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Works Augustine of Hippo (354-430) Vom ersten katechetischen Unterricht (SKV 7)
Erster Teil
Kap. 1-10. Theoretische Erörterung

4. Kapitel

7. Welchen tieferen Grund aber gibt es für die Ankunft des Herrn, als daß er seine Liebe zeigen wollte, »indem er sie eindrücklich an uns kundtat«?1 Obwohl wir nämlich noch Feinde waren, ist Christus für uns gestorben.2 Dies aber tat er deshalb, weil der Endzweck des Gebotes und »die Erfüllung des Gesetzes die Liebe ist«, 3»damit auch wir einander lieben« ;4 »und so wie jener für uns sein Leben hingab, S. 22 sollen auch wir für unsere Brüder das Leben hingeben«,5und wenn wir es vorher verschmähten, Gott unsere Liebe zu schenken, sollen wir es wenigstens jetzt nicht verschmähen, ihm unsere Gegenliebe zu schenken, »da er uns zuerst geliebt hat«6 und »seinen einzigen Sohn nicht geschont, sondern für uns hingegeben hat«.7 Es gibt nämlich keine herzlichere Einladung zur Liebe, als in der Liebe zuvorzukommen; und allzu hart ist ein Herz, das Liebe, die es nicht als erstes schenken wollte, nicht einmal erwidern will. Schon bei den schändlichen und sündigen Liebschaften können wir beobachten, wie Menschen, die um die Erwiderung ihrer Liebe kämpfen, ausschließlich damit beschäftigt sind, mit allen verfügbaren Liebesbeweisen die Größe ihrer Liebe zu demonstrieren, und wie sie sich sogar erkühnen, das Bild der Gerechtigkeit als Vorwand zu nehmen, um gewissermaßen eine Gegenleistung von jenen Personen zu fordern, die sie anzulocken versuchen. Und ihre Liebe lodert noch heftiger auf, wenn sie spüren, daß das Herz der begehrten Person nun auch von demselben Feuer entzündet wurde. Wenn also ein Herz, das gefühllos war, in Erregung gerät, sobald es die Liebe eines anderen Menschen spürt, und wenn ein Herz, das schon entflammt ist, noch heftiger erglüht, sobald es Gegenliebe wahrnimmt, so ist augenfällig, daß es keinen größeren Antrieb für das Entstehen oder Wachsen der Liebe gibt, als wenn der, der noch nicht liebt, merkt, daß er geliebt wird, oder der zuerst Liebende hoffen kann, auf Gegenliebe zu stoßen, oder bereits deutliche Zeichen dafür hat.

Wenn dies schon bei den niedrigen Liebschaften gilt, wieviel mehr dann in der Freundschaft? Denn worauf haben wir bei einer Trübung der Freundschaft mehr zu achten, als daß der Freund nicht den Eindruck bekommt, wir liebten ihn nicht oder aber weniger als er uns? Sollte er diesen Eindruck S. 23 bekommen, wird jene Liebe in ihm gewiß erkalten, welche die Menschen bei gegenseitiger Vertrautheit füreinander empfinden. Selbst wenn der Freund nicht mehr so schwankend ist, daß jene Trübung der Freundschaft bei ihm jegliche Zuneigung erlöschen ließe, wird er sich zumindest auf jene Form der Freundschaft beschränken, die man nicht mehr als reine Freundschaft, sondern als Interessengemeinschaft bezeichnet.

Aufschlußreich ist folgende Beobachtung: Auch Höherstehende haben zwar den Wunsch, von Tieferstehenden geliebt zu werden, und deren beflissene Ergebenheit ist ihnen angenehm; und je mehr sie diese spüren, desto mehr Liebe empfinden sie für sie. Welch geradezu glühende Liebe entwickelt aber der Tieferstehende dem Höherstehenden gegenüber, wenn er sich von ihm geliebt fühlt!8 Da nämlich ist die Liebe willkommener, wo sie nicht schmachtet in der Dürre der Bedürftigkeit, sondern verströmt im Überfluß der Wohltaten; denn jene Liebe ist aus dem Leid und Elend geboren, diese aber aus dem Mitleid. Und wenn der Tieferstehende schon gar nicht erst Hoffnung hatte, daß auch er vom Höherstehenden geliebt werden könnte, wird ihn vollends ein unbeschreibliches Gefühl der Zuneigung ergreifen, wenn jener von sich aus sich herabläßt, dem seine Liebe zu zeigen, der es nie gewagt hätte, ein solches Glück sich vorzustellen.

Wer steht nun höher als der richtende Gott, wer ist hoffnungsloser als der sündige Mensch ? Dieser hatte sich ja um so mehr in die Obhut und Abhängigkeit von jenen stolzen Mächten begeben, die ihm die Glückseligkeit nicht bringen können, je weniger Hoffnung er hatte, daß jene Macht sich seiner annehmen könnte, welche nicht durch Arglist sich erheben will, sondern durch ihre Güte erhaben ist.

8. Wenn Christus also vor allem deswegen in die Welt kam, damit der Mensch erkenne, wie sehr ihn Gott liebe, und der S. 24 Mensch dies erkennen sollte, damit er seinerseits in Liebe zu dem entbrenne, von dem er zuvor geliebt wurde, und damit er auch seinen Nächsten liebe, wie Gott es befohlen und gezeigt hatte, der selbst unser Nächster geworden ist,9 indem er uns liebte, die wir nicht seine Nächsten waren, sondern weitab in der Ferne herumschweiften,10 und wenn weiter die ganze Heilige Schrift, die vor Christus geschrieben war, zur Ankündigung der Ankunft des Herrn geschrieben wurde,11 und alles was nachher schriftlich abgefaßt und durch göttliche Autorität beglaubigt wurde, von Christus erzählt und zur Liebe auffordert: so ist es offensichtlich, daß nicht nur das ganze Gesetz und die Propheten auf jenen zwei Geboten der Gottes- und der Nächstenliebe gründen12– sie allein bildeten die Heilige Schrift, als der Herr jene Gebote aussprach –, sondern auch die übrigen Bücher der Heiligen Schrift, die nachher zu unserem Heil aufgezeichnet und der Nachwelt überliefert wurden. Demnach stellt das Alte Testament eine verborgene Ankündigung des Neuen dar, das Neue Testament aber eine Offenlegung des Alten. Entsprechend jener verborgenen Ankündigung sind die fleischlich Gesinnten, deren Denken sich nach dem Fleisch ausrichtet, damals wie heute der Furcht vor Strafe unterworfen. Entsprechend dieser Offenlegung aber sind die Geistig-Gesinnten, deren Denken sich auf den Geist ausrichtet, durch das Geschenk der Liebe frei geworden.13 Das gilt sowohl für die, denen auch damals schon das Verborgene eröffnet wurde, weil sie gottesfürchtig anklopften, wie für die, welche heute ohne Hochmut suchen, damit ihnen nicht auch das Offengelegte wieder verschlossen werde. Nun gibt es keinen größeren Gegensatz zur Liebe als die Mißgunst, die Mutter der Mißgunst aber ist der Hochmut : Unser Herr Jesus Christus ist als S. 25 Gott-Mensch zugleich Beweis der göttlichen Liebe zu uns, wie auch ein Leitbild menschlicher Demut bei uns, damit unser mächtig angeschwollener Hochmut durch ein noch mächtigeres Gegenmittel geheilt werde. Denn ein großes Elend ist der Mensch in seinem Hochmut, noch größeres Erbarmen ist Gott in seiner Demut.

Diese Liebe nun nimm dir gleichsam als Zielpunkt vor Augen, auf den du alles, was du sagst, ausrichtest! Und gestalte die ganze historische Darstellung so, daß dein Zuhörer vom Hören zum Glauben, vom Glauben zur Hoffnung, von der Hoffnung zur Liebe gelange.14


  1. Röm 5,8. ↩

  2. Vgl. Röm 5,10 ↩

  3. 1 Tim 1,5a; Röm 13,10. ↩

  4. Joh 13,34; vgl. Joh 15,12.17; 1 Joh 4,11. ↩

  5. 1 Joh 3,16. ↩

  6. 1 Joh 4,19. ↩

  7. Röm 8,32; vgl. 1 Joh 4,10. ↩

  8. Deutliche Anklänge an Cicero, Laelius 69. ↩

  9. Vgl. 1 Joh 4,10.19. ↩

  10. Vgl. Röm 5,10. ↩

  11. Vgl. Lk 24,27. ↩

  12. Vgl. Mt 22,40. ↩

  13. Vgl. Röm 8,5 ↩

  14. Vgl. 1 Kor. 13,13 ↩

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De catechizandis rudibus Compare
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Méthode pour enseigner aux catéchumènes les éléments du Christianisme Compare
On the Catechising of the Uninstructed Compare
Vom ersten katechetischen Unterricht (BKV) Compare
Vom ersten katechetischen Unterricht (SKV 7)
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On the Catechising of the Uninstructed - Introductory Notice

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