11.
Hier erhebt sich aber noch eine andere Frage, die wir nicht umgehen dürfen. Wenn der Nutzen nicht gering zu schätzen ist, der aus der Flucht einiger Seelsorger bei einer bevorstehenden Niedermetzelung entsteht, weil dadurch Seelsorger für jene aufbewahrt werden, die dem Gemetzel entrinnen und von diesen aufgefunden werden können, was ist dann zu tun, wenn alle zugrunde gehen werden, wofern nicht einige fliehen? Was muß geschehen, wenn die Verfolgung einen solchen Grad von Wut annimmt, daß sie sich allein gegen die Seelsorger richtet? Wie werden wir in diesem Falle entscheiden? Soll etwa die Kirche durch Flucht ihrer Diener verwaist werden, damit sie nicht durch ihren Tod in noch schlimmerer Art verwaist werde? Allein wenn den Laien nicht nach dem Leben gestrebt wird, so S. 811 können diese auf irgendeine Weise ihre Bischöfe und Geistlichen verborgen halten, je nachdem derjenige helfen wird, in dessen Hand alle Dinge stehen und der sie auch ohne Flucht durch seine wunderbare Macht erhalten kann. Aber wir stellen die Frage, was in diesem Falle zu tun sei, deshalb, damit wir nicht den Herrn zu versuchen scheinen, indem wir bei allen Dingen göttliche Wunder erwarten. Freilich ist die Gefahr, wenn Geistliche und Laien in gleicher Weise bedroht sind, nicht der Gefahr auf einem Schiffe zu vergleichen, die Handelsleute und Schiffer in gleicher Weise bedroht. Ferne aber sei es, daß wir dieses unser Schiff so gering schätzen, daß die Schiffsleute und besonders der Steuermann es verlassen dürfen, wenn es in Gefahr ist, auch wenn sie durch Besteigen eines Bootes oder durch Schwimmen sich retten könnten. Denn wenn wir für unsere Pflegebefohlenen befürchten, daß sie durch unser Weggehen ins Verderben geraten könnten, so fürchten wir nicht den zeitlichen Tod, der doch einmal eintreten wird, sondern den ewigen Tod, der eintreten kann, wenn man nicht Vorsorge trifft, und nicht eintreten kann, wenn man Vorsorge trifft. Warum aber glauben wir bei einer gemeinschaftlichen Gefahr für dieses Leben, daß, wo immer ein feindlicher Einfall stattfindet, alle Geistlichen und nicht auch alle Laien sterben werden, so daß alle miteinander dieses Leben beschließen, für das die Geistlichen notwendig sind? Oder warum sollten wir nicht hoffen, daß neben einigen Laien auch einige Geistliche übrig bleiben werden, durch die den ersteren die nötige Seelsorge zugewendet werden kann?1 S. 812
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Augustinus beantwortet also die gestellte Frage, ob ira Falle, daß sich die Verfolgung nur auf die Geistlichen beziehe, diese fliehen dürften, in verneinender Weise, wenn durch eine solche Flucht die Gemeinde aller Seelsorger beraubt würde. ↩