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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
12. Die Götterkulte, die von den griechischen Königen in der Zeit vom Auszug Israels aus Ägypten bis zum Hingang des Jesus Nave eingeführt wurden.
Band 28, S. 1061Während dieser Zeit, nämlich vom Auszug Israels aus Ägypten bis zum Tode des Jesus Nave, durch den das Volk Israel zum Lande der Verheißung gelangte, wurden von den Königen in Griechenland den falschen Göttern Dienste eingerichtet, welche die Flut und die Errettung der Menschen daraus und ihr damaliges drangsalreiches Leben mit seinen Wanderungen bald in die Gebirge hinauf, bald in die Ebene herab durch Begehung von Festfeiern in die Erinnerung zurückriefen. Denn darauf bezieht man unter anderem das Auf- und Absteigen der Luperker1 an der heiligen Straße2; es bedeutet, sagt man, die Menschen, wie sie sich wegen des hereinbrechenden Wassers auf die Berggipfel flüchteten und beim Zurückweichen des Wassers wieder ins Tal zurückkehrten. Um diese Zeit soll Dionysus, der auch Vater Liber genannt und nach seinem Tode für einen Gott gehalten wurde, im Land Attika seinen Gastfreund die Weingewinnung gelehrt haben. Damals wurden zu Ehren des delphischen Apollo musikalische Spiele eingeführt, um seinen Zorn zu besänftigen, worin er, wie man glaubte, die griechischen Länder mit Unfruchtbarkeit heimsuchte, weil man seinen Tempel bei einem feindlichen Einfall des Königs Danaus nicht vor Einäscherung durch diesen geschützt hatte. Diese Spiele einzuführen, mahnte der Gott durch einen Orakelspruch. In Attika aber führte zuerst König Erichthonius Spiele ihm zu Ehren ein, und nicht bloß ihm, sondern auch der Minerva zu Ehren, wobei als Siegespreis Öl diente, weil Minerva diese Frucht ebenso wie Liber den Wein erfunden haben soll. Um diese Zeit herum entführte, so wird berichtet, König Xanthus von Kreta, der aber bei anderen wieder anders heißt, die Europa, und daraus entsproßten Rhadamantus, Sarpedon und Minos, nach der üblicheren Auffassung jedoch Söhne Jupiters und der Europa. Allein die Verehrer solcher Götter halten Band 28, S. 1062das, was wir vom Kreterkönig gesagt haben, für die geschichtliche Wahrheit und rechnen das, was von Jupiter die Dichter singen, die Theater mit vielem Lärm aufführen, das Volk bejubelt, zu den grundlosen Fabeln, so daß also dann die Spiele stattfänden, um selbst durch erdichtete Götterschlechtigkeiten die Götter gnädig zu stimmen. Damals stand in Syrien Herkules in Ansehen, ein anderer jedoch als der, von dem wir oben sprachen. Die gelehrte Geschichte weiß eben im Gegensatz zur volkstümlichen von mehr als einem Herkules, wie auch von mehr als einem Vater Liber zu erzählen. Dieser Herkules also, von dem man zwölf Großtaten aufzählt, darunter aber nicht die Erlegung des Afrikaners Antäus, weil die zu den Taten des anderen Herkules gehört, hat sich nach der schriftlichen Überlieferung auf dem Berg Oeta selbst verbrannt, weil seine Kraft, durch die er so vieles bezwang, nicht ausreichte, eine Krankheit, an der er litt, zu ertragen. In dieser Zeit pflegte der König oder besser Tyrann Busiris seine Gäste seinen Göttern zu opfern; er war angeblich ein Sohn Neptuns und der Libya, einer Tochter des Epaphus. Man glaube jedoch beileibe nicht, daß Neptun diese Schändung wirklich begangen habe, das brächte ja die Götter in schiefes Licht; man setze es vielmehr auf Rechnung der Dichter und Theater: dort brauchen die Götter solche Schandtaten, um milde und gnädig gestimmt zu werden3. Der Athenerkönig Erichthonius, dessen Tod in die letzten Jahre des Jesus Nave fällt, soll Vulcanus und Minerva zu Eltern gehabt haben. Aber weil Minerva nun einmal Jungfrau sein soll, so hat Vulcanus, wie man erzählt, bei dem Streit mit ihr in Begier entbrannt, den Samen auf die Erde ergossen und davon der daraus entstandene Mensch diesen Namen erhalten. Der Personenname Erichthonius ist nämlich zusammengesetzt aus den griechischen Wörtern ἔρις = Streit und χθών = Erde. Freilich die Gelehrten, das ist ja richtig, verwerfen die Erzählung und wollen solche entwürdigende Dinge von ihren Göttern ferngehalten wissen; nach ihnen ist diese Fabelmeinung dadurch entstanden, daß man im Tempel Band 28, S. 1063des Vulcanus und der Minerva zu Athen, einem den beiden Gottheiten gemeinsamen Tempel, ein ausgesetztes Knäblein gefunden habe, umwickelt mit einer Schlange, was seine künftige Größe andeutete, und dieses Knäblein habe man, da seine Eltern unbekannt waren, wegen des der Doppelgottheit geweihten Tempels als Sohn des Vulcanus und der Minerva bezeichnet. Allein den Sinn des Namens deutet die Fabel besser als diese Geschichte. Doch was geht das uns an? Mögen immerhin Leute von religiöser Empfindung in der Geschichte Aufklärung suchen, mögen die Fabelerzählungen nur unreinen Dämonen in irreführenden Spielen Ergötzen bereiten: jene frommen Leute verehren doch diese Dämonen als Götter und können sie, indem sie solche Schandtaten bei ihnen in Abrede stellen, von allem Fehl durchaus nicht reinwaschen, weil man eben diese Götter auf ihre eigene Aufforderung hin mit Spielen ehrt, bei denen schändlich gefeiert wird, was man weislich in Abrede stellt, und durch solche erdichtete Schandbarkeiten lassen sich die Götter gnädig stimmen; mag es also immerhin ein erdichtetes Verbrechen sein, was da auf der Bühne gefeiert wird, so ist es doch ein wirkliches Verbrechen, sich an einem erdichteten Verbrechen zu ergötzen.
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The City of God
Chapter 12.--Of the Rituals of False Gods Instituted by the Kings of Greece in the Period from Israel's Exodus from Egypt Down to the Death of Joshua the Son of Nun.
During this period, that is, from Israel's exodus from Egypt down to the death of Joshua the son of Nun, through whom that people received the land of promise, rituals were instituted to the false gods by the kings of Greece, which, by stated celebration, recalled the memory of the flood, and of men's deliverance from it, and of that troublous life they then led in migrating to and fro between the heights and the plains. For even the Luperci, 1 when they ascend and descend the sacred path, are said to represent the men who sought the mountain summits because of the inundation of water, and returned to the lowlands on its subsidence. In those times, Dionysus, who was also called Father Liber, and was esteemed a god after death, is said to have shown the vine to his host in Attica. Then the musical games were instituted for the Delphic Apollo, to appease his anger, through which they thought the regions of Greece were afflicted with barrenness, because they had not defended his temple which Danaos burnt when he invaded those lands; for they were warned by his oracle to institute these games. But king Ericthonius first instituted games to him in Attica, and not to him only, but also to Minerva, in which games the olive was given as the prize to the victors, because they relate that Minerva was the discoverer of that fruit, as Liber was of the grape. In those years Europa is alleged to have been carried off by Xanthus king of Crete (to whom we find some give another name), and to have borne him Rhadamanthus, Sarpedon, and Minos, who are more commonly reported to have been the sons of Jupiter by the same woman. Now those who worship such gods regard what we have said about Xanthus king of Crete as true history; but this about Jupiter, which the poets sing, the theatres applaud, and the people celebrate, as empty fable got up as a reason for games to appease the deities, even with the false ascription of crimes to them. In those times Hercules was held in honor in Tyre, but that was not the same one as he whom we spoke of above. In the more secret history there are said to have been several who were called Father Liber and Hercules. This Hercules, whose great deeds are reckoned as twelve (not including the slaughter of Antaeus the African, because that affair pertains to another Hercules), is declared in their books to have burned himself on Mount OEta, because he was not able, by that strength with which he had subdued monsters, to endure the disease under which he languished. At that time the king, or rather tyrant Busiris, who is alleged to have been the son of Neptune by Libya the daughter of Epaphus, is said to have offered up his guests in sacrifice to the gods. Now it must not be believed that Neptune committed this adultery, lest the gods should be criminated; yet such things must be ascribed to them by the poets and in the theatres, that they may be pleased with them. Vulcan and Minerva are said to have been the parents of Ericthonius king of Athens, in whose last years Joshua the son of Nun is found to have died. But since they will have it that Minerva is a virgin, they say that Vulcan, being disturbed in the struggle between them, poured out his seed into the earth, and on that account the man born of it received that name; for in the Greek language eris is "strife," and chthon "earth," of which two words Ericthonius is a compound. Yet it must be admitted that the more learned disprove and disown such things concerning their gods, and declare that this fabulous belief originated in the fact that in the temple at Athens, which Vulcan and Minerva had in common, a boy who had been exposed was found wrapped up in the coils of a dragon, which signified that he would become great, and, as his parents were unknown, he was called the son of Vulcan and Minerva, because they had the temple in common. Yet that fable accounts for the origin of his name better than this history. But what does it matter to us? Let the one in books that speak the truth edify religious men, and the other in lying fables delight impure demons. Yet these religious men worship them as gods. Still, while they deny these things concerning them they cannot clear them of all crime, because at their demand they exhibit plays in which the very things they wisely deny are basely done, and the gods are appeased by these false and base things. Now, even although the play celebrates an unreal crime of the gods, yet to delight in the ascription of an unreal crime is a real one.
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The priests who officiated at the Lupercalia. ↩