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Bibliothek der Kirchenväter
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Works Augustine of Hippo (354-430) Vier Bücher über die christliche Lehre (BKV)
2. Buch

37. Kapitel: Der Wert der Rhetorik und Dialektik

S. 9955. Wenn die Redekunst erlernt wird, dann soll man sie mehr dazu anwenden, um dasjenige vorzutragen, was wir selber schon verstanden haben, als um unser eigenes Wissen dadurch zu mehren. Alles, was mit den Schlüssen, den Begriffsbestimmungen und den Einteilungen zusammenhängt, das macht dem Kenner sehr viel Vergnügen. Nur muß der Irrtum fern bleiben, daß die Menschen schon die Wahrheit des seligen Lebens gelernt zu haben glauben, sobald sie diese Dinge gelernt haben. Und dabei trifft es sich noch, daß die Menschen meistens leichter gleich in den Besitz derjenigen Wahrheiten selbst gelangen, um deretwegen man jene Dinge lernt, als daß sie Kenntnis solch verwickelter und spitzfindiger Vorschriften erhalten. Das ist gerade so, als wollte jemand die Vorschriften über das Gehen lehren: so einer würde mahnen, man dürfe den hinteren Fuß nicht eher aufheben, als bis man den vorderen Fuß auf den Boden gesetzt hat; dann würde er bis ins Einzelne beschreiben, wie die Gelenke der Glieder und Kniekehlen bewegt werden müssen. Er würde damit die Wahrheit sagen; denn man kann tatsächlich nicht anders gehen. Aber dies setzen die Menschen viel leichter beim Gehen selbst gleich ins Werk, als daß sie jetzt eigens darauf aufpassen oder es nur verstehen, wenn sie es hören. Die aber überhaupt nicht gehen können, kümmern sich noch viel weniger um etwas, was sie nicht durch einen praktischen Versuch erproben können. So sieht ein Mann mit gesundem Hausverstand meist schneller ein, daß das Ergebnis eines Schlusses falsch ist, als bis er die theoretischen Gesetze (über den Schluß) begreift; ein Schwachkopf aber merkt weder, daß der Schluß unrichtig ist, und noch weniger versteht er die hierüber geltenden Gesetze. Unsere Freude besteht also bei solchen Dingen gar oft mehr darin, daß wir die Wahrheit zutage kommen sehen, als daß wir daraus in unserer Fähigkeit, zu disputieren und ein Urteil zu fassen, gefördert werden. Eine Schulung des Geistes bedeuten diese Künste ja allerdings, obgleich sie daneben auch ziemlich S. 100boshaft und aufgeblasen machen. Solche Leute täuschen nämlich gerne durch den Schein der Wahrheit und glauben, weil sie solche Dinge verstünden, so hatten sie vor den Guten und Arglosen einen großen Vorzug voraus.

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