gefühl und Vernunft besitzen und für eine so große Wohltat dem Schöpfer zu danken vermögen. Mit Recht kann auch dies Gnade genannt werden, weil es uns nicht um des Verdienstes einiger vorhergegangener guten Werke willen, sondern durch die unverdiente Güte Gottes verliehen worden ist. Ganz anderer Art jedoch ist die Gnade, durch die wir als Vorherbestimmte berufen, gerechtfertigt und geheiligt werden, so daß wir zu sagen vermögen: „Wenn Gott für uns ist, wer wird dann wider uns sein? Hat er doch seines eigenen Sohnes nicht geschont, sondern ihn für uns alle dahingegeben“1.
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Röm. 8, 31 und 32. ↩