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Works Augustine of Hippo (354-430) Vorträge über das Johannes-Evangelium (BKV)
15. Vortrag.

19.

Da also Jesus sah, daß es dem Weibe an Verständnis fehle, und da er wollte, daß sie verstehen lerne, sagt er: „Rufe deinen Mann“. Deshalb nämlich weißt du nicht, was ich sage, weil dein Verstand nicht da ist; ich rede nach dem Geiste, du hörst nach dem Fleische. Was ich rede bezieht sich weder auf die Belustigung der Ohren, noch auf die Augen, noch auf den Geruch, noch auf den Geschmack, noch auf den Tastsinn; es wird nur mit dem Geiste erfaßt, nur mit dem Verstande vernommen; dieser Verstand ist bei dir nicht da, wie kannst du fassen, was ich sage? „Rufe deinen Mann“, nimm deinen Verstand hinzu. Denn was soll es für dich S. 263 bedeuten, eine Seele zu haben? Das ist nichts Großes, auch die Tiere haben eine Seele. Wodurch stehst du höher? Weil du einen Verstand hast, den die Tiere nicht haben. Was heißt also: „Rufe deinen Mann“? Du fassest mich nicht, du verstehst mich nicht; ich rede von der Gabe Gottes zu dir, du aber denkst an das Fleisch; dem Fleische nach willst du nicht mehr dürsten, ich aber wende mich mit meiner Rede an den Geist; dein Verstand ist abwesend, „rufe deinen Mann“. „Sei nicht wie ein Pferd und Maulesel, die keinen Verstand haben“1. Also, meine Brüder, eine Seele haben und keinen Verstand haben, d. h. ihn nicht gebrauchen und nicht nach ihm leben, heißt wie ein Tier leben. Es ist nämlich in uns etwas Tierisches, wodurch wir im Fleische leben, aber es muß durch den Verstand gelenkt werden. Denn die Bewegungen der Seele, sofern sie nach dem Fleische tätig ist und zügellos in fleischlichen Gelüsten sich ergehen will, lenkt von oben herab der Verstand. Wer muß Mann genannt werden? Der lenkt oder der gelenkt wird? Ohne Zweifel lenkt da, wo das Leben geordnet ist, der Verstand die Seele, der zur Seele selbst gehört. Denn nicht etwas anderes als die Seele ist der Verstand, sondern etwas von der Seele, wie das Auge nicht etwas anderes ist als das Fleisch, sondern etwas von dem Fleische. Obwohl aber das Auge etwas vom Fleische ist, so genießt es doch allein das Licht ganz, die übrigen fleischlichen Glieder aber können zwar vom Lichte übergossen werden, jedoch können sie das Licht nicht empfinden; nur das Auge empfängt und empfindet es. So ist in unserer Seele etwas, was Verstand heißt. Eben dies von der Seele, was Verstand und Vernunft heißt, wird von dem höheren Lichte erleuchtet. Jenes höhere Licht nun, wodurch der Verstand des Menschen erleuchtet wird, ist Gott; denn „er war das wahre Licht, welches erleuchtet einen jeden Menschen, der in diese Welt kommt“2. Dieses Licht war Christus, dieses Licht redete mit dem Weibe, und sie war mit dem Verstande nicht da, der durch jenes S. 264 Licht erleuchtet und nicht bloß mit Licht übergossen werden, sondern es auch genießen sollte. Also gleich als wollte der Herr sagen: Erleuchten will ich, und den ich erleuchten will, der ist nicht da. „Rufe, sagt er, deinen Mann“; gebrauche den Verstand, durch den du belehrt, von dem du gelenkt werden sollst. Also stelle dir die Seele ohne den Verstand gleichsam als Weib vor, den Verstand aber habe sie gleichsam zum Manne. Aber dieser Mann lenkt sein Weib nicht gut, wenn er nicht von einem Höheren gelenkt wird. Denn „das Haupt des Weibes ist der Mann, das Haupt des Mannes aber Christus“3. Das Haupt des Mannes redete mit dem Weibe, und der Mann war nicht da. Und gleich als wollte der Herr sagen: Bring dein Haupt herbei, damit jener sein Haupt aufnehme; also „rufe deinen Mann und komm hierher“, d. h. sei da, sei zugegen; du bist nämlich wie abwesend, so lange du die Stimme der anwesenden Wahrheit nicht verstehst; sei anwesend, aber nicht allein, mit deinem Manne sollst du zugegen sein.


  1. Ps. 31, 9 [hebr. Ps. 32, 9]. ↩

  2. Joh. 1, 9. ↩

  3. 1 Kor. 11, 3. ↩

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Vorträge über das Johannes-Evangelium (BKV)

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