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Bibliothek der Kirchenväter
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Works Augustine of Hippo (354-430)

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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)

4. Aus den Erörterungen Varros geht hervor, daß bei den Götterverehrern die menschlichen Dinge für früher vorhanden gelten als die göttlichen.

Leicht wird sich jeder, der nicht durch hartnäckige Gesinnung sein eigener Feind ist, aus unseren bisherigen Ausführungen und den weiteren Darlegungen darüber klar, daß man in dieser ganzen, so herrlich und fein geordneten und abgeteilten Entwicklung des Band 1, S. 306Gegenstandes umsonst nach dem ewigen Leben suche und man auch nur bei großer Naivität erwarten oder wünschen könne, daß davon die Rede sei. Denn überall handelt es sich hier um Einrichtungen, die von Menschen oder von Dämonen getroffen wurden, und zwar nicht von solchen, die unsere Gegner gute Dämonen nennen, sondern, um es gerade herauszusagen, von unreinen und ohne Frage bösartigen Geistern, die verderbliche Meinungen, durch welche die menschliche Seele mehr und mehr in Nichtigkeit verstrickt und unfähig wird, sich der unwandelbaren und ewigen Wahrheit anzugleichen und ihr anzuhängen, in unfaßbarer Neidgesinnung unvermerkt in die Gedankengänge der Gottlosen einschmuggeln oder auch zuweilen offen den Sinnen beibringen und durch trügerische Bezeugung, so gut es nur immer sein kann, bestätigen. Gibt doch Varro selbst als Grund, weshalb er zuerst über die menschlichen und dann erst über die göttlichen Dinge geschrieben habe, an: weil die Staaten zuerst da gewesen und von ihnen erst solche Einrichtungen getroffen worden seien. Die wahre Religion aber ist nicht von einem irdischen Staate eingerichtet worden, sondern sie begründete ihrerseits den himmlischen Staat. Sie senkt der wahre Gott, der Spender des ewigen Lebens, seinen wahren Verehrern ein und unterrichtet sie darin.

Varro läßt sich, wenn er gesteht, er habe deshalb zuerst die menschlichen Dinge abgehandelt und dann die göttlichen, weil die göttlichen von den Menschen eingeführt worden sind, von einem Gedankengang leiten, den er in folgendem Bilde ausdrückt: „Wie der Maler vor dem Bilde da ist und der Baumeister vor dem Gebäude, so sind die Staaten früher da als das, was von ihnen eingeführt worden ist“. Er hätte sich jedoch, wie er sagt, zuerst mit den Göttern und dann mit den Menschen befaßt, wenn er über die gesamte Natur der Götter hätte handeln wollen; wie wenn er in seinem Werk nur von einem Teil und nicht von der gesamten Natur der Götter schriebe, oder wie wenn nicht auch ein Teil, wo nicht die gesamte Natur der Götter früher sein müßte als die der Menschen. Indem er übrigens in den drei letzten Büchern die gewissen und die Ungewissen und die Band 1, S. 307auserlesenen Götter sorgsam behandelt, gewinnt es da nicht den Anschein, als habe er keine Natur der Götter beiseite gelassen? Was soll es also heißen, wenn er sagt: „Würde ich die gesamte Natur der Götter und der Menschen behandeln, so hätte ich zuerst die göttlichen Dinge erledigt, ehe ich an die menschlichen gegangen wäre“? Entweder nämlich schreibt er über die gesamte Natur der Götter oder über einen Teil oder über gar keine. Wenn er über die gesamte schreibt, so muß er sie natürlich den menschlichen Dingen voranstellen; und wenn er über einen Teil schreibt, warum soll nicht auch dieser den menschlichen Dingen vorangehen? Oder wäre es unwürdig, einen Teil des Göttlichen selbst über das gesamte Menschenwesen zu stellen? Oder wenn es zuviel verlangt wäre, einen Teil des Göttlichen den gesamten menschlichen Dingen voranzustellen, so wäre es doch billig, ihn wenigstens den römischen Angelegenheiten voranzustellen. Er handelt ja in den Büchern über die menschlichen Dinge nicht von dem, was sich auf den ganzen Erdkreis bezieht, sondern nur von dem, was sich auf Rom bezieht, und bemerkt dazu gleichwohl, er habe mit Recht die Bücher über die menschlichen Dinge in der Reihenfolge der Abfassung vor den Büchern über die göttlichen Dinge vorgenommen, sowie der Maler dem Bilde, der Baumeister dem Gebäude vorangehe, und gesteht damit ganz offen ein, daß auch diese göttlichen Dinge ebenso wie ein Gemälde oder ein Gebäude von Menschen geschaffen worden sind. Es bleibt nur die Annahme übrig, daß er über keine Natur von Göttern gehandelt hat und das nur nicht gerade heraussagen, sondern es bloß den Einsichtigen zu verstehen geben wollte. Wenn man nämlich sagt, "nicht die gesamte“, so versteht man das allerdings gewöhnlich im Sinne von „ein Teil“; man kann es aber auch verstehen im Sinne von „gar keine“; denn „gar keine“ ist nicht bloß das Gegenteil zu „ein Teil“, sondern auch zu „die gesamte“. Wenn es nämlich, wie er selbst sagt, die gesamte Natur der Götter wäre, wovon er geschrieben hätte, so hätte er sie der Reihenfolge der Erörterung nach vor die menschlichen Dinge setzen müssen; was er aber nicht sagt und gleichwohl die Wahrheit gebieterisch fordert, Band 1, S. 308ist, daß die Natur von Göttern, auch wenn es nicht die gesamte, sondern nur überhaupt etwas wäre, doch wenigstens den römischen Verhältnissen hätte vorangestellt werden müssen; sie wird aber mit Recht zurückgestellt; also ist sie überhaupt keine; sie existiert nicht. Und so müssen wir sagen: er wollte eigentlich die göttlichen Dinge den menschlichen voranstellen, aber er wollte eben nicht falsche Dinge den wahren voranstellen. Denn in seinen Ausführungen über die menschlichen Dinge folgte er der geschichtlichen Wahrheit; dagegen in seinen Ausführungen über die sogenannten göttlichen Dinge stützte er sich lediglich auf Meinungen, die Nichtiges zum Inhalt haben. Das ist es also, worauf er mit einer feinen Andeutung hinweisen wollte, indem er nicht nur die göttlichen Dinge erst nach den menschlichen vornahm, sondern auch diese Anordnung begründete. Hätte er nämlich den Grund hiefür nicht angegeben, so würde dieses sein Vorgehen von anderen vielleicht anders gedeutet. Aber eben mit dieser Begründung, die er gibt, hat er willkürliche Vermutungen abgeschnitten und zugleich hinlänglich dargetan, daß er die Menschen über ihre Einrichtungen stelle, nicht aber die Natur der Menschen über die von Göttern, So hat er bekannt, daß die Bücher über die göttlichen Dinge nicht von etwas Wirklichem handeln, was zur Natur gehört, sondern von etwas Erdichtetem, was in die Kategorie des Irrtums gehört. Deutlicher hat er das, wie ich im vierten Buch1 erwähnt habe, an einer anderen Stelle niedergelegt, wo er sagt, wenn er einen neuen Staat zu begründen hätte, würde er nach der Anweisung der Natur geschrieben haben; weil er jedoch einen schon lang vorhandenen Staat vorfand, so habe er sich eben dessen Überlieferungen anbequemen müssen.


  1. Kap. 31. ↩

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De civitate Dei (CCSL)

Caput IV: Quod ex disputatione Varronis apud cultores deorum antiquiores res humanae quam diuinae reperiantur.

In hac tota serie pulcherrimae ac subtilissimae distributionis et distinctionis uitam aeternam frustra quaeri et sperari inpudentissime uel optari, ex his, quae iam diximus et quae deinceps dicenda sunt, cuiuis hominum, qui corde obstinato sibi non fuerit inimicus, facillime apparet. uel hominum enim sunt ista instituta uel daemonum, non quales uocant illi daemones bonos, sed, ut loquar apertius, inmundorum spirituum et sine controuersia malignorum, qui noxias opiniones, quibus anima humana magis magisque uanescat et incommutabili aeternaeque ueritati coaptari atque inhaerere non possit, inuidentia mirabili et occulte inserunt cogitationibus inpiorum et aperte aliquando ingerunt sensibus et qua possunt fallaci adtestatione confirmant. iste ipse Varro propterea se prius de rebus humanis, de diuinis autem postea scripsisse testatur, quod prius extiterint ciuitates, deinde ab eis haec instituta sint. uera autem religio non a terrena aliqua ciuitate instituta est, sed plane caelestem ipsa instituit ciuitatem, eam uero inspirat et docet uerus deus, dator uitae aeternae, ueris cultoribus suis. Varronis igitur confitentis ideo se prius de rebus humanis scripsisse, postea de diuinis, quia diuinae istae ab hominibus institutae sunt, haec ratio est: sicut prior est, inquit, pictor quam tabula picta, prior faber quam aedificium: ita priores sunt ciuitates quam ea, quae a ciuitatibus instituta sunt. dicit autem prius se scripturum fuisse de dis, postea de hominibus, si de omni natura deorum scriberet, quasi hic de aliqua scribat et non de omni, aut uero etiam aliqua, licet non omnis, deorum natura non prior debeat esse quam hominum. quid, quod in illis tribus nouissimis libris deos certos et incertos et selectos diligenter explicans nullam deorum naturam praetermittere uidetur? quid est ergo, quod ait: si de omni natura deorum et hominum scriberemus, prius diuina absoluissemus, quam humana adtigissemus? aut enim de omni natura deorum scribit, aut de aliqua, aut omnino de nulla. si de omni, praeponenda utique est rebus humanis; si de aliqua, cur non etiam ipsa res praecedat humanas? an indigna est praeferri etiam uniuersae naturae hominum pars aliqua deorum? quod si multum est, ut aliqua pars diuina praeponatur uniuersis rebus humanis, saltem digna est uel Romanis. rerum quippe humanarum libros, non quantum ad orbem terrarum, sed quantum ad solam Romam pertinet, scripsit, quos tamen rerum diuinarum libris se dixit scribendi ordine merito praetulisse, sicut pictorem tabulae pictae, sicut fabrum aedificio, apertissime confitens, quod etiam istae res diuinae, sicut pictura, sicut structura, ab hominibus institutae sint. restat ut de nulla deorum natura scripsisse intellegatur, neque hoc aperte dicere uoluisse, sed intellegentibus reliquisse. ubi enim dicitur non omnis, usitate quidem intellegitur aliqua; sed potest intellegi et nulla, quoniam quae nulla est nec omnis nec aliqua est. nam, ut ipse dicit, si omnis esset natura deorum, de qua scriberet, scribendi ordine rebus humanis praeponenda esset; ut autem et ipso tacente ueritas clamat, praeponenda esset certe rebus Romanis, etiamsi non omnis, sed saltem aliqua esset: recte autem postponitur; ergo nulla est. non itaque rebus diuinis anteferre uoluit res humanas, sed rebus ueris noluit anteferre res falsas. in his enim, quae scripsit de rebus humanis, secutus est historiam rerum gestarum; quae autem de his, quas diuinas uocat, quid nisi opiniones rerum uanarum? hoc est nimirum, quod uoluit subtili significatione monstrare, non solum scribens de his posterius quam de illis, sed etiam rationem reddens cur id fecerit. quam si tacuisset, aliter hoc factum eius ab aliis fortasse defenderetur. in ea uero ipsa ratione, quam reddidit, nec aliis quidquam reliquit pro arbitrio suspicari et satis probauit homines se praeposuisse institutis hominum, non naturam hominum naturae deorum. ita se libros rerum diuinarum non de ueritate quae pertinet ad naturam, sed de falsitate quae pertinet ad errorem scripsisse confessus est. quod apertius alibi posuit, sicut in quarto libro commemoraui, ex naturae formula se scripturum fuisse, si nouam ipse conderet ciuitatem; quia uero iam ueterem inuenerat, non se potuisse nisi eius consuetudinem sequi.

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