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Works Augustine of Hippo (354-430)

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Vom ersten katechetischen Unterricht (SKV 7)

3. Kapitel

5. Die historische Darstellung ist umfassend, wenn wir die Einführung jeweils mit der Schriftstelle »Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde« 1 beginnen und sie bis zur Kirche in dieser Zeit weiterführen. Das will aber nicht heißen, daß wir den ganzen Pentateuch, alle Bücher der Richter, der Könige, des Esra,2 das gesamte Evangelium und die Apostelgeschichte aus dem Gedächtnis dem Wortlaut nach vortragen, falls wir diese Texte auswendig gelernt haben, noch auch, daß wir andernfalls all das, was in diesen Büchern enthalten ist, mit eigenen Worten nacherzählen und vor unseren Hörern ausbreiten. Dazu reicht weder die Zeit, noch liegt eine S. 18 Notwendigkeit dafür vor. Wir wollen vielmehr den ganzen Inhalt kurz und exemplarisch zusammenfassen, in der Form, daß wir einige bemerkenswerte Ereignisse herausgreifen, welche beim Hörer besonderen Anklang finden und die an den Wendepunkten der Geschichte liegen.3 Bei diesem Vorgehen sind wir nicht gezwungen, alles gleichsam nur in der Hülle vorzuzeigen und es dem Blick sofort wieder zu entziehen, wir können vielmehr beim einzelnen etwas verweilen, es gleichsam aus der Verschnürung lösen, es ausbreiten und den Zuhörern zum Betrachten und Bestaunen anbieten.4 Den Rest aber können wir im Vorbeigehen erwähnen und es in den Gesamtzusammenhang einfügen. Wenn wir so die übrigen Themen in den Hintergrund schieben, kommen jene Themen besser zur Geltung, die wir dem Hörer besonders ans Herz legen wollen. Er kommt nicht bereits ermüdet bei ihnen an, wo wir ihn doch mit der Art unserer Darstellung in Spannung halten wollen; seine Gedankenwelt gerät nicht in Verwirrung, wo wir ihm doch mit der Art unserer Lehre klares Wissen geben sollen.

6. Bei all dem müssen wir freilich nicht nur für uns selber den Endzweck des Gebotes im Auge behalten, welches lautet: »Liebe aus reinem Herzen, aus gutem Gewissen und aus ungeheucheltem Glauben«,5 worauf wir alle unsere Worte auszurichten haben, sondern wir müssen auch den Blick des Zuhörers, den wir mit unserem Vortrag unterrichten, zielbewußt darauf hinlenken. Vor der Ankunft des Herrn ist nämlich alles, was wir in den Heiligen Schriften lesen, nur zu dem Zweck geschrieben worden, um uns mit seiner Ankunft vertraut zu machen und uns die zukünftige Kirche, das Volk S. 20 Gottes unter den Völkern, seinen Leib,6 sinnbildhaft anzuzeigen. Miteingeschlossen und mitgezählt in dieser Kirche sind auch alle Heiligen, die noch vor der Ankunft des Herrn in dieser Welt lebten, die ebenso fest an sein bevorstehendes Kommen glaubten, wie wir daran glauben, daß er gekommen ist.

So etwa streckte Jakob bei seiner Geburt zuerst die Hand aus dem Mutterschoß, mit der er auch noch den Fuß des vor ihm geborenen Bruders festhielt,7 und dann folgte natürlich der Kopf und zuletzt zwangsläufig die übrigen Glieder – und dennoch übertrifft das Haupt nicht nur die Glieder, die ihm bei der Geburt folgten, sondern auch die Hand, die ihm voranging, an Ansehen und Bedeutung, und es nimmt den ersten Rang ein, zwar nicht nach dem Zeitpunkt des Erscheinens, wohl aber nach der natürlichen Rangordnung: Genauso hat nun auch der Herr Jesus Christus, bevor er im Fleisch erschien und gewissermaßen aus dem Schoß seiner Verborgenheit den Menschen vor Augen trat, »als Mensch Mittler zwischen Gott und den Menschen«,8 »als Gott über allen stehend, hochgelobt in alle Ewigkeit«,9 zwar in Gestalt der heiligen Patriarchen und Propheten gleichsam einen Teil seines Körpers vorausgeschickt und mit ihrer Hilfe, wie mit einer Hand, seine kommende Geburt angekündigt und zugleich das ihm hochmütig vorangehende Volk mit den Fesseln des Gesetzes, gleichsam wie mit den fünf Fingern, in Zügel gehalten (auch sein bevorstehendes Kommen ließ er ja durch fünf Zeitabschnitte hindurch unablässig ankündigen und prophezeien; passend dazu hat auch der Mann, welcher das Gesetz überbrachte,10 fünf Bücher verfaßt; und jene stolzen, fleischlich gesinnten Menschen, die »ihre eigene Gerechtigkeit einzurichten versuchten«,11 empfingen nicht S. 21 reichen Segen aus der offenen Hand Christi, sondern wurden mit fest verschlossener Hand zurückgehalten, und »ihre Füße wurden gefesselt, und sie stürzten nieder, wir aber haben uns erhoben und stehen aufrecht«),12 ebenso also hat unser Herr Christus, wie ich sagte, gleichsam einen Teil seines Körpers vorausgeschickt in Gestalt der Heiligen, die ihm dem Zeitpunkt der Geburt nach vorausgingen - und dennoch »ist er selber das Haupt des Leibes, der Kirche«,13 und alle jene Heiligen waren verbunden mit dem einen Körper, dessen Haupt er ist, indem sie an ihn glaubten, den sie im voraus verkündigten. Indem sie vorausgingen, haben sie sich nicht losgerissen, sondern sie behielten vielmehr ihre Verbindung durch ihren Gehorsam. Auch wenn die Hand vom Haupt vorausgeschickt werden kann, bleibt doch die Verbindung unter der Führung des Hauptes.

So ist »alles, was dereinst geschrieben wurde, zu unserer Belehrung geschrieben«,14 es stellt für uns ein Modell dar, »und es widerfuhr ihnen als Modell; es wurde aber für uns niedergeschrieben, für die das Ende der Zeiten gekommen ist.« 15


  1. Gen 1,1. ↩

  2. Damit ist Esra/Nehemia (damals Esra B) und das heute zu den Apokryphen gezählte 3. Esrabuch (damals Esra A) gemeint. Vgl. Μ. Saebo, art. Esra/Esraschriften: TRE 10 (1982) 374-386. ↩

  3. Die articuli (Wendepunkte/Einschnitte) im Geschichtsablauf geben das Strukturelement für die historische Darstellung. ↩

  4. Das Bild verweist auf die Papyrusrolle, die verschnürt in einer Hülle aufbewahrt wird. ↩

  5. 1 Tim 1,5. ↩

  6. Vgl. Kol 1,18.. ↩

  7. Vgl. Gen 25,25 ↩

  8. 1 Tim 2,5. ↩

  9. Röm 9,5 ↩

  10. Vgl. Joh 1,17 ↩

  11. Röm 10,3. ↩

  12. Ps 19,9. ↩

  13. Kol 1,18. ↩

  14. Röm 15,4. ↩

  15. 1 Kor 10,11. ↩

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Vom ersten katechetischen Unterricht (BKV)

3. Kapitel: Der Lehrvortrag des Katecheten muß inhaltlich etwas Ganzes sein; er hat sich auf das Wesentliche zu beziehen, ohne sich in Einzelheiten zu verlieren. Die ganze Lehre muß sich aber in Christus wie in einem Brennpunkt treffen

5. Der erzählende Vortrag ist dann vollständig, wenn dem Zuhörer alles vorgeführt wird, angefangen von dem Worte der Schrift: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde1 “, bis zur kirchlichen Gegenwart. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß man nun den ganzen Pentateuch, alle Bücher der Richter, der Könige und des Esdras und alle Evangelien nebst der Apostelgeschichte wörtlich auswendig lernen und dann aus dem Gedächtnis wiedergeben oder auch bloß mit eigenen Worten all das darlegen und erklären müsse, was in diesen Büchern steht. Zu einem solchen Unternehmen reicht weder die Zeit hin, noch liegt irgendeine Notwendigkeit darfür vor. Man muß vielmehr den gesamten Inhalt im großen und ganzen zusammenfassend darstellen, d. h. man greife nur das Bemerkenswerte heraus, was die Zuhörer gerade am liebsten hören und wie es die Zeitumstände gerade mit sich bringen. Dies darf jedoch nicht sozusagen bloß verhüllt gezeigt und dann gleich wieder dem Anblick entzogen werden, man soll es vielmehr mit einer gewissen weitläufigen Muße auseinandersetzen und vor der Seele des Zuhörers entfalten, damit er es betrachten und bewundern kann. Das andere [weniger Interessante] aber soll man in raschem Durcheilen dazwischen einschieben und damit verweben. Auf diese Weise tritt das Nebensächlichere mehr zurück, während gerade das, worauf wir das Hauptinteresse lenken wollen, mehr zur Geltung kommt; so kommt dann auch derjenige, auf den unser Vortrag S. 239Eindruck machen soll, nicht erst bei diesem wichtigsten Punkt an, wenn er schon [durch Nebensachen] ermüdet ist; auch wird sein Gedächtnis nicht gleich förmlich überschwemmt, während ihn unser Unterricht belehren soll.

6. Gewiß müssen bei dem allem wir selbst den Endzweck des Gebotes im Auge behalten, das da gebietet: „Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben2 “, und gewiß muß sich unser ganzes Reden darauf beziehen; aber auch den Blick unseres Schülers müssen wir gelegentlich auf dieses Gebot hinlenken. Denn nur zu dem Zweck ist all das, was wir in den heiligen Schriften lesen, schon vor der Ankunft des Herrn geschrieben worden, damit es auf seine Ankunft vorbereite und die künftige Kirche zum voraus verkünde, d. h. das alle Nationen umfassende Volk Gottes, seinen Leib3 . Dazu gehören dann auch noch all die Heiligen, die schon vor seiner Ankunft in dieser Welt gelebt haben und die geradeso fest geglaubt haben, er werde einstens kommen, wie wir heute glauben, daß er schon gekommen ist. So streckte auch Jakob bei seiner Geburt zuerst eine Hand aus dem Leibe seiner Mutter und hielt damit zugleich den Fuß des vor ihm geborenen Bruders [Esau] fest; auf die Hand folgte dann sicherlich das Haupt und dann natürlich auch all die übrigen Glieder4 ; und doch übertraf das Haupt an Bedeutung und Macht nicht bloß die übrigen Glieder, welche nachfolgten, sondern selbst die Hand, die sich bei der Geburt [des Jakob] zuerst zeigte; es ist, wenn auch nicht gerade in der Zeit des Hervortretens [aus dem Mutterschoß], so doch der Ordnung der Natur nach das erste. So war es auch bei [unserm] Herrn Jesus Christus: bevor nämlich er, der Mittler zwischen Gott und den Menschen5 , im Fleische erschien und sozusagen aus dem Mutterschoße seines geheimnisvollen Wesens vor die Augen der Menschen als Mensch hintrat, der da S. 240ist Gott über alles, hochgelobt in Ewigkeit6 , ließ er in den heiligen Patriarchen und Propheten gleichsam einen Teil seines Leibes schon zum voraus erscheinen und wies dadurch wie mit der Hand auf seine künftige Geburt hin, während er zugleich das übermütig einherschreitende Volk mit den Banden des Gesetzes wie mit fünf Fingern umspannt hielt. — So waren es auch fünf Zeitabschnitte, während deren er unablässig sein künftiges Erscheinen laut vorhersagen und prophezeien ließ; entsprechend diesen fünf Zeitabschnitten hat auch der, durch den das Gesetz gegeben ward [Moses], fünf Bücher geschrieben; auch Christus öffnete über die fleischlich gesinnten7 und auf ihre Gerechtigkeit bauenden Menschen8 seine Hand nicht und erfüllte sie nicht mit Segen, sondern mit fest verschlossenen Händen hielt er sie im Zaum; und so waren ihre Füße gefesselt und sie fielen, wir aber sind aufgestanden und stehen9 . — Wiewohl also Christus der Herr, wie gesagt, schon in den Heiligen, die ihrer Geburtszeit nach vor ihm erschienen, einen Teil seines Leibes zum voraus erscheinen ließ, so ist er doch selber das Haupt am Leibe der Kirche10 , und alle jene Heiligen waren mit dem Leibe, dessen Haupt er ist, dadurch verbunden, daß sie an ihn glaubten, den sie vorherverkündeten. Denn dadurch, daß sie ihm vorausgingen, waren sie von ihm nicht getrennt, sondern sie waren vielmehr durch ihre gläubige Unterordnung mit ihm verbunden. Die Hand mag immerhin dem Haupte vorangehen, sie steht doch durch ihre Verbindung mit dem Haupte unter ihm. Alles also, was vor Christus geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben11 und war ein Vorbild für uns: „Als Vorbild ist es geschehen an jenen, geschrieben aber wurde es für uns, zu denen die Fülle der Zeiten gelangt ist12 .“


  1. Gen. 1,1. ↩

  2. 1 Tim. 1,5. ↩

  3. Kol. 1,18. ↩

  4. Gen. 25,25. ↩

  5. 1 Tim. 2,5. ↩

  6. Röm. 9,5. ↩

  7. Vgl. ebd. S. 5. ↩

  8. Vgl. ebd. 10,3. ↩

  9. Ps. 19,9. ↩

  10. Kol. 1,18. ↩

  11. Röm. 15,4. ↩

  12. 1 Kor. 10,11. ↩

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De catechizandis rudibus Compare
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