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Bibliothek der Kirchenväter
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Works Augustine of Hippo (354-430)

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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)

11. Widerlegung der Ansicht der Platoniker, daß der Aufenthalt eines Erdenkörpers im Himmel unvereinbar sei mit dem natürlichen Schwergewicht der Elemente.

Wider diese erhabene Gottesgabe führen jene Vernünftler, deren „Gedanken Gott als nichtig kennt“1, das Eigengewicht der Elemente ins Feld; von ihrem Lehrmeister Plato haben sie vernommen, daß die zwei größten und äußersten körperlichen Dinge in der Welt2 durch zwei mittlere, nämlich Luft und Wasser, miteinander vereinigt und verbunden seien. Und demnach kann, so folgern sie, da die Erde von unten herauf gerechnet zuerst kommt, als zweites das Wasser über der Erde, als drittes die Luft über dem Wasser und als viertes erst der Himmel über den Luftschichten, ein Erdenkörper nicht im Himmel sein; denn durch ihr Eigengewicht werden die einzelnen Elemente in gegenseitigem Gleichgewicht gehalten mit der Wirkung, daß jedes in Band 28, S. 1420dem ihm zugeordneten Raume bleibt. Mit solchen Gründen wagt der schwache Mensch, wenn die Nichtigkeit von ihm Besitz ergriffen hat, der Allmacht Gottes entgegenzutreten. Was haben denn nachher so viele Erdenkörper in der Luft zu tun, die doch erst an dritter Stelle nach der Erde kommt? Es müßte nur der, der den irdischen Vogelleibern durch die Leichtigkeit des Gefieders und der Flügel den freischwebenden Aufenthalt in der Luft ermöglicht hat, nicht imstande sein, den unsterblich gewordenen Menschenleibern die Kraft zu verleihen, die sie befähigt, selbst im höchsten Himmel zu wohnen. Auch müßten die nicht zum Fliegen eingerichteten Erden-Leibeswesen, zu denen auch der Mensch gehört, eigentlich unter der Erde leben, so gut wie die Fische, die Wasser-Leibeswesen, unter dem Wasser leben. Warum verbringen Erden-Leibeswesen ihr Leben nicht wenigstens im zweiten Element, im Wasser, sondern gleich im dritten? Warum ersticken sie sofort, trotzdem sie zur Erde gehören, wenn man sie zwingen wollte, auch nur im zweiten Element zu leben, das unmittelbar über der Erde ist; warum müssen sie, um nur überhaupt leben zu können, im dritten leben? Hat sich hier die Elementenordnung geirrt, oder liegt der Fehler vielmehr an den Schlußfolgerungen, und nicht an der Natur der Dinge? Ich will nicht wiederholen, was ich schon im dreizehnten Buch gesagt habe3, daß es gar viele schwere Erdenkörper gibt, z. B. das Blei, die gleichwohl durch künstliche Bearbeitung eine Form annehmen, in der sie auf dem Wasser zu schwimmen imstande sind; und da will man dem allmächtigen Künstler abstreiten, daß der menschliche Leib eine Beschaffenheit annehmen könne, vermöge deren er imstande ist, in den Himmel entrückt zu werden und im Himmel sich aufzuhalten?

Gegen eine solche Möglichkeit kann man auch selbst vom Standpunkt der Elementenordnung aus, auf den man sich steift, nichts, rein gar nichts geltend machen. Mag immerhin in der Reihenfolge nach aufwärts die Erde das erste, das Wasser das zweite, die Luft das dritte, der Himmel das vierte sein: über allen steht doch Band 28, S. 1421die Natur der Seele. Aristoteles hat sie als den fünften Körper bezeichnet, Plato ihre Körperlichkeit in Abrede gestellt. Wäre sie der fünfte, so stünde sie ohnehin über den anderen; da sie aber überhaupt kein Körper ist, so übertrifft sie die anderen erst recht. Was macht sie also in einem Erdenkörper? Feiner als alles, was tut sie in solch schwerer Masse? Leichter als alles, was tut sie in solch wuchtender Last? Schneller als alles, was tut sie in solch unbehilflicher Schwerfälligkeit? Sollte am Ende nicht doch kraft des Wertes dieser so vorzüglichen Natur bewirkt werden können, daß ihr Leib in den Himmel erhoben wird? Werden nicht dereinst die Seelen imstande sein, Erdenkörper emporzuheben, da doch zurzeit die Natur von Erdenkörpern imstande ist, die Seelen herabzudrücken?

Und wenn wir nun übergehen zu ihren Wundern, zu den Wundern ihrer Götter, womit sie sich gegen unsere Märtyrer aufspielen, sehen wir doch genau zu, ob nicht auch diese für uns sprechen und in jeder Hinsicht uns dienlich sind? Zu den großen Wundern also ihrer Götter gehört jedenfalls das von Varro erwähnte, eine vestalische Jungfrau habe, als sie infolge eines falschen Verdachtes wegen Unzucht in Gefahr schwebte, ein Sieb mit Wasser aus dem Tiber gefüllt und vor ihre Richter getragen, ohne daß ein Tropfen durchgesickert wäre. Wer hat da das Wasser über dem Boden des Siebes festgehalten? Wer hat verhindert, daß nichts davon durch die vielen Löcher zu Boden träufelte? Man wird antworten: „Irgendein Gott oder irgendein Dämon.“ War’s ein Gott, so jedenfalls kein größerer als der, der diese Welt erschaffen hat! War’s ein Dämon, so jedenfalls kein mächtigerer als ein Engel, der dem Gott dient, von dem die Welt erschaffen worden ist! Wenn also ein geringerer Gott oder ein Engel oder ein Dämon das Eigengewicht des feuchten Elementes so in der Schwebe zu halten vermochte, daß die natürliche Beschaffenheit des Wassers sich geändert zu haben scheint, so wird doch wohl der allmächtige Gott, der Schöpfer aller Elemente, dem irdischen Leib seine Schwere benehmen können mit der Wirkung, daß der belebte Leib in dem Elemente wohnt, wo der belebende Geist es haben will.

Band 28, S. 1422Wenn man ferner die Luft in die Mitte versetzt zwischen dem Feuer oben und dem Wasser unten, warum findet sie sich dann oft zwischen Wasser und Wasser und zwischen Wasser und Erde? Zu welchem Element will man denn die Regenwolken rechnen? Zwischen ihnen aber und dem Meere findet sich Luft inmitten. Ist es nicht wider alles Eigengewicht und alle Aufeinanderfolge der Elemente, daß die Sturzbäche in ihrem Ungestüm und Wasserreichtum, ehe sie unter der Luft auf dem Erdboden dahineilen, über der Luft als Wolken hängen? Und liegt nicht die Luft inmitten zwischen den Himmelshöhen und der bloßen Erde, soweit nur überhaupt das feste Land sich erstreckt? Wie reimt sich das mit der Behauptung, ihr Platz sei zwischen Himmel und Wasser, zwischen ihr und der Erde schiebe sich das Wasser ein?

Und endlich, wenn die Aufeinanderfolge der Elemente so geordnet ist, daß nach Plato durch die zwei mittleren, nämlich Luft und Wasser, die zwei äußeren, nämlich Feuer und Erde, verbunden werden, wobei das Feuer im höchsten Himmel seinen Platz erhält, die Erde dagegen den ihrigen ganz unten gleichsam als Grundlage der Welt, wenn, sage ich, dies der Grund ist, weshalb Erdenkörper nicht im Himmel sein können, warum ist dann umgekehrt Feuer auf Erden zu finden? Wäre dieser Grund maßgebend, so müßten doch beide Elemente, Erde und Feuer, an die ihnen zugewiesenen Plätze, an den obersten und an den untersten, so gebunden sein, daß von dem, was zum obersten Element gehört, ebensowenig etwas am untersten Platze sein könnte, wie nach der Annahme unserer Gegner etwas von dem, was zum untersten Element gehört, am obersten Platze sein kann. Wie also vermeintlich kein Teilchen Erde im Himmel ist oder sein wird, so dürften wir auch kein Teilchen Feuer auf der Erde sehen. Nun gibt es aber Feuer nicht bloß auf der Erde, sondern auch unter der Erde, und zwar in solchen Mengen, daß Bergesgipfel es ausspeien, und außerdem sehen wir im Dienst des Menschen Feuer auf Erden und es sogar entstehen aus der Erde; es wird ja gewonnen aus Holz und Stein, also aus ausgesprochenen Erdenkörpern. Doch gleich Band 28, S. 1423ist man wieder mit Einwendungen zur Hand: das Feuer am Himmel sei ruhig, rein, unschädlich, ewig, dagegen das auf Erden flackernd, raucherzeugend, vergänglich und verzehrend. Aber es verzehrt doch nicht die Berge, in denen es beständig lodert, und die Krater. Doch zugegeben, die beiden Arten von Feuer seien einander unähnlich, das Erdenfeuer sei also seinem Platz auf Erden angepaßt: warum will man uns nicht glauben lassen, daß die Natur von Erdenkörpern dereinst die Unvergänglichkeit annehme und dadurch dem Himmel angepaßt sein werde, so gut wie jetzt vergängliches Feuer dieser Erdenumgebung angepaßt ist? Man kann also aus Eigengewicht und Aufeinanderfolge der Elemente keinen Grund herleiten, dem allmächtigen Gott vorzuschreiben, daß er mit unseren Leibern nicht Derartiges vornehme, daß sie im Himmel zu wohnen imstande seien.


  1. Ps. 93, 11. ↩

  2. nämlich. Feuer [oder der lichte Himmel]und Erde. Vgl. Plato, Timäus p. 32. ↩

  3. Oben XIII 18 [Band 2 S. 275]. ↩

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The City of God

Chapter 11.--Against the Platonists, Who Argue from the Physical Weight of the Elements that an Earthly Body Cannot Inhabit Heaven.

But against this great gift of God, these reasoners, "whose thoughts the Lord knows that they are vain" 1 bring arguments from the weights of the elements; for they have been taught by their master Plato that the two greatest elements of the world, and the furthest removed from one another, are coupled and united by the two intermediate, air and water. And consequently they say, since the earth is the first of the elements, beginning from the base of the series, the second the water above the earth, the third the air above the water, the fourth the heaven above the air, it follows that a body of earth cannot live in the heaven; for each element is poised by its own weight so as to preserve its own place and rank. Behold with what arguments human infirmity, possessed with vanity, contradicts the omnipotence of God! What, then, do so many earthly bodies do in the air, since the air is the third element from the earth? Unless perhaps He who has granted to the earthly bodies of birds that they be carried through the air by the lightness of feathers and wings, has not been able to confer upon the bodies of men made immortal the power to abide in the highest heaven. The earthly animals, too, which cannot fly, among which are men, ought on these terms to live under the earth, as fishes, which are the animals of the water, live under the water. Why, then, can an animal of earth not live in the second element, that is, in water, while it can in the third? Why, though it belongs to the earth, is it forthwith suffocated if it is forced to live in the second element next above earth, while it lives in the third, and cannot live out of it? Is there a mistake here in the order of the elements, or is not the mistake rather in their reasonings, and not in the nature of things? I will not repeat what I said in the thirteenth book, 2 that many earthly bodies, though heavy like lead, receive from the workman's hand a form which enables them to swim in water; and yet it is denied that the omnipotent Worker can confer on the human body a property which shall enable it to pass into heaven and dwell there.

But against what I have formerly said they can find nothing to say, even though they introduce and make the most of this order of the elements in which they confide. For if the order be that the earth is first, the water second, the air third, the heaven fourth, then the soul is above all. For Aristotle said that the soul was a fifth body, while Plato denied that it was a body at all. If it were a fifth body, then certainly it would be above the rest; and if it is not a body at all, so much the more does it rise above all. What, then, does it do in an earthly body? What does this soul, which is finer than all else, do in such a mass of matter as this? What does the lightest of substances do in this ponderosity? this swiftest substance in such sluggishness? Will not the body be raised to heaven by virtue of so excellent a nature as this? and if now earthly bodies can retain the souls below, shall not the souls be one day able to raise the earthly bodies above?

If we pass now to their miracles which they oppose to our martyrs as wrought by their gods, shall not even these be found to make for us, and help out our argument? For if any of the miracles of their gods are great, certainly that is a great one which Varro mentions of a vestal virgin, who, when she was endangered by a false accusation of unchastity, filled a sieve with water from the Tiber, and carried it to her judges without any part of it leaking. Who kept the weight of water in the sieve? Who prevented any drop from falling from it through so many open holes? They will answer, Some god or some demon. If a god, is he greater than the God who made the world? If a demon, is he mightier than an angel who serves the God by whom the world was made? If, then, a lesser god, angel, or demon could so sustain the weight of this liquid element that the water might seem to have changed its nature, shall not Almighty God, who Himself created all the elements, be able to eliminate from the earthly body its heaviness, so that the quickened body shall dwell in whatever element the quickening spirit pleases?

Then, again, since they give the air a middle place between the fire above and the water beneath, how is it that we often find it between water and water, and between the water and the earth? For what do they make of those watery clouds, between which and the seas air is constantly found intervening? I should like to know by what weight and order of the elements it comes to pass that very violent and stormy torrents are suspended in the clouds above the earth before they rush along upon the earth under the air. In fine, why is it that throughout the whole globe the air is between the highest heaven and the earth, if its place is between the sky and the water, as the place of the water is between the sky and the earth?

Finally, if the order of the elements is so disposed that, as Plato thinks, the two extremes, fire and earth, are united by the two means, air and water, and that the fire occupies the highest part of the sky, and the earth the lowest part, or as it were the foundation of the world, and that therefore earth cannot be in the heavens, how is fire in the earth? For, according to this reasoning, these two elements, earth and fire, ought to be so restricted to their own places, the highest and the lowest, that neither the lowest can rise to the place of the highest, nor the highest sink to that of the lowest. Thus, as they think that no particle of earth is or shall ever be in the sky so we ought to see no particle of fire on the earth. But the fact is that it exists to such an extent, not only on but even under the earth, that the tops of mountains vomit it forth; besides that we see it to exist on earth for human uses, and even to be produced from the earth, since it is kindled from wood and stones, which are without doubt earthly bodies. But that [upper] fire, they say, is tranquil, pure, harmless, eternal; but this [earthly] fire is turbid, smoky, corruptible, and corrupting. But it does not corrupt the mountains and caverns of the earth in which it rages continually. But grant that the earthly fire is so unlike the other as to suit its earthly position, why then do they object to our believing that the nature of earthly bodies shall some day be made incorruptible and fit for the sky, even as now fire is corruptible and suited to the earth? They therefore adduce from their weights and order of the elements nothing from which they can prove that it is impossible for Almighty God to make our bodies such that they can dwell in the skies.


  1. Ps. xciv. 11. ↩

  2. C. 18. ↩

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