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De catechizandis rudibus
CAPUT XV. Pro personarum diversitate temperanda oratio.
23. Sed nunc etiam illud quod priusquam promitterem non debebam, jam fortasse debitum flagitas, ut aliquod sermonis exemplum, tanquam si ego aliquem catechizem, non me pigeat explicare, et intuendum tibi proponere. Quod priusquam faciam, volo cogites aliam esse intentionem dictantis, cum lector futurus cogitatur; et aliam loquentis, cum praesens auditor attenditur: et in eo ipso aliam in secreto monentis, dum nullus alius qui de nobis judicet praesto est; aliam palam docentis aliquid, cum dissimiliter opinantium circumstat auditus: et in hoc genere aliam, cum docetur unus, caeteri autem tanquam judicantes aut attestantes quae sibi nota sunt audiunt; aliam cum omnes communiter quid ad eos proferamus exspectant: et rursus in hoc ipso aliam, cum quasi privatim consedetur, ut sermocinatio conseratur; aliam, cum populus tacens unum de loco superiore dicturum suspensus intuetur: multumque interest, et cum ita dicimus, utrum pauci adsint an multi; docti an indocti, an ex utroque genere mixti; urbani an rustici, an hi et illi simul; an populus ex omni hominum genere temperatus sit. Fieri enim non potest, nisi aliter atque aliter afficiant locuturum atque dicturum, et ut sermo qui profertur, affectionis animi a quo profertur, quemdam quasi vultum gerat, et pro eadem diversitate diverse afficiat auditores, cum et ipsi se ipsos diverse afficiant invicem praesentia sua. Sed quia de rudibus imbuendis nunc agimus, de me ipso tibi testis sum, aliter atque aliter me moveri, cum ante me catechizandum video eruditum, inertem, civem, peregrinum, divitem, pauperem, privatum, honoratum, in potestate aliqua constitutum, illius aut illius gentis hominem, illius aut illius aetatis aut sexus, ex illa aut illa secta, ex illo aut illo vulgari errore venientem: ac pro diversitate motus mei sermo ipse et procedit, et progreditur, et finitur. Et quia cum eadem omnibus debeatur charitas, non eadem est omnibus adhibenda medicina: ipsa item charitas alios parturit, cum aliis infirmatur; alios curat aedificare, alios contremiscit offendere; ad alios se inclinat, ad alios se erigit; aliis blanda, aliis severa, nulli inimica, omnibus mater. Et qui non expertus est eadem charitate quod dico, cum videt nos, quia facultas aliqua nobis donata delectat laudabiliter innotescere in ore multitudinis, inde nos beatos putat: Deus autem, in cujus conspectum intrat gemitus compeditorum1, videat humilitatem nostram et laborem nostrum, et dimittat omnia peccata nostra2. Quamobrem si quid tibi in nobis placuit, ut aliquam observationem sermonis tui a nobis audire quaereres, melius videndo et audiendo nos cum haec agimus, quam legendo cum haec dictamus, edisceres.
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Vom ersten katechetischen Unterricht (SKV 7)
15. Kapitel
23. Doch vielleicht forderst du nun auch das noch als Schuld ein, was ich dir gar nicht schuldig war, bevor ich es versprach, daß ich mich selber in die Rolle des Katecheten versetze, mit innerem Feuer einen Mustervortrag gestalte und dir zum Überdenken vorlege.1 Bevor ich damit beginne, bitte ich dich noch zu bedenken, daß es sich entscheidend auf die Grundeinstellung auswirkt, ob man diktiert und dabei den S. 52 zukünftigen Leser vor Augen hat oder ob man vorträgt und dabei auf den anwesenden Hörer achtet; im letzteren Fall wiederum, ob man einem Menschen unter vier Augen zuredet, also kein dritter anwesend ist, der uns kritisch beurteilt, oder ob man in der Öffentlichkeit unterrichtet, wo eine Zuhörerschaft mit unterschiedlichen Meinungen uns umsteht; in diesem Fall wiederum, ob nur einer am Unterricht teilnimmt, die übrigen aber gleichsam als Richter und Zeugen sich anhören, was ihnen bereits bekannt ist, oder ob alle gemeinsam erwartungsvoll dem Vortrag lauschen; und bei dieser Situation wiederum, ob man gewissermaßen privat zusammensitzt und ein lebhaftes Gespräch miteinander führt oder ob ein schweigendes Publikum gespannt auf den einen blickt, der vom erhöhten Standort aus zu sprechen anfängt; und hier noch einmal, ob nur wenige da sind oder viele, ob es Gebildete oder Ungebildete sind oder eine Mischung von beiden, ob es Stadt- oder Landbewohner sind oder beides zugleich, ob sich das Publikum aus allen Schichten zusammensetzt. Es ist nämlich unvermeidlich, daß diese Umstände unsere Stimmung vor dem Gespräch oder der Rede in dieser oder jener Weise beeinflussen und daß die Rede, die da gehalten wird, gewissermaßen die Gemütsstimmung dessen widerspiegelt, der sie hält, und sich dementsprechend unterschiedlich auf die Stimmung der Zuhörer auswirkt; sogar diese selber wirken ja durch ihre bloße Anwesenheit aufeinander ein. Da wir uns hier mit der Einführungskatechese vor der Aufnahme ins Katechumenat beschäftigen, kann ich aus eigener Erfahrung bezeugen, wie sehr jeweils meine Stimmung von der Art des Kandidaten abhängt, den ich vor mir sehe: ob es ein Gebildeter oder ein einfacher Geist ist, ein Bürger oder ein Zugewanderter, ein Reicher oder ein Armer, ein gewöhnlicher Bürger oder ein Mann mit Rang und Namen, einer, der eine politische Machtstellung einnimmt, einer aus der oder jener Familie, aus der oder jener Altersstufe, Mann oder Frau, aus der oder jener Philosophenschule, aus der oder jener weitverbreiteten Irrlehre. S. 53
Der Verschiedenartigkeit meiner Stimmung entsprechend kommt das Gespräch in Gang, nimmt es seinen weiteren Verlauf, gelangt es an sein Ziel. Und da wir nun allen dieselbe Liebe schulden, aber nicht bei allen dieselbe Medizin anwenden dürfen, liegt eben diese Liebe selber in gleicher Weise mit den einen in Wehen, mit den andern ist sie entkräftet,2 die einen sucht sie aufzubauen, bei den andern meidet sie ängstlich jeden Anstoß, zu den einen beugt sie sich nieder, zu den andern steigt sie empor, zu den einen ist sie ermunternd, zu den andern streng, zu keinem abweisend, zu allen ist sie Mutter.
Wenn einer nun das, wovon wir hier reden, nicht aus derselben Liebe heraus versucht hat, und wenn er nun sieht, daß wir aus dem Mund der Leute Lob und Ruhm ernten, weil ein Talent, das uns geschenkt ist, Gefallen findet, dann hält er uns deswegen für einen glücklichen Menschen. Doch Gott, »vor dessen Antlitz der Gefangenen Stöhnen«3 gelangt, »möge unser Elend und unsere Mühsal ansehen und alle unsere Sünden uns vergeben«.4
Wenn dir also einiges an unseren Ausführungen gefallen hat, so daß du von uns eine Anleitung für deine eigene Vortragsgestaltung hören möchtest, so würdest du doch größeren Gewinn daraus ziehen, uns bei einem Vortrag selber zuzuhören und zuzusehen, als das zu lesen, was wir hier diktieren.